Nach langem Stillstand wird in der EU wieder über eine Änderung der Fluggastrechte diskutiert. Im Zentrum der Debatte: Nach wie viel Verspätung sollten Reisende Anspruch auf Entschädigung haben?
EU-Verkehrsminister stimmen über neue Fluggastrechte ab

Die Verkehrsminister der EU-Staaten werden am Donnerstag über eine Änderung der europäischen Fluggastrechte abstimmen. Der Schwerpunkt der Reform liegt darin, ab wann Reisende Anspruch auf Entschädigung haben. Diskutiert wird unter anderem, ob dies nach drei, vier oder fünf Stunden Verspätung der Fall sein soll.
Nach Angaben aus EU-Kreisen gibt es bisher keine klare Mehrheit für keinen der Vorschläge. Deutschland ist entschieden gegen die Vier- und Fünf-Stunden-Vorschläge. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hat angekündigt, sich dafür einzusetzen, dass Flugreisende auch weiterhin ab einer Verspätung von drei Stunden entschädigt werden.
Bislang Entschädigung von bis zu 600 Euro
Gemäß den aktuellen Fluggastrechteverordnungen haben Fluggäste Anspruch auf Entschädigung, wenn ihre Flüge aufgrund von Verspätungen von mindestens drei Stunden von der Fluggesellschaft verschuldet sind.
- 250 Euro für Flüge bis 1.500 km
- 400 Euro für Flüge bis 3.500 km
- 600 Euro für Langstreckenflüge mit mehr als 3.500 km
Airlines argumentieren mit schnelleren Ersatzflügen
Der deutsche Lobbyverband BDL hat zuvor Yougov beauftragt, eine Umfrage unter Passagieren durchzuführen. Unter der Bedingung, dass sie am selben Tag noch ihr Ziel erreichen, waren 73 Prozent der Befragten bereit, erst nach fünf Stunden Verspätung einen Anspruch auf Entschädigung zu erhalten. Nur 21 Prozent fanden die Entschädigungszahlung bereits nach drei Stunden wichtiger. Sie wären bereit, ihr Ziel gegebenenfalls erst ein oder zwei Tage später zu erreichen. Die Airlines und ihre Verbände argumentieren, dass sie technisch an vielen Zielen in Europa nicht in der Lage seien, innerhalb von drei Stunden ein Ersatzflugzeug samt Crew bereitzustellen. Im Zweifelsfall würde dann auf einen zusätzlichen Flug verzichtet, da die hohen Entschädigungszahlungen bereits angefallen seien. Fünf Stunden seien die bessere Frist.
Verbraucherschützer warnen davor, dass wenn die Änderung auf fünf Stunden erfolgt, 80 Prozent der betroffenen Passagiere nicht mehr entschädigt werden würden.
EU-Parlamentarier: EU-Staaten greifen zu stark in Fluggastrechte ein
«Der Vorschlag der Mitgliedstaaten greift zu tief in die Fluggastrechte der Passagiere ein», so der FDP-Europaabgeordnete Jan-Christoph Oetjen. Im Europäischen Parlament gebe es bereits eine Position «und ich sehe keinen Grund, diese gute Position noch einmal anzupassen.» Voraussichtlich wolle das Europaparlament die Drei-Stunden-Vorgabe beibehalten.
Grundsätzlich haben die Parlamentarier bei dem Vorhaben noch ein Wort mitzureden und müssten den neuen Regeln ebenfalls zustimmen. Nach Angaben aus dem Parlament besteht jedoch die Befürchtung, dass die EU-Staaten ein Verfahren anwenden wollen, das Verhandlungen mit dem Parlament erschweren könnte und das seit elf Jahren nicht mehr angewendet worden sei. Damit könnten neue Regeln schneller als üblich in Kraft treten.