Der Prozess gegen den früheren VW-Boss Winterkorn soll seine Rolle bei der Dieselaffäre beleuchten. Nach einer Zwangspause stellte das Gericht neue Pläne vor. Dagegen wehrt sich nun die Verteidigung.
Ex-VW-Chef Winterkorn lehnt Richter als befangen ab
Im Strafverfahren zur Dieselaffäre lehnt der ehemalige VW-Konzernchef Martin Winterkorn den Richter als befangen ab. Das Vertrauen Winterkorns in die Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden Richters sei durch dessen Verhalten zerstört, heißt es in einem Schreiben der Verteidigung an das Landgericht Braunschweig, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Die Anwälte des 77-Jährigen sind besorgt darüber, dass der Prozess für Februar 2025 neu angesetzt wurde, bevor eine gerichtlich angeordnete Begutachtung des Gesundheitszustandes von Winterkorn stattfand. Das Landgericht hatte am vergangenen Mittwoch nachmittags in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass ein Neustart des Verfahrens mit 89 Terminen für den 4. Februar geplant sei.
Verteidigung: Gutachter hält Reise zum Gericht für unzumutbar
Die Verteidigung moniert, dass Winterkorn tatsächlich erst am Nachmittag des 18.12., also ebenfalls vergangenen Mittwoch, untersucht wurde. Den Anwälten zufolge war es daher unmöglich, dass der Richter bei der Festlegung der Verhandlungstermine sowie der Versendung der Pressemeldung wusste, zu welchem Ergebnis der Arzt kommen würde. Eine Reaktion des Gerichts auf den Befangenheitsantrag war am Montag zunächst nicht zu erhalten.
Laut der Verteidigung stellt der Mediziner in seinem Gutachten vom nächsten Tag fest, dass Winterkorn zwar grundsätzlich reisefähig ist. Eine Anreise nach Braunschweig wäre jedoch laut seiner fachlichen Einschätzung derzeit unzumutbar. Darüber hinaus wären ganze Verhandlungstage wahrscheinlich nicht möglich. Das Verhalten des Richters zeigt, dass er sich bereits eine feste Meinung über den Gesundheitszustand Winterkorns gebildet hatte, bevor ihm das Ergebnis des ärztlichen Sachverständigen vorlag.
Prozessneustart wackelt wieder
Vor dem Prozess gibt es erneut ein großes Fragezeichen mit dem Befangenheitsantrag. Dem 77-Jährigen werden in dem Verfahren vor der Wirtschaftsstrafkammer gewerbsmäßiger Betrug, Marktmanipulation und uneidliche Falschaussage vorgeworfen. Er hatte jedoch alle Anschuldigungen der Anklage bestritten. Die Unschuldsvermutung gilt.
Im vergangenen September begann der erste Prozess gegen Winterkorn, fast genau neun Jahre nach dem Auffliegen der Abgasmanipulationen beim Wolfsburger Autobauer. Nach einigen Verhandlungstagen wurde das Verfahren aufgrund einer Verletzung des Angeklagten verschoben. Winterkorn hatte sich laut Gerichtsangaben damals so schwer verletzt, dass er ins Krankenhaus musste.