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Eskalation statt Einigung: Trump schickt Zoll-Brief an EU

In der EU gab es bis zuletzt die Hoffnung, dass der Zollstreit mit den USA glimpflich enden könnte. Ein neuer Brief von US-Präsident Trump weckt daran erhebliche Zweifel. Oder ist er nur ein Bluff?

Geht auf Konfrontationskurs: US-Präsident Donald Trump. (Archivbild)
Foto: Evan Vucci/AP/dpa

US-Präsident Donald Trump verschärft den Zollstreit mit der EU und kündigt neue hohe Zölle ab dem 1. August an. Er warnt die EU vor Gegenmaßnahmen, trotz laufender Gespräche über eine Lösung. Ist dies alles nur Verhandlungstaktik? Hier sind Fragen und Antworten im Überblick:

Was genau steht in dem Schreiben?

Der Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beginnt erst einmal sehr nett. Im ersten Satz heißt es: «Es ist mir eine große Ehre, Ihnen dieses Schreiben zu übermitteln, da es die Stärke und das Engagement unserer Handelsbeziehungen unterstreicht (…).» Kurz danach kommt es für die EU allerdings knüppeldick: 

Trump hat angekündigt, dass die USA ab dem 1. August einen Basiszoll von 30 Prozent auf Einfuhren aus der EU erheben werden. Dies kommt zusätzlich zu den bereits bestehenden Sektorzöllen für Autos, Autoteile, Stahl- und Aluminiumprodukte. Er erwartet auch, dass US-Unternehmen zukünftig zollfrei in die EU exportieren können. Falls die EU Gegenzölle einführt, werden diese auf die angekündigten 30 Prozent aufgeschlagen, warnt er.

Was würde eine Umsetzung der Ankündigungen bedeuten?

Das wäre besonders für die exportorientierte deutsche Wirtschaft ein schwerer Schlag, da Zölle in der Regel die Produkte verteuern und somit den Handel behindern. Die Wirtschaft hat bereits unter den von Trump eingeführten Zöllen gelitten. Dazu gehörten ein Basiszollsatz von zehn Prozent, Zölle auf den Import von Autos und Autoteilen von 25 Prozent sowie Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte von 50 Prozent.

Die Präsidentin des Auto-Branchenverbandes VDA, Hildegard Müller, kommentierte am Samstag: «Die Kosten für unsere Unternehmen sind bereits im Milliarden-Bereich – und mit jedem Tag wächst die Summe.»

Wie begründet Trump seine neuen Ankündigungen? 

Trump bezeichnet die Zölle in dem Brief als erforderliche Korrekturmaßnahme. Seiner Meinung nach haben europäische Zölle und andere Handelsbarrieren über Jahre hinweg ein großes und nicht tragbares Handelsdefizit der USA verursacht. Dieses Defizit stellt eine erhebliche Bedrohung für die Wirtschaft und die nationale Sicherheit der USA dar.

Sind die Verhandlungen mit dem Brief damit vorerst beendet?

Es ist vollkommen unklar. Optimisten in Brüssel hoffen, dass Trump mit dem Schreiben lediglich eine Drohkulisse aufbauen will, um bei einer Fortsetzung der Verhandlungen dann am Ende mehr herausholen zu können. Ebenso wird es für möglich gehalten, dass er einen Deal möglichst lange herauszögern will, um bis dahin mit bereits eingeführten Zöllen Kasse machen zu können. In der EU wird so davon ausgegangen, dass Trump Zolleinnahmen braucht, um Steuersenkungsversprechen einlösen zu können. US-Finanzminister Scott Bessent rechnete jüngst vor, dass er bis Jahresende insgesamt mit Einfuhrzöllen mehr als 300 Milliarden US-Dollar einnehmen möchte. Neben der EU sind weltweit fast alle anderen Handelspartner der USA betroffen.

Lässt Trump in dem Brief Verhandlungsbereitschaft erkennen?

Ja. Wenn die EU bereit ist, ihre bisher geschlossenen Handelsmärkte für die Vereinigten Staaten zu öffnen und Handelshemmnisse zu beseitigen, könnte eine Anpassung des Schreibens in Betracht gezogen werden, schreibt Trump. Die Zölle könnten je nach Entwicklung der Beziehungen nach oben oder unten angepasst werden.

Wo standen die Verhandlungen mit den USA zuletzt?

Der Entwurf für eine gemeinsame Erklärung lag tatsächlich auf dem Tisch. Die meisten EU-Staaten waren grundsätzlich bereit, einen neuen US-Basiszollsatz zu akzeptieren, vorausgesetzt er liegt bei zehn Prozent oder darunter und nicht bei 30 Prozent. Zusätzlich waren sie bereit, Maßnahmen zur Reduzierung des Handelsdefizits zu ergreifen – beispielsweise durch verstärkten Import von Flüssigerdgas (LNG) aus den USA. Die EU hatte jedoch auch klar gemacht, dass sie von Trump kritisierte Regeln für die Digitalwirtschaft nicht ändern wird.

Wie reagiert die EU auf den Brief?

Die EU-Kommission, zuständig für die Zollverhandlungen mit den USA, betonte sofort, dass sie sich bemühen werde, eine einvernehmliche Lösung des Handelskonflikts so lange wie möglich zu erreichen. „Wir nehmen das Schreiben von US-Präsident Donald Trump zu einem neuen Zollsatz und einem neuen Zeitplan zur Kenntnis“, teilte Kommissionspräsidentin von der Leyen mit. „Wir sind weiterhin bereit, bis zum 1. August auf eine Einigung hinzuarbeiten.“

Welche Handlungsoptionen hätte die EU noch?

Es wäre theoretisch möglich, sofort mit der Einführung erster Vergeltungszölle gegen die USA zu beginnen. Diese Zölle sind bereits beschlossen, wurden jedoch aufgrund laufender Verhandlungen vorerst ausgesetzt. Es wird angenommen, dass sie erst dann in Kraft treten, wenn es keine Möglichkeit mehr für eine Verhandlungslösung gibt – oder wenn die USA ihre neuen Zollpläne umsetzen. Die Einführung von EU-Zöllen könnte den USA wirtschaftlich erheblichen Schaden zufügen – die EU ist mit etwa 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in 27 Ländern eine bedeutende Marktmacht.

Warum setzt die EU dann nicht einfach mehr auf Druck?

Insbesondere die Abhängigkeit in Verteidigungsfragen wird als Hintergrund betrachtet. Es besteht die Befürchtung, dass Trump im Falle eines eskalierenden Handelskonflikts neue Drohkulissen aufbauen könnte – zum Beispiel indem er erneut die militärische Beistandspflicht innerhalb der Nato in Frage stellt oder die Unterstützung für die Ukraine reduziert – beides sind äußerst sensible Themen angesichts der Bedrohungen durch Russland.

Um was für ein Handelsvolumen geht es eigentlich?

Laut der EU haben die Europäische Union und die Vereinigten Staaten die umfangreichsten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen der Welt und die am engsten miteinander verflochtenen Volkswirtschaften. Zusammen machen sie fast 30 Prozent des weltweiten Handels mit Waren und Dienstleistungen und 43 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus. Im Jahr 2024 betrug der transatlantische Handel mit Waren und Dienstleistungen nach EU-Zahlen etwa 1,7 Billionen Euro. Die EU und die USA waren jeweils der wichtigste Handelspartner des anderen.

Haben die US wirklich ein deutliches Handelsdefizit?

Im Warenhandel mit den USA verbuchte die EU 2024 nach jüngsten Zahlen des Statistikamts Eurostat einen deutlichen Überschuss in Höhe von rund 198 Milliarden Euro. So wurden im Jahr 2024 Waren im Wert von etwa 533 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten ausgeführt und nur Waren im Wert von rund 335 Milliarden Euro aus den USA importiert. Im Dienstleistungsbereich hat die EU hingegen ein Handelsdefizit mit den Vereinigten Staaten, so dass die EU nach eigenen Angaben 2024 im Handel mit Waren und Dienstleistungen lediglich einen Handelsüberschuss von 50 Milliarden Euro hat. «Dies entsprach weniger als drei Prozent des gesamten Handels zwischen der EU und den USA», wird in Brüssel argumentiert.

dpa