Brasilien droht mit Ausstieg, EU-Länder ringen um Mehrheit für Schutzklauseln in Handelsabkommen. Samstag steht Unterzeichnung bevor, Frankreich und Italien zeigen Bedenken.
EU-Mercosur-Abkommen vor Entscheidung, Brasilien erhöht Druck

Für das Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur fehlt in der EU noch die erforderliche Mehrheit. Brasilien erhöht den Druck. Es will aus dem ausgearbeiteten Vertrag aussteigen, wenn sich die EU nicht schnell einigen kann. Die Würfel dürften am Donnerstag in der EU fallen. Für Samstag ist die Unterzeichnung des EU-Mercosur-Abkommens geplant.
Es gibt Bedenken aus Frankreich und Italien. Bauern in diesen Ländern befürchten, dass sie unter starkem Preisdruck durch preiswerte Agrarprodukte aus Südamerika geraten könnten. Polen und Österreich haben bereits angekündigt, dass sie aufgrund von Bedenken von Landwirten und Bürgern gegen eine Unterzeichnung des Abkommens stimmen werden.
Neue Schutzklauseln für europäische Bauern geplant
Um den Abschluss des Handelsabkommens dennoch zu ermöglichen, haben Vertreter der EU-Länder und des Europäischen Parlaments zusätzliche Schutzklauseln für die Landwirtschaft vereinbart.
Sollte es zu einem schädlichen Anstieg der Einfuhren aus den Mercosur-Staaten oder einem übermäßigen Preisverfall für die EU-Erzeuger kommen, sollen schnell Gegenmaßnahmen ergriffen werden können.
Laut der aktuellen dänischen EU-Ratspräsidentschaft würden diese Maßnahmen dazu führen, dass vorübergehend Zollvorteile ausgesetzt werden, wie am Abend nach den Verhandlungen in Straßburg mitgeteilt wurde.
Bei der Einfuhr von Produkten wie Rindfleisch, Geflügel, Reis, Honig, Eiern, Knoblauch, Ethanol, Zitrusfrüchten und Zucker ist eine besonders intensive Überwachung vorgesehen. Es soll mindestens alle sechs Monate einen Bericht über die Auswirkungen von Importen aus den Mercosur-Ländern Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay geben.
Besondere Mehrheit erforderlich
Die Befürworter des Abkommens hoffen, dass die neuen Schutzklauseln die geplante Unterzeichnung des Abkommens am Samstag in Brasilien ermöglichen können. Dafür müssen im Rat der Mitgliedstaaten mindestens 15 der 27 EU-Staaten zustimmen. Außerdem muss sichergestellt werden, dass diese 15 Staaten zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.
Es war bis zuletzt unklar, ob die erforderliche Mehrheit zustande kommt. Wenn Frankreich wie erwartet nicht zustimmt, wird es wahrscheinlich auf Italien ankommen. Eine Entscheidung wird am Rande des am Donnerstag beginnenden EU-Gipfels erwartet.
Brasiliens Warnung
Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva drohte am Mittwoch für den Fall eines Scheiterns mit einem Rückzug seines Landes aus dem geplanten Deal. Sollte das seit 1999 verhandelte Freihandelsabkommen nicht rechtzeitig vor der geplanten Unterzeichnung am Samstag von den EU-Ländern gebilligt werden, werde Brasilien es nicht mehr unterstützen, sagte der Staatschef der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas.
«Ich habe sie bereits gewarnt: Wenn wir es jetzt nicht tun, wird Brasilien keinen Deal mehr machen, solange ich Präsident bin», sagte Lula auf einem Regierungstreffen, wie im Fernsehen zu sehen war. Brasilien habe 26 Jahre auf das Abkommen gewartet.
Freihandelsvertrag auch Signal an Trump
Laut der EU-Kommission wäre die neue Freihandelszone mit über 700 Millionen Einwohnern die weltweit größte ihrer Art und soll ein Signal gegen die protektionistische Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump setzen. Das Ziel ist es, Zölle und Handelshemmnisse zwischen der EU und den Mercosur-Staaten weitgehend abzubauen. Gegner der Pläne befürchten, dass europäische Bauern in einen erbarmungslosen Preiskampf gedrängt werden könnten und die Zerstörung des Regenwaldes in Südamerika angeheizt wird.








