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Energiehunger der Künstlichen Intelligenz ist unersättlich

Eigentlich soll Künstliche Intelligenz das Leben der Menschen erleichtern. Doch der große Stromhunger macht KI auch zum potenziellen Klima-Killer – wenn nicht mehr grüne Energie verwendet wird.

Der Energieverbrauch von KI-Rechenzentren wird in Europa bis zum Jahr 2030 stark ansteigen. (Symbolbild)
Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Entwickelt sich die Künstliche Intelligenz mit ihrem unersättlichen Energiehunger zum großen Klimakiller? Der Energieverbrauch von Rechenzentren für KI-Anwendungen und andere Digitalisierungsprojekte wird in Europa jedenfalls bis zum Jahr 2030 stark ansteigen – und kann wohl nicht allein aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Nach einer Studie von McKinsey wird sich der Strombedarf in diesem Zeitraum voraussichtlich auf mehr als 150 Terawattstunden bis 2030 fast verdreifachen. «Das macht rund fünf Prozent des gesamten europäischen Stromverbrauchs aus», sagte Diego Hernandez Diaz, Partner bei McKinsey & Company, der dpa. Bislang seien es nur zwei Prozent.

KI verhagelt Klimabilanz der Tech-Konzerne

Laut der McKinsey-Studie könnte der steigende Energiebedarf von KI den Klimawandel beschleunigen, wenn er nicht durch erneuerbare Energien gedeckt wird. Derzeit stammt ein Großteil des Stroms für Rechenzentren noch aus fossilen Brennstoffen, obwohl viele große Rechenzentrumsbetreiber – darunter auch Branchenriesen wie Amazon (AWS), Microsoft und Google – sich verpflichtet haben, ihre Anlagen mit erneuerbaren Energien zu betreiben.

Zuletzt mussten die Tech-Riesen nämlich einräumen, dass der KI-Boom zu einem deutlichen Anstieg ihrer Treibhausgasemissionen geführt hat. Im jüngsten Google-Umweltbericht hieß es im vergangenen Juli, der Ausstoß sei allein im vergangenen Jahr um 13 Prozent auf über 14,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid gestiegen, «ausgelöst vornehmlich durch den gestiegenen Energieverbrauch von Rechenzentren und Emissionen in der Lieferkette».

Warum ist KI ein Stromfresser?

Man kann die Gründe für den hohen Stromverbrauch beispielhaft an der technischen Ausstattung eines neuen KI-Rechenzentrums sehen, das im Sommer von dem Unternehmen xAI unter der Leitung von Elon Musk eröffnet wurde. Die Anlage verwendet gleichzeitig 100.000 der neuesten Spezialchips (sogenannte H100 GPUs von Nvidia), wie Musk stolz auf X verkündete.

https://x.com/elonmusk/status/1815325410667749760

«Jeder dieser Nvidia-Prozessoren hat eine Leistung von 700 Watt, was ungefähr der Leistung eines modernen, energieeffizienten Backofens entspricht», sagt Ralf Herbrich, Leiter des Fachgebiets «Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit» am Hasso-Plattner-Institut (HPI) in Potsdam. Wenn dieses Rechenzentrum ein Modell trainiere, brauche es 70 Megawatt allein für die Berechnungen. «Rechnet man den Energieverbrauch für die Netzwerkübertragung der Daten hinzu, verdoppelt sich das noch einmal. Das entspricht der Energieleistung von 25 Windkrafträdern.»

Weltweit summiert sich das: Herbrich schätzt, dass global die Rechenzentren vier bis fünf Prozent des Energieverbrauchs ausmachen. «Nimmt man die Nutzung digitaler Technologien wie Laptops und Smartphones dazu, sind acht Prozent des weltweiten Energieverbrauchs erreicht.» Ein enormer Anteil dieser Energie gehe in das Training von KI-Modelle.

Ein KI-Bild wie eine halbe Handyladung

Wenn man sich Texte und Bilder mit modernen KI-Modellen erstellen lässt, wird ähnlich wie beim KI-Training viel Strom verbraucht: Das Generieren eines Bildes basierend auf einer Textanfrage verbraucht nach Berechnungen des Experten so viel Energie wie eine halbe Handyladung. «Selbst wenn KI-Modelle zukünftig weniger trainiert werden, wird die Vorhersage mit diesen Modellen den Energieverbrauch stetig steigen lassen.» Die Anzahl der Berechnungsschritte für die genauesten KI-Modelle habe sich seit dem Jahr 2018 bis heute fast um einen Faktor von einer Million vergrößert.

Herbrich erkennt jedoch auch Möglichkeiten, den Energieverbrauch von KI-Methoden zu reduzieren: die Anzahl der Berechnungsschritte zu reduzieren und die Energie pro Berechnungsschritt signifikant zu verringern. Dafür müssen mathematisch effizientere Verfahren verwendet werden. Ein alternativer Ansatz besteht darin, den Energieverbrauch der einzelnen Berechnungsschritte zu senken. Es ist wichtig, dass die Genauigkeit der KI-Vorhersagen nur minimal abnimmt, wenn die Formeln vereinfacht werden.

Nicht genügend sauberer Strom

Aber auch mit energieeffizienteren Algorithmen wird der Strombedarf durch KI-Anwendungen steigen, da immer mehr Menschen Künstliche Intelligenz sowohl beruflich als auch in ihrer Freizeit nutzen. Und aufgrund des tatsächlich vorhandenen Energiemixes in der Europäischen Union wird jede KI-Nutzung auch CO2-Emissionen verursachen. Im Jahr 2023 stammte fast ein Drittel (32,5 Prozent) des in der EU erzeugten Stroms aus fossilen Brennstoffen.

McKinsey-Energieexperte Diaz sagt, dass die steigende Nachfrage nach sauberem Strom bedeutende Herausforderungen mit sich bringt. Es gibt nur begrenzt verlässliche Stromquellen und Engpässe bei Fachkräften. Laut der Studie erfordert die zusätzliche Nachfrage nach grünem Strom massive Investitionen in erneuerbare Energiequellen und den Ausbau der Strominfrastruktur, um den Strom von den Erzeugungsstandorten zu den Verbrauchern zu transportieren.

Klimaretter KI?

Für die gesamte Klimabilanz der Künstlichen Intelligenz muss man aber auch die Beiträge zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel berücksichtigen – zum Beispiel im Energiesektor, in der Güterproduktion, in der Land- und Forstwirtschaft oder im Katastrophenschutz. «So kann KI helfen, die Ernährungssicherheit zu steigern und Ressourcen in der Landwirtschaft und der industriellen Produktion effizienter zu nutzen, aber auch wissenschaftliche Experimente und damit die Entwicklung sauberer Technologien zu beschleunigen», erklärte Vérane Meyer, Digitalexpertin der Heinrich-Böll-Stiftung zur Vorlage des Reports «Smarte Technologie gegen den Klimawandel». 

Auch die Digitalbranche betont die Rolle der KI als Hilfe beim Klimaschutz: «Künstliche Intelligenz hat für den Klimaschutz ein riesiges Potenzial», sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. «KI kann den Energieverbrauch von Fabriken entscheidend senken, Gebäude auf CO2-Sparkurs bringen, Lebensmittelverschwendung verringern oder in der Landwirtschaft den Einsatz von Dünger minimieren.»

dpa