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Erstmals Streik in Kölner Ford-Werken

Erst vor zwei Jahren hat Ford seinen Kölner Standort auf Elektroautos umgestellt. Doch die Erwartungen haben sich bislang nicht erfüllt. Ein Sparpaket führt nun zu einer drastischen Reaktion.

Ein Ford-Logo bei gutem Wetter - die wirtschaftlichen Perspektiven sind aber düster für das Autogeschäft in Deutschland.
Foto: Oliver Berg/dpa

Bei den fast hundert Jahre alten Kölner Ford-Werken wird erstmals gestreikt. Die Protestaktion gegen den geplanten Stellenabbau an dem Standort mit 11.500 Beschäftigten soll am Mittwochmorgen beginnen und bis zum Ende der Nachtschicht am Donnerstagmorgen dauern, wie die IG Metall mitgeteilt hat.

Das Management plant, bis Ende 2027 2900 Arbeitsplätze abzubauen, um Kosten zu senken. Die Gewerkschaft ist dagegen. Sie kritisiert die Konzeptlosigkeit der Firmenspitze, die die Zukunft der traditionsreichen Ford-Deutschlandtochter gefährdet. Die IG Metall fordert einen Sozialtarifvertrag mit hohen Abfindungen und finanzieller Sicherheit für die Belegschaft.

Urabstimmung ergibt hohe Zustimmung

Im März und April hatte es bereits Warnstreiks gegeben, danach blieben die Verhandlungen festgefahren. Daraufhin führte die IG Metall in der vergangenen Woche erstmals eine Urabstimmung bei den Ford-Werken durch. 93,5 Prozent der bei Ford tätigen IG-Metall-Mitglieder erklärten sich in der Befragung bereit für Streiks, um den Druck auf das Management zu erhöhen und ihre Forderungen durchzusetzen. «Es ist Zeit für den Arbeitgeber, sich zu bewegen und eine Gesamtlösung für die Belegschaft in Köln hinzubekommen», sagte der Betriebsratschef von Ford Deutschland, Benjamin Gruschka. 

Die Handlungsspielräume des Managements der Ford-Werke GmbH in Deutschland sind eingeschränkt, da das Unternehmen letztendlich von seiner US-Konzernmutter abhängig ist. Die Muttergesellschaft hat kürzlich eine Art Bürgschaft gekündigt und dadurch den Druck auf die Tochtergesellschaft in Deutschland erhöht.

Autogeschäft ist Sorgenkind für US-Mutterkonzern

Der US-Konzern Ford ist vor allem im Bereich der Pick-ups und Nutzfahrzeuge wie dem Transporter Transit stark vertreten. Das europäische Autogeschäft ist jedoch nur ein Teil des US-Herstellers, der seit langem Verluste verzeichnet. Der Kleinwagen Ford Fiesta, der jahrelang in Köln hergestellt wurde, war ein Verkaufsschlager, aber die Situation änderte sich allmählich. Im Jahr 2023 wurde die Produktion eingestellt.

Der Konzern produziert nun in Köln zwei Elektroautos, die jedoch hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind. Trotz Investitionen von fast zwei Milliarden Euro in die neue Elektroauto-Produktion hat sich dies bisher nicht ausgezahlt. Laut Behörden lag der Ford-Anteil an den neu zugelassenen Autos in Deutschland im Jahr 2024 nur noch bei 3,5 Prozent, was 1,5 Prozentpunkte niedriger ist als 2022. Obwohl die Ford-Werke von der US-Muttergesellschaft mehrere Hundert Millionen Euro für weitere Investitionen über einen Zeitraum von vier Jahren erhalten, halten Branchenexperten dies für deutlich zu wenig.

Nach Angaben der Gewerkschaft sind von den 11.500 Ford-Mitarbeitern in Köln etwa 4500 in der Fertigung und 3500 in der Produktentwicklung beschäftigt. Etwa 1700 Menschen arbeiten in einem Ersatzteilzentrum. Zusätzlich gibt es noch Mitarbeiter in der Verwaltung und anderen Bereichen.

In den vergangenen Monaten gab es zeitweise Kurzarbeit in Teilen der Produktion, die jedoch Ende Mai beendet wurde. Die Streiks dürften gravierende Auswirkungen auf die Kölner Ford-Werke haben, da die meisten Mitarbeiter Gewerkschaftsmitglieder sind und der Unmut in der Belegschaft über die aktuelle Situation groß ist.

Experten sind skeptisch

Nach Einschätzung von Branchenfachleuten hat Ford mit seinem Pkw-Geschäft in Europa eine düstere Zukunft. «Die Lage ist schlecht und die Perspektive noch schlechter», sagt der Direktor des Bochumer Autoinstituts CAR, Ferdinand Dudenhöffer. «Ford ist im Pkw-Bereich zu klein, als dass es in Europa ertragreich arbeiten könnte – das ist jetzt so und das wird sehr wahrscheinlich auch künftig so sein.» Die verkauften Stückzahlen seien zu gering und die Personalkosten zu hoch. Ford verliere in Deutschland und Europa schon seit langem Marktanteile. «Ford schrumpft und schrumpft.» 

Es gebe zwei Lösungen, so Dudenhöffer: Der US-Mutterkonzern könnte sein europäisches Autogeschäft verkaufen. «Dann wäre man das Problem los.» In Köln könnte die Autoproduktion erhalten bleiben, die Entwicklungsabteilung und Verwaltungsbereiche würden hingegen in die Zentrale des Käufers abwandern. Der zweite Lösungsweg wäre, mit einem anderen Autobauer ein Gemeinschaftsunternehmen zu gründen und dadurch auf höhere Stückzahlen und niedrigere Kosten zu kommen. «Dann wird man vielleicht endlich wettbewerbsfähig», sagt Dudenhöffer. Ein möglicher Partner wäre Renault. 

Der Direktor des Center of Automotive Management, Stefan Bratzel, sieht noch einen dritten Weg. «Der US-Mutterkonzern müsste Milliarden in die Entwicklung und Produktion neuer Elektroautos und in eine Aufwertung des Markenimages stecken.» Die Ford-Zentrale in den USA müsste eine Entschlossenheit an den Tag legen, die sie in den vergangenen Jahren habe vermissen lassen.

Für seine zwei Elektroauto-Modelle in Köln kauft Ford zentrale Bauteile von Volkswagen. «Die Wertschöpfung für Ford ist dadurch nicht sehr tief, was das Geschäft wenig attraktiv macht», sagt Bratzel. Ford habe zu spät und dann auch nur mit halber Kraft auf das Thema E-Mobilität gesetzt. Die Perspektive für Ford in Europa sei auch deshalb schlecht, da der Wettbewerb in Europa noch zunehmen werde – chinesische Anbieter drängten auf den Markt.

dpa