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Politische Krise in Frankreich bedroht Wirtschaftsstabilität

Wird Frankreich eine Staatsschuldenkrise vermeiden können? Experten sind skeptisch, während die Zinsen für Staatsanleihen steigen.

Anfang der Woche wird der Sturz von Premier Bayrou und seiner Regierung erwartet. (Archivbild)
Foto: Thomas Samson/AFP/dpa

Der drohende Regierungssturz in dem hoch verschuldeten Frankreich Anfang kommender Woche und die befürchtete Fortsetzung der politischen Krise haben Besorgnis über wirtschaftliche Instabilität in dem wichtigen EU-Land ausgelöst. Angesichts der hohen Schuldenlast und des Streits um seinen Sparhaushalt mit geplanten Einsparungen von 43,8 Milliarden Euro hatte Frankreichs Premier François Bayrou Ende August überraschend angekündigt, im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Alles deutet darauf hin, dass er die Abstimmung am Montagnachmittag verliert.

Die Frage lautet, ob Frankreich Gefahr läuft, dass die Schuldenproblematik ausufert und negative wirtschaftliche Konsequenzen drohen. Genau vor einer solchen Entwicklung hatte der Premierminister gewarnt, falls Frankreich nicht parteiübergreifend das Verschuldungsproblem angeht und einen Sparhaushalt einführt. Derzeit gibt es keine Mehrheit im Parlament dafür.

Höchster Schuldenberg in Europa

Der bereits hohe öffentliche Schuldenstand in Frankreich ist kürzlich auf etwa 114 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen. Somit ist Frankreich nach Griechenland und Italien das Land im Euroraum mit der höchsten Schuldenquote. In absoluten Zahlen hat Frankreich mit etwa 3.300 Milliarden Euro den größten Schuldenberg im Euroraum. Die Staatsausgaben in Frankreich gehören derzeit ebenfalls zu den höchsten in Europa.

Trotz der politischen Unsicherheit gehen Experten jedoch nicht von einer Staatsschuldenkrise aus. «Jeder drohende Regierungssturz in einem Land der Eurozone ist besorgniserregend», sagte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, kürzlich in einem Interview mit dem Sender Radio Classique. Das französische Bankensystem sei jedoch besser positioniert als während der letzten Finanzkrise, und sie erwarte auch nicht, dass Frankreich den Internationalen Währungsfonds (IWF) um Hilfe zur Sanierung seiner Finanzen bitten werde.

Neue Anleihen für Paris immer teurer

Fakt ist aber, dass Frankreich angesichts der politischen Hängepartie und bislang ausbleibender Sparanstrengungen für neue Staatsanleihen inzwischen höhere Zinsen zahlt für Staatsanleihen als Griechenland und beinahe so viel wie Italien. «Die Anleger sind besorgt über die hohe und weiter steigende Staatsverschuldung Frankreichs. Die Anleihenrenditen sind bereits deutlich stärker gestiegen in Frankreich als beispielsweise in Italien und mittlerweile liegt die Rendite zehnjähriger französischer Staatsanleihen kaum noch unter der italienischer», kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Kramer hält es für unrealistisch, dass Frankreich unter einem neuen Premierminister das Haushaltsdefizit von zuletzt 5,8 Prozent im kommenden Jahr wie von Finanzminister Eric Lombard angestrebt, auf 4,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, mangels einer Mehrheit für Reformen im Parlament.

Strukturreformen erforderlich

Gemäß einer aktuellen Einschätzung der US-Investmentbank Goldman Sachs wird die Hauptwirtschaftsherausforderung für Frankreich darin bestehen, die Staatsverschuldung zu stabilisieren. Zusätzlich muss das Land dringend Strukturreformen wieder aufnehmen, um das Wachstum zu fördern. Premierminister Bayrou hatte gefordert, dass Frankreich mehr produzieren müsse – jedoch hatte er mit seinem Plan, zwei Feiertage zu streichen, eine Mehrheit der Bevölkerung gegen seine Sparpläne aufgebracht.

dpa