Die schwache Wirtschaftslage und hohe Kosten bremsen das Gründungsgeschehen. Strukturelle Probleme und Bürokratie erschweren Neugründungen.
Unternehmensgründungen in Deutschland auf historischem Tiefstand

Laut einer Untersuchung ist die Anzahl der Firmengründungen in Deutschland auf einen Tiefstand gesunken. Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und die Auskunftei Creditreform teilten mit, dass im vergangenen Jahr 160.852 Unternehmen gegründet wurden, was 0,2 Prozent weniger als 2023 entspricht. Dies ist der niedrigste Wert in der vorliegenden Statistik, die 30 Jahre zurückreicht.
Im Jahr 1995 gab es laut den Daten rund 240.000 Gründungen. Zu Beginn des letzten Jahrzehnts ging es deutlich bergab, dann blieb die Zahl jahrelang bei ungefähr 170.000. Seit 2022 geht sie jedoch wieder nach unten.
Die Gründe für den Abwärtstrend
Die Autoren der Studie von Creditreform und ZEW erklärten die negative Entwicklung mit der schwachen Wirtschaftslage, der Konsumflaute und den hohen Kosten. Sie wiesen auch auf die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hin – Energie wurde teurer und geopolitische Unruhen führten zu Unsicherheit. Laut den Studienautoren haben jedoch auch strukturelle Probleme in Deutschland das Gründungsgeschehen beeinträchtigt. Die Infrastruktur wird teilweise als marode angesehen und die Digitalisierung der Behörden als unzureichend.
«Wirtschaftskrise und Bürokratie bremsen das Gründungsgeschehen massiv», sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Sprecher des Verbandes der Vereine Creditreform. Die Rahmenbedingungen für Unternehmensgründer seien in den vergangenen Jahren schlechter geworden, etwa wegen des Fachkräftemangels.
Unterschiedliche Zahlen
Das Statistische Bundesamt veröffentlichte abweichende Zahlen zu den Gründungen. Gemäß den Angaben der Behörde vom Februar wurden im Vorjahr in Deutschland 120.900 Betriebe von größerer wirtschaftlicher Bedeutung gegründet, was einem Anstieg um 2,1 Prozent im Vergleich zu 2023 entspricht.
Die Experten vom ZEW und von Creditreform haben ihre Analyse methodisch anders durchgeführt und haben auch Unternehmensgründungen einbezogen, die vom Amt nicht berücksichtigt wurden. Laut Creditreform gab es vor der Wende in der alten Bundesrepublik weniger Unternehmensgründungen pro Jahr als 2024 – somit wurde kein historischer Tiefststand in der Bundesrepublik erreicht.
Viele Gründungen in München
Regional gibt es große Unterschiede. In München gab es im letzten Jahr 71 Unternehmensgründungen pro 10.000 Erwerbsfähige, in Leverkusen waren es 62 und in Düsseldorf 59. Im Kyffhäuserkreis (15) und Sömmerda (12) – beide in Thüringen – war das Gründungsgeschehen hingegen nur schwach ausgeprägt. Auch in Sachsen-Anhalt und Sachsen waren die Werte niedrig.
Schaut man sich die Branchen an, so verzeichnete das Gastgewerbe eine Zunahme bei den Gründungen. In der Baubranche hingegen gab es einen Rückgang, den die Studienautoren auf gestiegene Preise für Rohstoffe und Energie sowie Zinssteigerungen zurückführen. Auch im Handel wurden weniger Unternehmen gegründet.