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Europaparlament will weniger strenge Regeln für gentechnisch veränderte Lebensmittel

Das Parlament will das Lebensmittelsystem nachhaltiger und krisenfester machen, indem verbesserte Pflanzensorten entwickelt werden. Gleichzeitig sollen alle Produkte aus Gentechnik im Supermarkt gekennzeichnet werden.

Das EU-Parlament hat sich für weniger strenge Gentechnikregeln ausgesprochen.
Foto: Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa

Das Europaparlament will weniger strenge Regeln für gentechnisch veränderte Lebensmittel. «Ziel ist, das Lebensmittelsystem sowohl nachhaltiger als auch krisenfest zu machen, indem man verbesserte Pflanzensorten entwickelt», teilte das Parlament mit, nachdem sich eine Mehrheit der Abgeordneten für das Vorhaben ausgesprochen hatte. Im Gegensatz zum ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission will das Parlament aber, dass alle Produkte aus Gentechnik, künftig im Supermarkt gekennzeichnet werden müssen – auch wenn sie mit modernen Gentechnikmethoden gezüchtet wurden.  

Die Brüsseler Behörde schlug vor, dass es nicht erforderlich sei, dies zu tun, wenn eine Züchtung auch durch herkömmliche Methoden wie Auslese entstanden sein könnte. Saatgut, das mittels moderner Gentechnik entstanden ist, muss gekennzeichnet werden, selbst wenn es nicht von herkömmlichen Züchtungen zu unterscheiden ist.

Um endgültig weniger strenge Regeln zu beschließen, müssen sie noch mit den EU-Staaten verhandelt werden. Es ist unrealistisch zu erwarten, dass es vor der Europawahl im Sommer ein Ergebnis geben wird, da sich die EU-Staaten bisher nicht auf eine Verhandlungsposition geeinigt haben. Nach Abschluss der Verhandlungen müsste das umstrittene Vorhaben erneut eine Mehrheit im Parlament finden. Die Mehrheitsverhältnisse nach der Wahl sind dabei entscheidend.

Pflanzen könnten widerstandsfähiger gegen Klimawandel werden

Wenn es zu einer Deregulierung kommt, könnte es einfacher sein, mit modernen Gentechnikverfahren neue Züchtungen zu entwickeln. Die Befürworter dieser Verfahren hoffen auf Pflanzen, die mehr Nährstoffe enthalten oder widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Klimawandels sind. Dadurch könnte auch der Einsatz von Pestiziden verringert werden.

Bio-Landwirte sollen weiter gentechnikfrei arbeiten. Sie beklagen, dass sie unverhältnismäßig belastet werden, da sie sich etwa dagegen schützen müssten, dass sich gentechnisch veränderte Pflanzen von anderen Feldern ungewollt auf ihrem Land verbreiten. Europaabgeordnete der Grünen und der SPD kritisierten das Vorhaben. Sie sprechen etwa von potenziellen Risiken für die Umwelt. «Gentechnik bereichert nur die großen Konzerne», sagte Carola Rackete, Spitzenkandidatin der Linken für die Europawahl. Gleichzeitig sei Gentechnik teuer und helfe nicht gegen den Hunger auf der Welt. 

Zustimmung aus CDU und FDP

Ganz anders sieht das der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. «Es können sehr gezielt Eigenschaften wie Klima- oder Schädlingsresistenz erreicht werden», sagte er. Als Arzt sehe er keine unverantwortlichen Risiken für Mensch und Umwelt. Auch Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) begrüßt es, dass die Regeln für gentechnisch veränderte Lebensmittel gelockert werden sollen. 

Wie das Parlament weiter mitteilte, fordern die Abgeordneten ein vollständiges Verbot von Patenten auf jegliche Pflanzen, jegliches Pflanzenmaterial und Teile davon, wenn diese mit sogenannter neuer Gentechnik gezüchtet wurden. «Rechtsunsicherheiten, erhöhte Kosten und neue Abhängigkeiten für Landwirte und Züchter sollen dadurch vermieden werden.»

Grundsätzlich hat die Manipulation von Nutzpflanzen Tradition. «Seit der neusteinzeitlichen Revolution vor rund 12 000 Jahren werden Pflanzen gezüchtet und genetisch so verändert, dass sie ertragreicher und landwirtschaftlich besser nutzbar sind», schreibt die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Ins Genom der Pflanzen – also die Gesamtheit der Gene – wird etwa eingegriffen, indem etwa die ertragreichsten ausgewählt und wieder ausgesät wurden. 

Die sogenannte neue Gentechnik konzentriert sich hauptsächlich auf die vor gut zehn Jahren entdeckte Genschere. Sie zielt darauf ab, gezielt Gene anzusteuern, die für eine bestimmte Eigenschaft verantwortlich sind. Der Genstrang wird an einer spezifischen Stelle geschnitten und anschließend vom körpereigenen Reparatursystem der Zelle wieder zusammengefügt. Dadurch entstehen Veränderungen im Erbgut, die auch auf natürliche Weise auftreten können.

dpa