Werksleiter Thierig zeigt sich zuversichtlich trotz sinkendem Absatz. Pläne für Personalabbau existieren nicht, doch Proteste nehmen zu.
Tesla in Deutschland: Absatzrückgang und Proteste gegen Elon Musk
Der US-Elektroautobauer Tesla fährt drei Jahre nach Eröffnung der Fabrik in Grünheide bei Berlin einen Absatzrückgang in Deutschland ein – gleichzeitig nehmen Proteste gegen Firmenchef Elon Musk zu. Werksleiter André Thierig zeigt sich dennoch zuversichtlich. «Wir haben die Produktion in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert und beliefern inzwischen 37 Märkte in- und außerhalb Europas direkt aus der Gigafactory», sagte Thierig der Deutschen Presse-Agentur. «Zukünftig werden noch weitere Märkte hinzukommen.» Pläne für Personalabbau existieren derzeit für Grünheide nicht – 2024 fielen 400 Stellen weg.
Der Werkschef spricht von einer «einzigartigen Erfolgsgeschichte». «Als modernste Autofabrik Europas produzieren wir in Brandenburg seit 2022 das Model Y. Seitdem haben wir über 11.000 Arbeitsplätze geschaffen», sagte Thierig. Das übertarifliche Einstiegsgehalt liege mit über 40.000 Euro im Jahr deutlich über dem Durchschnittseinkommen der Region. Die Fertigung sei ausgebaut, Tesla setze auf innovative Verfahren und eine Abwasseraufbereitungsanlage recycle bis zu 100 Prozent des Prozessabwassers.
Eröffnung mit Kanzler
Vor drei Jahren eröffnete Tesla-Chef Musk seine Gigafactory Berlin-Brandenburg mit einer beeindruckenden Show vor Hunderten von Fans, sogar der Kanzler war dabei. Tesla ist nach wie vor der größte Arbeitgeber in der Industrie in Brandenburg. Die Eröffnung erscheint heute veraltet, nicht zuletzt aufgrund des bevorstehenden Abschieds von Olaf Scholz als Kanzler.
Bei den Neuzulassungen von Fahrzeugen in Deutschland erfährt Tesla eine Verlangsamung. Im Februar sank der Absatz erneut, obwohl insgesamt mehr Elektroautos auf den Straßen waren. Musk löst mit Polarisierung und Einmischung in den Wahlkampf zunehmenden Protest aus.
Nur noch Dritter bei Neuzulassungen in Deutschland
Laut Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes wurden im Februar 2024 in Deutschland 1.429 Teslas neu zugelassen, was einem Rückgang von 76,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat entspricht. Im Verlauf des gesamten Jahres 2024 verlor die Marke Tesla am meisten Marktanteile unter den Elektroautos und fiel vom ersten auf den dritten Platz zurück. Das Model Y behielt jedoch die Führung bei den neu zugelassenen Elektromodellen.
«Das Model Y war sowohl 2023 als auch letztes Jahr das meistverkaufte Auto der Welt», sagte Thierig. Das Modell sei grunderneuert worden, nicht nur ein Facelift, wie Kritiker sagen. Nach kurzer Unterbrechung der Produktion begann im Februar die Herstellung des neuen Model Y. «Es wird natürlich etwas dauern, bis wir wieder auf unser übliches Produktionsvolumen hochgelaufen sind», sagte der Betriebsleiter. Es sei ganz natürlich, dass sich während der Umstellung eine kurzfristige Lücke in den Zulassungszahlen ergebe.
Experte: Mehr Innovation nötig
Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet nicht mit einem schnellen Ende des Absatzrückgangs: «Die Modelle versprühen wenig innovativ Neues und sind zu teuer», sagt Dudenhöffer der dpa. Tesla bräuchte mehr Innovationen. Der Autobauer ist aus seiner Sicht nahezu ein Ein-Modell-Hersteller mit dem Model Y. Zusätzlich sieht er noch einen Negativgrund: «Elon Musk ist zur Unperson geworden. Dann leidet darunter die Marke Tesla auch.»
Musk warb im Bundestagswahlkampf mehrfach öffentlich für die AfD und führte ein Gespräch mit AfD-Chefin Alice Weidel auf seiner Online-Plattform X. Er nahm auch per Video an einer AfD-Wahlkampfveranstaltung teil und bemängelte vor dem 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, dass Deutschland «zu viel Fokus auf vergangene Schuld» lege.
Protest gegen Musk wächst
Ein riesiges Bild von Musk an der Außenwand der Tesla-Fabrik in Grünheide sorgte im Januar für Kontroversen. Es zeigt den Technologie-Milliardär während der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump mit einer Geste, die dem Hitlergruß ähnelt.
Im Februar führte ein Brandanschlag auf eine Bahnstrecke in Berlin-Schöneweide zu Beeinträchtigungen im Bahnverkehr. Im März wurden in Berlin anscheinend vier Teslas Opfer von Brandanschlägen. Vor etwa einem Jahr gab es bereits einen Angriff auf die Stromversorgung des Tesla-Werks. Die Autoproduktion musste daher fast eine Woche lang eingestellt werden. Im Mai versuchten Umweltaktivisten dann, das Tesla-Gelände während Protesttagen zu stürmen.
Umweltschützer gegen Tesla beim Wasser
Vor drei Jahren wurde die Eröffnung von heftiger Kritik von Umweltschützern begleitet. Sie werfen dem Autobauer vor, Wasserressourcen zu gefährden und sind gegen eine geplante Erweiterung des Tesla-Geländes, die die Abholzung von Wald für einen Güterbahnhof beinhaltet. Tesla betont, dass der Wasserverbrauch gesunken ist und niedriger ist als der Branchendurchschnitt – und dass der Güterbahnhof die Straßen entlasten würde. Es gab Vorwürfe bezüglich des mangelnden Arbeitsschutzes, die von Tesla zurückgewiesen wurden.
Nach fast neun Monaten wurde im November zwar ein Protestcamp im Wald nahe der Tesla-Fabrik aufgelöst. Der Protest geht aber weiter. Am Weltwassertag – am dritten Jahrestag der Tesla-Eröffnung (22. März) – fordert unter anderem das Bündnis «Tesla den Hahn abdrehen» eine konsequente Wasserreinhaltung durch den wirksamen Schutz der Gewässer vor Verschmutzung.
Der Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg – die Bürgerinitiative gegen Tesla – will einen neuen Negativ-Umweltpreis «Der verdreckte Tropfen» verleihen, der in diesem ersten Jahr je zur Hälfte an die SPD Brandenburg (für die Ansiedlung von Tesla in einem Wasserschutzgebiet) und an Tesla in Grünheide (für mutmaßliche Gefährdungen des Wasserschutzgebietes) gehen soll.
IG Metall gegen Tesla
Intern schwelt ein Konflikt mit der IG Metall. Nach Ansicht der Gewerkschaft zweifelt Tesla oft in einem ersten Schritt rückwirkend Krankschreibungen von Beschäftigten an, schrieb das «Handelsblatt». Tesla entgegnet, es handle sich um rund ein Dutzend Fälle. Einen Tarifvertrag lehnt Tesla ab. Die IG Metall überreichte Tesla bei einer Betriebsversammlung am Donnerstag in Grünheide eine Petition mit rund 3.000 Unterschriften, in der längere Pausen, mehr Personal und mehr Respekt gefordert werden.
Tesla stellte die Ergebnisse einer internen Online-Umfrage unter allen etwa 11.000 Mitarbeitern vor, an der rund 7.500 teilgenommen hatten. Fast 80 Prozent gaben an, mit ihrem Arbeitsplatz zufrieden zu sein, 5 Prozent äußerten sich negativ und der Rest blieb neutral.