Lange wuchs die Zahl der Braustätten in Deutschland. In den letzten fünf Jahren hat sich der Trend gedreht – und trifft auch jahrhundertealte Familienbetriebe. Das größte Minus gibt es in Bayern.
Fast 100 Brauereien weniger als vor Corona

Die Anzahl der Brauereien in Deutschland ist in den letzten fünf Jahren um 93 auf 1.459 gesunken, wie der Deutsche Brauer-Bund (DBB) unter Berufung auf vorläufige Zahlen des Statistischen Bundesamts mitteilt. Dies markiert eine Umkehrung des langjährigen Trends, der hauptsächlich auf Craftbier und die damit verbundene Gründerwelle zurückzuführen war.
Der Rückgang trifft aber auch viele Traditionshäuser: «Bei den Betriebsaufgaben sehen wir etwa gleich viele Gründer wie alte Familienbetriebe», sagt DBB-Präsident Christian Weber. Zudem seien Gründungen, die die Lücken füllen könnten, inzwischen sehr viel seltener geworden. «Existenzgründern fehlt – wie der ganzen Wirtschaft – die Planungssicherheit.»
In relativen Zahlen betrachtet, ist Bayern mit einem Rückgang von 50 Braustätten in den letzten Jahren am stärksten betroffen. Dennoch hat der Freistaat mit nunmehr 598 Brauereien auch weiterhin die meisten Brauereien überhaupt. Der Rückgang von 8 Prozent ist im Verhältnis jedoch höher als der bundesweite Wert von 6 Prozent. An zweiter Stelle liegen Nordrhein-Westfalen mit 24 weniger Brauereien und Hessen mit einem Minus von 14 Brauereien. Trotz der geringeren Anzahl an Brauereien sind die relativen Rückgänge dort mit 15 und 16 Prozent jedoch deutlich höher.
Irgendwann wird die Kapitaldecke dünn
Weber zählt eine ganze Liste von Ursachen für die negative Entwicklung auf: «Erst kam die Corona-, dann die Energiepreiskrise. Da ist gerade bei kleineren Betrieben oft viel Kapital abgeflossen. Jetzt kommt noch die allgemeine Konsumzurückhaltung hinzu. Gegenüber den großen Lebensmittelkonzernen können Brauereien die Preise, die sie eigentlich bräuchten, kaum durchsetzen. Das ergibt für manche Betriebe dann eine Falle, aus der sie nicht mehr herauskommen», sagt er. «Irgendwann ist die Kapitaldecke so dünn geworden und die Reserven aufgebraucht, dass eine Entscheidung fallen muss. Auch wenn das bedeutet, nach drei, vier oder sogar sieben Generationen aufzugeben, was natürlich besonders weh tut.»
Zusätzlich stehen bei vielen Brauereien in den kommenden Jahren und Jahrzehnten große Investitionen an, um bis spätestens 2045 klimaneutral zu werden. «Wer eine Brauerei von Gas auf Strom umstellt, muss die Anlagen zu 80 Prozent neu bauen, wobei manche der benötigten neuen Technologien noch gar nicht entwickelt sind», sagt Weber. «Dieser Aspekt spielt für viele Betriebe schon jetzt eine große Rolle bei der Frage, wie sie weitermachen. Ob die Stromkosten planbar sind und wie sie sich entwickeln, wird in den kommenden Jahren zur Schicksalsfrage für die ganze deutsche Brauereilandschaft», betont er.
Energiekosten immens wichtig
Die Energiekosten sind für Brauereien von großer Bedeutung. Laut DBB machen sie in modernen Großbrauereien 10 bis 15 Prozent der Herstellungskosten aus. Bei kleineren und mittelständischen Betrieben liegt dieser Anteil eher bei 20 Prozent, während er bei sehr traditionellen Betrieben teilweise noch höher ist. Besonders das Brauen, das Abkühlen und die Reinigung der Mehrwegflaschen sind hierbei entscheidend.
«Deshalb unser Appell an die künftige Koalition: Wir brauchen dringend bezahlbare Energie und Planungssicherheit», sagt Weber. Das wäre in seinen Augen auch eine wichtige Voraussetzung für mehr Gründungen. Die gab es auch in den vergangenen fünf Jahren noch. Fünf Bundesländer weisen aktuell leichte Anstiege bei der Zahl der Brauereien auf. Allen voran Sachsen, wo die Zahl um 7 auf 84 wuchs. In Thüringen ging es um 4 auf 47 nach oben.