Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

China-Reise: Deutsche Firmen erwarten Rückhalt vom Kanzler

Wettbewerbsnachteile, härterer Marktzugang, Rechtsunsicherheiten: Seit Jahren schon beschäftigen dieselben Probleme deutsche Firmen in China. Was erwarten die Unternehmen vom Kanzler-Besuch?

Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen mit Chinas Präsident Xi Jinping in der Großen Halle des Volkes in Peking. (Archiv)
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Bundeskanzler Olaf Scholz muss bei seinem China-Besuch nach Meinung der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) für Unternehmen aus der Bundesrepublik deutliche Worte finden. «Die Erwartung ist natürlich, dass wir hoffen, dass Bundeskanzler Scholz die Herausforderungen, die wir hier haben, verständlich macht», sagte Maximilian Butek, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina, in Peking.

Es ist wichtig, dass die chinesische Parteiführung auf höchster Ebene versteht, dass deutsche Unternehmen in China Schwierigkeiten haben. Sie hindern eine weitere Erfolgsgeschichte der deutsch-chinesischen Beziehungen im wirtschaftlichen Bereich.

Vertrauen zwischen Berlin und Peking wiederherstellen

Butek gestand ein, dass Scholz nicht jedes Problem im Detail ansprechen könne. Er hoffe jedoch darauf, dass ein regelmäßiger Austausch zwischen den Behörden beider Seiten wiederbelebt werde. Um Probleme miteinander besprechen zu können, müsse seiner Meinung nach das Vertrauen zwischen den Regierungen von China und Deutschland wiederhergestellt werden. Butek sagte, der Kanzler werde nicht nur den deutschen, sondern auch in gewisser Weise den europäischen Hut aufhaben.

Drei Stationen in China

Scholz reist am Samstag für drei Tage in die Volksrepublik, um Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zu treffen. Es ist die zweite Reise des Kanzlers in die Volksrepublik seit seinem Amtsantritt im Dezember 2021. Sein Antrittsbesuch im November 2022 war aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie nur ein Tagestrip. Seine Reise beginnt in der zentralchinesischen Mega-Stadt Chongqing, die insgesamt mehr als 30 Millionen Einwohner in ihren Verwaltungsbezirken hat. Chongqing ist auch der Startpunkt einer Güterzugverbindung zwischen China und Europa, die in Duisburg in Nordrhein-Westfalen endet. Laut chinesischen Angaben erreichen auf dieser Strecke jede Woche etwa 60 Züge die Stadt im Ruhrgebiet, von wo aus die Güter über den Binnenhafen weitertransportiert werden.

Scholz wird auch in der Finanzmetropole Shanghai und der chinesischen Hauptstadt Peking zu Gesprächen erwartet. Eine Delegation aus Wirtschaftsvertretern wird ebenfalls dabei sein. Die Probleme, die Deutschland beispielsweise durch billige Produkte aus China auf dem eigenen Markt hat, und die Probleme, mit denen deutsche Unternehmen in China konfrontiert sind, könnten ebenfalls zur Sprache kommen.

«Brauchen Unterstützung der Politik»

Viele der etwa 5000 deutschen Unternehmen kritisieren seit Jahren immer wieder dieselben Schwierigkeiten auf dem Markt der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Rund zwei Drittel beklagten laut einer Erhebung der AHK unfairen Wettbewerb. «Wir sehen, dass das Thema Wettbewerbsbedingungen eine andere Priorität hat als es noch vor fünf Jahren hatte», sagte Butek. Chinesische Unternehmen hätten technologisch aufgeholt. «Von daher müssen wir jetzt wirklich die Unterstützung von der Politik haben, dass hier Verhandlungen aufgenommen werden», erklärte er. 

An der Befragung nahmen 150 der über 2000 AHK-Mitgliedsunternehmen teil. Die meisten stammen aus den Bereichen Maschinenbau, Autoindustrie und Business-Dienstleistungen. Chinesische Privatunternehmen sind mit 52 Prozent die Hauptkonkurrenten.

Laut der Umfrage entstehen den Unternehmen Nachteile beispielsweise durch einen erschwerten Marktzugang. Außerdem sind die Regierung, lokale Behörden und öffentliche Ausschreibungen für die Firmen schwerer zugänglich. Fast alle Befragten (95 Prozent) sahen Auswirkungen auf ihr Geschäft durch den verschärften Wettbewerb und nannten erhöhten Kostendruck, verminderten Gewinn und geringere Marktanteile als Hauptfolgen.

Stärken und Schwächen der Deutschen

In einer früheren Umfrage wurde bereits festgestellt, dass deutsche Unternehmen in bestimmten Branchen wie der Automobilindustrie ihre chinesischen Konkurrenten als Innovationsführer betrachten. Insbesondere in China dominieren Autobauer wie BYD mit ihren preiswerten Elektroautos den Markt, in dem auch deutsche Unternehmen wie VW und Mercedes bestrebt sind, nicht den Anschluss zu verlieren.

Trotz allem sahen die deutschen Unternehmen in Bezug auf Produktqualität, technische Führerschaft und Innovationsstärke im Vergleich zu ihren chinesischen Konkurrenten einen Vorteil. Allerdings ergab die Umfrage der AHK auch, dass sich die Deutschen im Vergleich zu ihren chinesischen Wettbewerbern in Bereichen wie Kosteneffizienz, Innovationsgeschwindigkeit und Time-to-Market als schwächer einschätzten.

China als Markt ist für eine erhebliche Zahl deutscher Unternehmen jedoch unabkömmlich, weshalb viele dort weiter investieren wollen – trotz der Strategie der Bundesregierung, das Risiko einer zu starken Abhängigkeit von China zu senken. «Laut unseren Umfragen haben etwa die Hälfte der deutschen Unternehmen Maßnahmen ergriffen, um Risiken aus ihrem China-Geschäft zu mindern», sagte Butek der Deutschen Presse-Agentur. Risikomanagement bedeute keine Abkehr vom chinesischen Markt. Viele Unternehmen investierten vermehrt in Lokalisierung – sei es in China oder in anderen Märkten weltweit, sagte Butek. Einige Unternehmensleitungen entschieden etwa, Forschung und Entwicklung in China zu lokalisieren. Andere arbeiten vermehrt mit lokalen Partnern zusammen, um ihre Lieferkette von Krisen oder Veränderungen außerhalb Chinas unabhängiger zu machen.

dpa