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Finanzwende: Gesetz gegen Bürokratie hilft Steuerbetrügern

Mit einem Gesetz zu Bürokratieabbau will die Bundesregierung die Wirtschaft entlasten. Doch das Vorhaben erschwere den Kampf gegen milliardenschwere Steuerkriminalität, warnt der Verein Finanzwende.

Die frühere Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker setzt bei der Bürgerbewegung Finanzwende ihren Kampf gegen Finanzkriminalität fort. (Archivbild)
Foto: Oliver Berg/dpa

Im Kampf gegen milliardenschweren Steuerbetrug fürchtet die Bürgerbewegung Finanzwende Rückschläge wegen Gesetzesplänen der Bundesregierung. Der Verein kritisiert das Bürokratie-Entlastungsgesetz IV, das unter anderem eine Senkung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege und Rechnungen von zehn auf acht Jahre vorsieht. Doch Belege seien wichtige Beweismittel bei schweren Steuerdelikten wie Cum-Ex und Cum-Cum-Aktiendeals, warnte Finanzwende-Geschäftsführerin Anne Brorhilker. «Wenn das Gesetz so durchkommt, werden sehr viele Cum-Cum-Täter ungeschoren davonkommen, Milliarden an Steuergeldern sind dann unwiderruflich verloren.» 

Brorhilker: Täter werden die Schredder anwerfen

Als Oberstaatsanwältin in Köln hatte Brorhilker jahrelang selbst in Cum-Ex- und CumCum-Fällen ermittelt, bevor sie den Staatsdienst verließ. «Die Täter wissen sehr genau, welchen juristischen Sprengstoff sie in ihren Kellern und auf ihren Servern haben», sagt sie. «Sobald das Gesetz in Kraft ist, werfen die ihre Schredder an.» Der Verein hat eine Kampagne gegen das Gesetz gestartet, dass am 26. September im Bundestag beschlossen werden soll.

Banken und andere Investoren haben den deutschen Staat durch Cum-Ex-Deals um geschätzte mindestens zehn Milliarden Euro betrogen. Dabei wurden Aktien mit und ohne Ausschüttungsanspruch rund um den Dividendenstichtag gehandelt, und Finanzämter erstatteten am Ende nicht gezahlte Kapitalertragssteuern. Cum-Cum-Geschäfte sind ähnlich und verbreiteter, aber noch weniger aufgeklärt.

Für diese Delikte seien die Verjährungsfristen wegen der komplexen Ermittlungen eigens von 10 auf 15 Jahre erhöht wurde, sagte Brorhilker. «Es ist ohnehin unsinnig, dass die Aufbewahrungsfristen kürzer sind als die Verjährungsfristen.»

Schwere Folgen für neue Ermittlungen befürchtet

Cum-Ex- und Cum-Cum-Fälle, in denen schon ermittelt werde, seien zwar nicht von der Neuregelung betroffen – dafür aber alle Fälle, bei denen noch keine Ermittlungen liefen. «Gerade bei Cum-Cum kennen wir bisher nur die Spitze des Eisbergs – und den Rest werden wir mit diesem Gesetz vielleicht nie kennenlernen», glaubt Brorhilker. 

Der Schaden durch Cum-Cum wird konservativ auf etwa 28,5 Milliarden Euro geschätzt, von denen bisher nur ein kleiner Teil zurückgeholt wurde. Brorhilker forderte die Bundesregierung auf, für Tempo zu sorgen, auch angesichts der Zwänge im Bundeshaushalt.

dpa