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IAA Mobility wird chinesischer: Deutsche Autokonzerne unter Druck

Chinesische Hersteller auf dem Vormarsch: Deutsche Konzerne verlieren Marktanteile im eigenen Land und in China.

Chinesische Elektro- und Hybridautos für den Export. Die Stromer werden von der EU mit Zöllen belegt. (Archivbild)
Foto: XinHua/dpa

Die IAA Mobility Automesse wird dieses Jahr so chinesisch wie nie zuvor. Laut dem Veranstalter, dem Verband der Automobilindustrie (VDA), haben sich 116 Aussteller aus China angemeldet, kurz vor der für Dienstag geplanten Eröffnung. Kein anderes Land hat so viele Unternehmen auf der weltweit beachteten Mobilitätsmesse wie Deutschland. Insgesamt sind es laut den vorläufigen Zahlen kurz vor dem Start 748 Aussteller, von denen 57 Prozent aus dem Ausland kommen – auch das ist ein Rekord.

Und es sind nicht nur kleine Zulieferer, sondern immer mehr Autohersteller, die auf die Messe drängen. Das mache die IAA 2025 «zur vielfältigsten Plattform für Automobilkonzerne in ihrer Geschichte», heißt es vom VDA. Das ist die positive Interpretation. Die negative ist, dass die Position der deutschen Konzerne inzwischen auch beim Heimspiel IAA schwächer wird – wie auch in den weltweiten Automärkten.

Marktanteil etwa verdoppelt

China ist hier das Musterbeispiel: Lange trieb der Verkauf ihrer Autos dort die Zahlen der deutschen Hersteller voran, inzwischen schwächeln sie dort durch die Bank und verlieren Absatz und Marktanteile. Auf dem deutschen Automarkt war das bisher kaum Thema. Dort dominieren die hiesigen Konzerne, während chinesische Marken kaum Fuß fassen können.

Auch hier könnte sich etwas verändert haben, denn die Zahlen steigen, wie aus der Neuzulassungsstatistik des Kraftfahrt-Bundesamtes hervorgeht: Von Januar bis August wurden mehr als 35.000 chinesische Autos im engeren Sinne zugelassen. Dies mag im Vergleich zum Gesamtmarkt von 1,87 Millionen Autos wenig sein – nur 1,9 Prozent -, aber der Anteil hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum etwa verdoppelt.

Wenn man auch die Marken Volvo und Polestar, die zum chinesischen Konzern Geely gehören, mitzählt, beträgt der Anteil sogar über 4 Prozent – mehr als die bekannten Marken Toyota und Tesla zusammen.

BYD hat Neuzulassungen mehr als verfünffacht

Bislang war es hauptsächlich MG Roewe, das die Zahlen der chinesischen Hersteller im engeren Sinne antrieb – möglicherweise auch dank des aus Großbritannien übernommenen Namens MG, der Kunden kaum an China denken lässt. Mit mehr als 15.600 Neuzulassungen in den ersten acht Monaten bleibt es auch weiterhin die Nummer eins unter den chinesischen Marken in Deutschland. Allerdings spielt mittlerweile auch das Elektroschwergewicht BYD eine zunehmende Rolle und hat seine Neuzulassungen im Vergleichszeitraum 2024 mehr als verfünffacht – auf gut 8.500.

Die chinesischen Marken in Deutschland werden derzeit von verschiedenen Faktoren gebremst. Neben Zöllen auf Elektroautos, Imagefragen und Vorbehalten der oft konservativen Kunden in Bezug auf Marken ist auch das fehlende oder dünn besiedelte Händlernetz ein Hindernis, auf das Experten wie Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft, hinweisen. Beispielsweise hatte BYD im Frühjahr noch keine 30 Händler in Deutschland, MG Roewe rund 150 und Xpeng derzeit 35. Im Vergleich dazu haben die großen deutschen Marken in der Regel mehrere Hundert Vertriebsstandorte: etwa 700 bei VW, rund 400 bei BMW, etwa 300 bei Audi und knapp 400 bei Mercedes.

Europaweit sind die chinesischen Marken stärker

Die deutschen Hersteller sollten jedoch nicht davon ausgehen, dass dies so bleibt. Eine Verdopplung – auch auf niedrigem Niveau – bleibt eine Verdopplung; und wenn man den Blick auf ganz Europa richtet, ist der Anteil der chinesischen Marken bereits deutlich höher: Im ersten Halbjahr waren es mehr als fünf Prozent, wie eine Analyse des Marktbeobachters Jato Dynamics ergab, die jedoch auch Marken einschloss, die das KBA aufgrund fehlender Neuzulassungszahlen in Deutschland nicht einzeln ausweist.

Die deutschen Marken kontern durchaus – neue Fahrzeuge wie BMWs iX3, den die Münchner auf der IAA vorstellen, haben auch China im Visier. Auch die chinesischen Hersteller kommen selbstbewusst nach München und präsentieren unter anderem Pläne für teils deutlich günstigere Elektroautos.

Der Datenspezialist Inovev bringt es auf den Punkt und schreibt: Die IAA 2025 werde ein «deutsch-chinesischer Kampf um die Vorherrschaft im Bereich der Elektrofahrzeuge». Abschreiben sollte man die deutschen Marken auf ihrem Heimatmarkt dabei auf keinen Fall: In den vergangenen Jahrzehnten wurde immer wieder vor neuer ausländischer Konkurrenz gewarnt – sei sie aus Japan, aus Korea oder Tesla. Die Hackordnung nachhaltig geändert hat dabei keiner.

dpa