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Flugtaxi-Hersteller Volocopter meldet Insolvenz an und sucht Investoren

Das Unternehmen benötigt eine Finanzierung für den Markteintritt. Trotz Insolvenzverfahren optimistisch für Musterzulassung und Zukunftsaussichten.

Eigentlich wollte Volocopter schon im Sommer zu den Olympischen Spielen Passagiere befördern. Nun hat das Unternehmen ganz andere Sorgen. (Archivbild)
Foto: Mosa'ab Elshamy/AP/dpa

Der Flugtaxi-Hersteller Volocopter, der in Schwierigkeiten ist, hat Insolvenz angemeldet und ist auf der Suche nach Investoren. Das Unternehmen aus Bruchsal in Baden gab bekannt, dass das Amtsgericht Karlsruhe Tobias Wahl von Anchor Rechtsanwälte zum vorläufigen Insolvenzverwalter ernannt hat.

Der Anwalt kündigte an, bis Ende Februar ein Sanierungskonzept entwickeln und mit Investoren umsetzen zu wollen. «Das Unternehmen benötigt jetzt eine Finanzierung, die es ermöglicht, die letzten Schritte zum Markteintritt zu gehen.»

Volocopter benötigt immer noch eine Musterzulassung von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (Easa), um mit den senkrecht startenden vollelektrischen Fluggeräten Passagiere befördern zu dürfen. Trotz des am zweiten Weihnachtstag angemeldeten Insolvenzverfahrens geht das Unternehmen davon aus, dass diese im neuen Jahr erteilt wird und es dann losgehen kann.

«Wir sind sowohl technologisch als auch bei der Flugerfahrung sowie im Zertifizierungsprozess im nationalen und internationalen Wettbewerb ganz weit vorne», sagte Volocopter-Chef Dirk Hoke, der das Unternehmen Ende Februar verlässt. 

Parallelen zu Lilium

«Der Geschäftsbetrieb läuft weiter», teilte eine Sprecherin mit. «Ziel ist ein Erhalt der Arbeitsplätze und das Insolvenzverfahren zu nutzen, um Volocopter zu sanieren und nachhaltig wettbewerbsfähig aufzustellen.» Unter Hoke sei die Zahl der Mitarbeitenden von rund 700 auf derzeit 500 gesenkt worden.

Erst Mitte November wurde Oliver Vogelgesang von Volocopter zum Finanzchef ernannt. Er war zuvor beim ebenfalls insolventen Elektroflugzeug-Pionier Lilium in Bayern tätig. Das Start-up-Unternehmen gab erst Heiligabend bekannt, dass das Investorenkonsortium Mobile Uplift Corporation den Betrieb übernehmen werde. Laut einem Sprecher sollen die 750 Mitarbeiter, denen kurz vor Weihnachten gekündigt wurde, wieder eingestellt werden. Im Gegensatz zu Volocopter wird das Insolvenzverfahren dort in Eigenverwaltung durchgeführt.

Keine Hilfe vom Staat 

Die CSU-Politikerin Dorothee Bär hatte die Flugtaxi-Branche mit einem Interview vor einigen Jahren in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Doch so richtig zum Laufen kam der Industriezweig in Deutschland nicht. Lilium und Volocopter hatten in der Vergangenheit immer wieder finanzielle Unterstützung gesucht.

Die staatliche Unterstützung aus Baden-Württemberg und Bayern, die im Laufe des Jahres diskutiert wurde, blieb aus. Es ging zuletzt um jeweils 50 Millionen Euro vom Bund und Bayern. Letztendlich kam das Geld jedoch von Investoren.

Laut Bloomberg war der chinesische Mischkonzern Geely später an einer Übernahme des Flugtaxi-Start-ups Volocopter interessiert. Volocopter wollte zu diesem Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben.

Nachfolgesuche für Chefposten

Nun heißt es in der Erklärung, in der Vergangenheit hätten zahlreiche Finanzierungsrunden die Entwicklung und den Betrieb vorangetrieben. Bis vor kurzem habe Volocopter so in einem äußert schwierigen Finanzumfeld bestanden. «Trotz intensiver Bemühungen ist es dennoch nicht gelungen, eine tragfähige Lösung zu finden, um den regulären Betrieb außerhalb eines Insolvenzverfahrens der Volocopter GmbH aufrechtzuerhalten.»

Hoke hatte die Politik nach den nicht erhaltenen Hilfen kritisiert und ihr fehlende Unterstützung vorgeworfen: «Natürlich richtet man in einer derart technologisch komplexen und kapitalintensiven Branche wie unserer auch den Blick in Richtung des Staates», sagte er dem Magazin «Capital».

Der Abgang des CEO im Frühjahr steht jedoch in keinem Zusammenhang mit der Insolvenz und ist bereits seit langem bekannt. Der ehemalige Daimler-Chef Dieter Zetsche soll als Beiratsvorsitzender einen Nachfolger suchen.

In Deutschland nur Einsätze im Rettungswesen?

Während der Olympischen Spiele in Paris plante Volocopter eigentlich, Menschen fliegen zu lassen. Obwohl das Unternehmen noch keine Genehmigung für den kommerziellen Passagierbetrieb hat, sind die Flugtaxis dennoch präsent. Es fanden Show-Flüge in der Nähe von Schloss Versailles und regelmäßige Testflüge statt. Volocopter ist auch berechtigt, Piloten auszubilden.

Das Start-up hat Städte wie Rom und Osaka auf der Agenda. Regelmäßige Flüge in Deutschland haben jedoch keine Priorität, da die Städte hierzulande den Angaben zufolge nicht so groß und dicht besiedelt sind. Außerdem verfügen sie über autarke Nahverkehrsnetze. In Deutschland kooperiert Volocopter mit der ADAC-Luftrettung, um beispielsweise den Einsatz für Rettungszwecke zu testen.

Obwohl beworben als nachhaltig und leise sind die modernen Fluggeräte nicht unumstritten: Eine Analyse des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim von elf Untersuchungen ergab, dass sich Reisezeiten kaum verkürzten, während die Kosten und im Vergleich zu E-Autos auch die CO2-Emissionen stiegen. «Nützlich kann urbane Luftmobilität vor allem bei Notfalleinsätzen sowie zum Anbinden entlegener Regionen sein.»

dpa