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Bundesregierung verstaatlicht frühere Gazprom-Tochter

Mit Gazprom Germania hatte Russland die Kontrolle über große Teile der deutschen Gasinfrastruktur. Nach dem Angriff auf die Ukraine ließ Moskau das Unternehmen fallen. Nun übernimmt der Bund.

Das Gazprom-Logo an der Niederlassung des Unternehmens im russischen St. Petersburg.
Foto: Igor Russak/dpa

Die Bundesregierung verstaatlicht das angeschlagene Gasunternehmen Securing Energy for Europe (Sefe), eine frühere Tochtergesellschaft des russischen Staatskonzerns Gazprom.

Das Wirtschaftsministerium begründete den Schritt in einer Mitteilung vom Montag mit einer drohenden Insolvenz. Diese würde die Versorgungssicherheit in Deutschland gefährden.

«Um diese Gefahr abzuwenden und die operative Geschäftstätigkeit der Sefe aufrecht zu erhalten, wird nun der Eigentümerwechsel vollzogen und das Unternehmen stabilisiert», hieß es. Die entsprechende Anordnung sei am Montag im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Gesetzliche Grundlage der Maßnahme sei Paragraf 17a des Energiesicherungsgesetzes. Der Schritt war in diesen Tagen erwartet worden, nach dem die EU-Kommission am Samstag grünes Licht in Sachen Beihilferecht gegeben hatte.

Die Gasversorgung soll gesichert werden

«Wir tun alles dafür, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten», sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Angaben eines Sprechers. Dazu gehöre es auch, die systemrelevanten Unternehmen am Gasmarkt bei Bedarf zu stabilisieren, um die Gasversorgung zu sichern. «Genau darauf zielt der Schritt jetzt.»

Sefe, die frühere Gazprom Germania GmbH, sei ein Schlüsselunternehmen für die Energieversorgung in Deutschland, betonte das Ministerium. Sie steht seit April unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur. Vorangegangen war laut Ministerium ein «undurchsichtiger Verkauf» des Unternehmens an eine andere russische Gesellschaft und deren Versuch, die Firma zu liquidieren. «Die Eigentümerverhältnisse sind aber nach wie vor unklar», hieß es weiter.

Zur Sefe gehören weitere wichtige Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft, wie etwa der Gashändler Wingas, der Gasspeicherbetreiber Astora und eine Minderheitsbeteiligung am Gastransportunternehmen Gascade. Nach Angaben der EU-Kommission hat Sefe als systemrelevantes Energieunternehmen einen Anteil von 14 Prozent am Gasversorgungsmarkt in Deutschland und ist auch in anderen Mitgliedstaaten tätig. Das Unternehmen betreibe 28 Prozent der Gasspeicherkapazitäten in Deutschland und besitze Gasleitungen in Deutschland und anderen Mitgliedstaaten.

Die Finanzierung erfolgt aus dem Abwehrschirm

Die Sefe und ihre Töchter seien seit dem Frühjahr durch das Agieren Russlands in eine schwere finanzielle Schieflage geraten. Erschwerend komme hinzu, dass Geschäftspartner und Banken aufgrund der unklaren Eigentümerverhältnisse ihre Geschäftsbeziehungen mit der Sefe beenden oder keine neuen aufnehmen wollten. Mit dem am Montag angeordneten Kapitalschnitt verliere der bisherige Gesellschafter des Unternehmens seine Gesellschafterstellung. Der Kapitalschnitt sei mit einer Entschädigung verbunden, die sich am Marktwert der Sefe-Anteile bemesse. «Das Entschädigungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen», teilte das Ministerium mit.

Gleichzeitig führe der Bund eine Kapitalerhöhung durch. Dafür sei eine Holding-Gesellschaft gegründet worden, die im alleinigen Eigentum des Bundes stehe. Sie bringt schrittweise frisches Stammkapital ein, insgesamt 225,6 Millionen Euro. «Damit ist der Eigentümerwechsel vollzogen.» Die Bereitstellung des neuen Stammkapitals hatte die EU-Kommission am Samstag genehmigt.

Mit einem KfW-Darlehen in Höhe von insgesamt 11,8 Milliarden Euro hatte der Bund bereits im Frühjahr das Unternehmen stabilisiert. Das KfW-Darlehen werde jetzt auf 13,8 Milliarden Euro erhöht, um den Wegfall der ursprünglich geplanten Gasumlage zu kompensieren, kündigte das Ministerium an. Die Finanzierung der Maßnahmen erfolgt laut Ministerium aus dem rund 200 Milliarden Euro umfassenden «Abwehrschirm» des Wirtschaftsstabilisierungsfonds.

«Es ist eine gute Entscheidung, dass der Bund nun alleiniger Eigentümer der Sefe wird», sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Das sichere die Zukunft des Unternehmens, das seinen Aufgaben für die Versorgungssicherheit auch weiterhin nachkommen könne. «Alle Geschäftsbeziehungen der Unternehmensgruppe stehen nun auf einer stabileren Grundlage.»

«Die Unterbrechung der Gaslieferungen durch Gazprom zeigt, dass Russland als Lieferant unzuverlässig ist», hatte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Samstag gesagt. Jede ungeordnete Nichterfüllung von Lieferverträgen könne schwerwiegende Folgen für die Kunden und die deutsche Wirtschaft haben. Daher begrüße die Kommission den Eigentümerwechsel bei der Sefe.

dpa