Wenn ein gebuchter Flug mehr als drei Stunden Verspätung hat, haben Passagiere Anspruch auf finanzielle Entschädigung. Möglicherweise gibt es in Zukunft für Betroffene jedoch deutlich seltener Geld.
EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
Laut Verbraucherschützern könnten Fluggäste, die von Verspätungen betroffen sind, in Zukunft wesentlich weniger Anspruch auf Entschädigung haben. Die EU-Staaten diskutieren derzeit über einen Vorschlag der Europäischen Kommission, der unter anderem vorsieht, Entschädigungen erst bei deutlich längeren Verspätungen als bisher zu gewähren.
Laut der Fluggastrechteverordnung von 2004 (EG 261) haben Passagiere derzeit Anspruch auf eine pauschale Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro bei einer Verspätung von drei Stunden oder mehr. Nach dem Vorschlag der Kommission soll diese Zeitspanne auf fünf bis zwölf Stunden erhöht werden, abhängig von der Flugdistanz. Dadurch würden laut Verbraucherschützern etwa 80 Prozent der Entschädigungen wegfallen.
Kritik von der Justizministerin und Verbraucherschützern
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig hat sich deutlich gegen die diskutierte Änderung der Entschädigungsvorschriften ausgesprochen. «Verbraucherrechte sind kein Luxus, den man in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten einfach abschaffen kann», sagte die SPD-Politikerin, die in der Bundesregierung für den Verbraucherschutz verantwortlich ist. Sie werde sich deshalb dafür einsetzen, dass Flugreisende auch weiterhin ab einer Verspätung von drei Stunden entschädigt werden.
Diese Anpassung wäre ein gravierender Rückschritt, sagte die Co-Leiterin des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland (EVZ), Karolina Wojtal. Die meisten Verspätungen im Luftverkehr lägen zwischen zwei und vier Stunden. «Airlines könnten dazu verleitet werden, Flüge gezielt zu verspäten, anstatt sie zu annullieren, um Entschädigungen zu umgehen.»
Ausgang der Gespräche unklar
Die europäische Lobbyorganisation «Airlines for Europe» (A4E) befürwortet eine Reform mit verlängerten Zeitschwellen. «Wenn etwas schiefgeht, braucht es Zeit, um ein Ersatzflugzeug oder eine Ersatzcrew zu finden», schreibt A4E auf der eigenen Website. Durch verlängerte Schwellenwerte hätten die Airlines gute Chancen, eine Lösung zu finden, die den Flugplan wiederherstelle und Passagiere ans Ziel bringe. Das käme schließlich den Fluggästen entgegen.
Die Reform ist bislang noch nicht verabschiedet. Es ist noch unklar, ob die EU-Staaten dem Vorschlag der Kommission folgen oder Änderungen vornehmen werden. Außerdem muss noch ein endgültiger Kompromiss mit dem EU-Parlament erzielt werden. Das Ergebnis dieser Verhandlungen wird bestimmen, wie die finale Reform aussehen wird.