Im Jahr 2027 steht eine Reform des Emissionshandels an. Klingt kompliziert – kann aber für Verbraucher und Verbraucherinnen teuer werden. Wie die EU-Kommission das vermeiden möchte.
Brüssel will Preissprung bei Tanken und Heizen verhindern

Die EU-Kommission plant, ab 2027 massive Preisschwankungen beim Tanken und Heizen zu verhindern, indem sie in das Handelssystem für Treibhausgas-Zertifikate eingreift. Unternehmen müssen im Rahmen des Emissionshandels Nachweise über ihre Treibhausgasemissionen erbringen. Ab 2027 sollen auch Brennstoffe in das System einbezogen werden, was vor allem den Verkehrs- und Gebäudebereich betrifft.
Während eines Treffens der Umweltminister der Staatengemeinschaft in Luxemburg schlug EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra den Mitgliedsstaaten vor, schneller mehr Zertifikate freizugeben, um mit einem größeren Angebot den Preis zu senken.
Zuvor hatte es Druck von Mitgliedsstaaten gegeben, gegen die zu erwartenden Preissprünge vorzugehen. Deutschland und rund ein Dutzend andere Länder forderten etwa in einem Brief an die EU-Kommission, «Verbesserungen bereits vor dem Marktstart» in Betracht zu ziehen.
Was ist das europäische Emissionshandelssystem?
Um den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, wurde im Jahr 2005 das Emissionshandelssystem (ETS) eingeführt. Dies betrifft bisher die Industrie und den Energiesektor: Bestimmte Unternehmen müssen Zertifikate für die Emission von klimaschädlichen Gasen wie Kohlendioxid (CO2) vorlegen und können diese bei Bedarf auch handeln. Dies soll Anreize schaffen, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern.
Was soll sich ändern?
Ab dem Jahr 2027 soll das System EU-weit auf das Heizen von Gebäuden und den Verkehr ausgeweitet werden (ETS2). Durch eine zunehmende CO2-Bepreisung soll ein Anreiz für mehr Sparsamkeit sowie den Umstieg auf umweltfreundliche Technologien geschaffen werden – beispielsweise Elektroautos oder umweltfreundlichere Heizungen. Derzeit gilt in Deutschland der nationale Emissionshandel für alle Gebäude und den Verkehr. Ab 2027 soll dieses nationale System durch das europaweite ersetzt werden.
Bisher gibt es in Deutschland einen festen CO2-Preis von 55 Euro pro Tonne. Gemäß dem Brennstoffemissionshandelsgesetz wird für das Jahr 2026 ein Preiskorridor mit einem Mindestpreis von 55 Euro pro Emissionszertifikat und einem Höchstpreis von 65 Euro pro Emissionszertifikat festgelegt. Nach dem EU-weiten Emissionshandel wird sich der CO2-Preis ab 2027 dann am Markt bilden.
Was bedeutet das für Menschen in Deutschland?
Viele Experten gehen davon aus, dass mit dem Start des europaweiten Emissionshandels für Verkehr und Gebäude im Jahr 2027 die Sprit- und Gaspreise steigen werden. Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund der strengen europäischen Emissionsobergrenzen und der langsamen Fortschritte beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in Europa der CO2-Preis für Kraftstoffe und Brennstoffe deutlich ansteigen wird. Studien zufolge sind Preise von 200 Euro pro Tonne möglich.
Der ADAC prognostiziert, dass ab 2027 und in den kommenden Jahren mit Erhöhungen von bis zu 19 Cent pro Liter Benzin und Diesel zu rechnen ist – abhängig davon, wie schnell Fortschritte im Klimaschutz erzielt werden. Laut einer Studie des Münchner Forschungsinstituts für Wärmeschutz könnten ab 2027 erhebliche Kostensteigerungen auf Haushalte zukommen, insbesondere für Personen, die in energetisch schlechten Gebäuden leben.
Der Caritasverband hat bereits gefordert, die Einführung ab 2027 sozial abzufedern. «Wenn CO2-Preissteigerungen nicht sozial flankiert werden, dann müssten die Ärmsten die Suppe auslöffeln, die andere eingebrockt haben», sagte die Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, Eva Maria Welskop-Deffaa, kürzlich.
Um die zusätzlichen Belastungen des Emissionshandels ab 2027 abzufedern, ist geplant, aus den Einnahmen einen Milliarden-Klimasozialfonds zu errichten.
Was soll sich nun ändern?
Im europäischen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr soll es laut EU-Kommission 2027 Zertifikate für rund eine Milliarde Tonnen CO2 geben. Da die Anzahl der Zertifikate die Entwicklung des CO2-Preises beeinflusst, schlägt EU-Klimakommissar Hoekstra als eine Option vor, ab dem Start von ETS2 schneller mehr Zertifikate freizugeben – um mit mehr Angebot den Preis zu senken. «Wenn die Marktpreise 45 Euro überschreiten, wird ein „Top-up“-Mechanismus ausgelöst, der das Volumen der freizugebenden Zertifikate verdoppelt», so der Niederländer. Darüber hinaus sollen alle Zertifikate, die bis Ende 2030 nicht freigegeben wurden, in einer Reserve behalten werden. Eigentlich soll das System 2030 auslaufen.
Wie geht es weiter?
Die EU-Kommission plant, in den kommenden Wochen einen offiziellen Gesetzesvorschlag mit den vorgeschlagenen Änderungen vorzulegen. Anschließend wird sowohl der EU-Staaten als auch dem Europaparlament die Möglichkeit gegeben, darüber zu diskutieren, bevor sie in Kraft treten können.








