Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Fed geht «in die Vollen»: US-Notenbank setzt auf Zinssenkung

Mit einem großen Zinsschritt von 0,5 Prozentpunkten hat die Fed ihren Kurswechsel eingeleitet. Die Prognosen der Notenbank zeigen, dass weitere Zinssenkungen ins Haus stehen dürften.

Die US-Notenbank Fed sagt weitere Zinssenkungen voraus.
Foto: Richard Drew/AP

Die Federal Reserve hat erstmals seit Beginn der Coronapandemie den Leitzins gesenkt und plant weitere Zinssenkungen in diesem Jahr. Dies deutet darauf hin, dass die Fed die Wirtschaft unterstützen und gleichzeitig optimistisch im Kampf gegen hohe Verbraucherpreise ist. Die aktuellen Wirtschaftsprognosen der Notenbank zeigen ein positives Bild der Inflationsrate. Während des US-Wahlkampfs sorgt die Entscheidung der Fed auch in der Politik für Diskussionen, wobei der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump anscheinend nicht besonders begeistert ist.

Fed schaut auf den Arbeitsmarkt

Unternehmen und Verbraucher in den USA dürften die klare Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte als Erleichterung empfinden. Denn Kredite werden dadurch günstiger, wodurch Firmen eher investieren und Bürger weniger für Schulden ausgeben müssen.

Der Zinssatz liegt jetzt zwischen 4,75 und 5,00 Prozent. Bisher ist es der Fed zwar gelungen, mit ihrer restriktiven Geldpolitik die Inflation zu kontrollieren, ohne das Wirtschaftswachstum zu stark zu bremsen. Allerdings deuten aktuelle Daten darauf hin, dass der Arbeitsmarkt anfängt zu schwächeln.

«Wir versuchen, eine Situation zu erreichen, in der wir die Preisstabilität wiederherstellen können, ohne dass es zu einem schmerzhaften Anstieg der Arbeitslosigkeit kommt», betonte Fed-Chef Jerome Powell. Er machte jedoch deutlich, dass derzeit nichts auf eine gestiegene Rezessionsgefahr hindeute. Dennoch scheint sich die Fed mit ihrem jüngsten Zinsentscheid nun vor allem auf die konjunkturellen Risiken zu konzentrieren. 

Mehr Zinssenkungen als bisher erwartet

Denn die Änderung des Kurses der Notenbank der größten Volkswirtschaft der Welt ist durchaus bemerkenswert. Im Juni ging die Fed im Durchschnitt von einem Leitzins von 5,1 Prozent in diesem Jahr aus. Dieser Wert wurde in der neuen Prognose auf 4,4 Prozent nach unten korrigiert. Dies deutet auf einen weiteren großen Schritt um 0,5 Prozentpunkte oder zwei kleine Senkungen um je 0,25 Prozentpunkte hin.

«Die US-Notenbanker gehen bei der wohlvorbereiteten Zinswende direkt in die Vollen. Die fortschreitende Abkühlung am Arbeitsmarkt, die inzwischen mindestens so stark gewichtet wird wie die noch immer erhöhte Inflation, dürfte hierfür den Ausschlag gegeben haben», meint Elmar Völker, Analyst der Landesbank Baden-Württemberg. Auch Fed-Chef Powell entgegnete auf die Frage, ob die Fed nun die hohe Inflation für besiegt erklären könne: «Nein, das tun wir nicht. (…) Wir sagen nicht “Mission erfüllt” oder so etwas.»

Fed strebt Inflationsrate von 2 Prozent an

Die Vorhersage der Fed für die Inflationsrate ist jedoch ziemlich optimistisch: Sie soll im nächsten Jahr durchschnittlich bei 2,1 Prozent (Juni: 2,3 Prozent) liegen. Die US-Notenbank strebt mittelfristig eine Inflationsrate von 2 Prozent an. Auch bei der Kerninflation zeigen sich die Notenbanker recht hoffnungsvoll – sie berücksichtigt keine Lebensmittel- und Energiepreise und spiegelt nach Ansicht von Experten den allgemeinen Preistrend besser wider als die Gesamtrate. Hier erwartet die Fed im nächsten Jahr durchschnittlich 2,2 Prozent (Juni: 2,3 Prozent).

«Die Notenbank wird die Inflation genau im Auge behalten, die zuletzt aufgrund der Energiepreisentwicklung deutlich gesunken ist, im großen Dienstleistungssektor der US-Wirtschaft aber keinesfalls auf dem Zielniveau der Notenbank liegt», urteilt Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust.

Die Fed steht vor der Herausforderung, den hohen Verbraucherpreisen entgegenzuwirken. Ein zu hoher Zinssatz könnte eine Rezession auslösen. Wenn die Zinsen zu früh gesenkt werden, könnte die Inflationsrate erneut steigen. Im Sommer 2022 lag sie bei über 9 Prozent.

Trump ist nicht begeistert

Knapp vor der Präsidentenwahl am 5. November spielt die Zinspolitik der Fed auch im Wahlkampf eine Rolle. Donald Trump, der nach der Präsidentenwahl im November wieder ins Weiße Haus einziehen will, warf der Fed in der Vergangenheit vor, mit Zinssenkungen vor der Wahl die Stimmung zugunsten der aktuellen Regierung des demokratischen Präsidenten Joe Biden verbessern zu wollen. Auf den Zinsentscheid reagierte der Republikaner nun mit den Worten: «Ich denke, es zeigt, dass die Wirtschaft sehr schlecht ist, wenn man (die Zinsen) so deutlich senkt – vorausgesetzt, sie spielen nicht nur Politik.»

US-Präsident Biden hingegen feierte die Entscheidung der Notenbank und bewertete die Lage erwartungsgemäß völlig anders: «Wir haben gerade einen wichtigen Moment erreicht: Die Inflation und die Zinssätze sinken, während die Wirtschaft stark bleibt.» Die hohe Inflation hatte Bidens Präsidentschaft überschattet – und die wirtschaftliche Lage ist für die Menschen im Land das Topthema bei der anstehenden Wahl. Für die Demokraten geht US-Vizepräsidentin Kamala Harris ins Rennen. Sie nannte die Fed-Entscheidung «eine willkommene Nachricht für die Amerikaner, die die Hauptlast der hohen Preise zu tragen haben.»

Powell: Wir dienen keinem Politiker

Angesprochen auf Trump betonte Fed-Chef Powell, dass Länder mit unabhängigen Zentralbanken wie die USA oftmals eine niedrige Inflationsrate aufweisen würden. Trump hatte während seiner Zeit im Weißen Haus immer wieder öffentlich Druck auf die Fed ausgeübt. Powell betonte: «Wir dienen keinem Politiker, keiner politischen Figur, keinem Anliegen, keiner Sache, gar nichts. Es geht nur um maximale Beschäftigung und Preisstabilität im Namen aller Amerikaner.»

Die New Yorker Börsen profitierten am Mittwoch letztlich trotz erneuter Rekorde nicht nachhaltig von der deutlichen Zinssenkung der Fed. «Dafür, dass die große Senkung nur von einem Teil der Akteure erwartetet worden ist, fallen die ersten Reaktionen an den Börsen eher überschaubar aus», kommentierte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Auch der Euro profitierte nur kurz vom Fed-Zinsentscheid.

[US-Notenbank Fed senkt Leitzins erstmals seit Pandemie,Erleichterung für US-Unternehmen und Verbraucher durch deutliche Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte.]

 

 

dpa