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Chinesischer Konzern will Flugtaxi-Firma Volocopter kaufen

Der Hype um Flugtaxis war groß. Dann wurde lange entwickelt und präsentiert. Doch es scheitert bisher an Zulassungen und immer wieder an Geld. Nun gibt es Neues zum badischen Branchenpionier.

Eigentlich wollte Volocopter schon im Sommer 2024 zu den Olympischen Spielen Passagiere befördern. (Archivbild)
Foto: Mosa'ab Elshamy/AP/dpa

Der chinesische Konzern Wanfeng will den insolventen Flugtaxi-Hersteller Volocopter für zehn Millionen Euro kaufen. Das geht aus einer Börsenmitteilung von Wanfeng vor Abschluss des Vertrages hervor. «Volocopter nimmt dazu aktuell keine Stellung», teilte eine Sprecherin des Unternehmens aus dem badischen Bruchsal mit.

Abgewickelt wird das Geschäft der Mitteilung zufolge über eine eigens gegründete Tochtergesellschaft mit Sitz in Berlin, die dem österreichischen Flugzeughersteller Diamond Aircraft zugeordnet ist. Dieser ist zu 100 Prozent im Besitz von Wanfeng. Mehrere Medien berichteten am Mittwoch darüber. Schon vergangene Woche hatte die «Wirtschaftswoche» das Interesse der Chinesen vermeldet. 

Rund 450 Mitarbeitende freigestellt

Volocopter hat am zweiten Weihnachtstag einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Das Amtsgericht Karlsruhe hat Tobias Wahl von Anchor Rechtsanwälte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Er plant, bis Ende Februar ein Sanierungskonzept zu entwickeln und mit Investoren umzusetzen.

Anfang März dann eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren. Auf einer Versammlung Anfang vergangener Woche wurden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber informiert, dass sie mit sofortiger Wirkung freigestellt würden. Betroffen sind nach dpa-Informationen um die 450 Menschen. Laut «Wirtschaftswoche» sollen etwa 160 davon weiterbeschäftigt werden.

Musterzulassung für Passagierbetrieb fehlt

Im Herbst wurde bereits bekannt, dass Dirk Hoke spätestens am 1. April 2025 die Leitung von Voith in Heidenheim übernehmen sollte. Dieter Zetsche, der ehemalige Chef von Daimler, sollte als Vorsitzender des Beirats bei Volocopter einen Nachfolger für Hoke finden. Bisher gab es jedoch keine Fortschritte angesichts der unsicheren Zukunft des Unternehmens.

Ursprünglich plante das im Jahr 2011 gegründete Start-up, Passagiere mit vertikal startenden und landenden vollelektrischen Fluggeräten zu transportieren. Allerdings fehlt bisher eine Musterzulassung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit.

Mitte Februar hatte Volocopter angekündigt, dass 75 Prozent der geforderten Audits abgeschlossen seien. Zu diesem Zeitpunkt gab der Branchenpionier eine Partnerschaft mit Jet Systems Hélicoptères Services bekannt. Es handelte sich um die Lieferung von zwei Flugtaxis vom Typ Volocity. Die unterzeichnete Vereinbarung war jedoch nicht mehr als eine Absichtserklärung.

Parallelen zu Lilium

Dorothee Bär, eine Politikerin der CSU, hatte vor einigen Jahren die Flugtaxi-Branche mit einem Interview ins Rampenlicht gerückt und einen kleinen Hype ausgelöst. Allerdings kämpft die Branche mit Problemen. Zuletzt hat der Elektroflugzeugbauer Lilium aus Bayern zum zweiten Mal Insolvenz angemeldet. Auch bei Lilium führt ein Anwalt der Kanzlei Anchor Rechtsanwälte das Verfahren.

Im Herbst meldete das Unternehmen erstmals Insolvenz an, da es an Geld für den Aufbau der Produktion fehlte. Am 24. Dezember unterzeichnete das Investorenkonsortium Mobile Uplift Corporation einen Kaufvertrag für das Betriebsvermögen der beiden Tochtergesellschaften Lilium GmbH und Lilium eAircraft und kündigte 200 Millionen Euro frisches Kapital an.

Keine Hilfe vom Staat 

Lilium und Volocopter haben in der Vergangenheit mehrmals nach finanzieller Unterstützung gesucht. Staatliche Hilfe wurde jedoch nicht gewährt. Im vergangenen Jahr erhielt Volocopter schließlich Geld von Investoren. Dies war jedoch nicht ausreichend.

In der Erklärung zur Insolvenz hieß es, in der Vergangenheit hätten zahlreiche Finanzierungsrunden die Entwicklung und den Betrieb vorangetrieben. Bis vor kurzem habe Volocopter so in einem äußert schwierigen Finanzumfeld bestanden. «Trotz intensiver Bemühungen ist es dennoch nicht gelungen, eine tragfähige Lösung zu finden, um den regulären Betrieb außerhalb eines Insolvenzverfahrens der Volocopter GmbH aufrechtzuerhalten.»

In Deutschland nur Einsätze im Rettungswesen angedacht

Volocopter hatte ursprünglich geplant, während der Olympischen Spiele in Paris Passagiere zu befördern. Aufgrund fehlender Genehmigungen für kommerzielle Flüge beschränkte sich das Unternehmen jedoch auf Show-Flüge, unter anderem in der Nähe von Schloss Versailles. Die Erlaubnis zur Ausbildung von Piloten wurde hingegen erteilt.

Regelmäßige Flüge in Deutschland waren nie wirklich ein Thema, weil die Städte hierzulande den Angaben zufolge nicht so groß und dicht besiedelt sind wie Rom und Osaka. Außerdem verfügen sie über autarke Nahverkehrsnetze. Stattdessen haben Volocopter und die ADAC-Luftrettung eine Zusammenarbeit begonnen, um beispielsweise den Einsatz für Rettungszwecke zu testen.

Obwohl als nachhaltig und leise beworben sind die modernen Fluggeräte nicht unumstritten: Eine Analyse des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim von elf Untersuchungen ergab, dass sich Reisezeiten kaum verkürzten, während die Kosten und im Vergleich zu E-Autos auch die CO2-Emissionen stiegen. «Nützlich kann urbane Luftmobilität vor allem bei Notfalleinsätzen sowie zum Anbinden entlegener Regionen sein.»

dpa