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Veraltete Strukturen und schwache Innovationskraft: Deutsche Wirtschaft in der Krise

Unternehmen verschlafen wichtige Veränderungen, leiden unter eigenen Versäumnissen. Hohe Lohn- und Strukturkosten belasten am meisten, gefolgt von Bürokratie.

Die deutschen Börsenunternehmen erleben viel Gegenwind - einige Probleme sind aber hausgemacht (Archivbild)
Foto: Arne Dedert/dpa

Nach Angaben des Anlegerschutzvereins DSW sind veraltete Strukturen, übermäßig aufgeblähte Verwaltungen und eine geringe Innovationskraft wesentliche Ursachen für die Krise der deutschen Wirtschaft. Die hohen Energiepreise werden in einer Studie von DSW und der Strategieberatung Advyce & Company als weniger bedeutend angesehen, die die Einflussfaktoren auf 100 Börsenkonzerne untersuchte. Unternehmen leiden stattdessen unter ihren eigenen Versäumnissen.

Hohe Gehälter, altmodische Organisationen

Mit Corona und Ukrainekrieg hätten die Unternehmen schwierige Bedingungen erlebt, sagt Studienautor Martin Geißler von Advyce. «Das darf aber nicht verdecken, dass viele der aktuellen Probleme hausgemacht und das Resultat davon sind, dass Unternehmen wichtige Veränderungen schlicht über zwei Jahrzehnte verschlafen haben.» 

Laut Analyse haben viele Unternehmen veraltete Organisationsstrukturen mit überdimensionierten Verwaltungen und ineffizienten, kaum digitalisierten Prozessen. Dies führt zu hohen Strukturkosten. Besonders betroffen sind Banken und die Pharmaindustrie. Darüber hinaus wird im internationalen Vergleich zu wenig in Forschung und Entwicklung investiert.

Burkhard Wagner, CEO von Advyce, wies darauf hin, dass Banken traditionell hohe Gehälter zahlen. Im Gegensatz dazu gelingt es IT-Unternehmen, die Kosten deutlich zu senken, indem sie Prozesse digitalisieren. Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer des DSW, betonte, dass das Management vieler Unternehmen die interne Bürokratie angehen müsse.

Für die Untersuchung wurden die Faktoren Energiekosten, internationaler Wettbewerb, Fachkräftemangel, Regulatorik sowie Lohn- und Strukturkosten und ihr Einfluss auf den Transformationsbedarf von 100 Börsenunternehmen analysiert, die im HDAX gelistet sind. Dieser beinhaltet den Leitindex Dax, den Mittelwerteindex MDax und den TecDax.

Energiekosten treffen nur wenige Branchen

Laut dem Text belasten hohe Lohn- und Strukturkosten Unternehmen am stärksten, gefolgt von Bürokratie. Deutsche Unternehmen müssen etwa 97.000 Einzelnormen beachten – 18 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Hinzu kommt ein härterer internationaler Wettbewerb, insbesondere aus China, der vor allem die Automobilbranche betrifft, sowie ein Fachkräftemangel, insbesondere bei Ingenieuren und IT-Spezialisten.

Die gestiegenen Energiekosten träfen dagegen nur wenige Branchen wie Chemie und Rohstoffproduzenten. «Für den Großteil der deutschen Wirtschaft, von der Automobilindustrie über den Maschinenbau bis hin zur IT- und Gesundheitsbranche, spielen sie nur eine untergeordnete Rolle, wenn man sie in Relation zu anderen Kostenquellen betrachtet.»

Die Studie zeigt jedoch auch großes Potenzial: Deutschland profitiert von einem international einzigartigen Fundament aus gut ausgebildeten Fachkräften und hoch spezialisierten Unternehmen in fast allen Branchen. Allerdings muss die Politik die Lohnnebenkosten senken, Industrien bei der Transformation unterstützen und die Energiekosten reduzieren.

dpa