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Geflügelpest bleibt akut – Experten sehen keine Entspannung

Die Zahl der Vogelgrippe-Ausbrüche in Geflügelbetrieben steigt weiter. Mehr als 500.000 Nutztiere mussten getötet werden, um die Ausbreitung einzudämmen. Fachleute erwarten keine schnelle Entspannung.

Das Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit rechnet mit einem Andauern der Geflügelpest und einer Ausdehnung auch weiter nach Süden. (Illustration)
Foto: Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa

Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) rechnet nicht mit einem raschen Abflauen der aktuellen Vogelgrippe-Welle in Deutschland, hält eine Verlagerung des Infektionsgeschehens Richtung Süden aber für wahrscheinlich. «Wir sehen weiterhin stetig steigende Zahlen, eine Beruhigung der Lage ist nicht in Sicht», sagte Instituts-Präsidentin Christa Kühn. «Auf der Europakarte ist anhand der Fälle bei Wildvögeln eindrücklich quasi der Herbstvogelzug Richtung Südwesten abzulesen.» 

Die Vogelgrippe, auch bekannt als Geflügelpest, ist eine Infektionskrankheit, die bei vielen Vogel- und Geflügelarten oft tödlich verläuft. Um zu verhindern, dass das hochansteckende Virus H5N1, das unter Wildvögeln grassiert, in großen Geflügelbetrieben eingeschleppt wird, sind weiterhin höchste Aufmerksamkeit und die strikte Einhaltung der Hygienevorschriften sowie Schutzmaßnahmen erforderlich, mahnte Kühn.

Schon Hunderttausende Nutztiere vorsorglich getötet 

Von Anfang September bis Ende Oktober wurden bundesweit ungefähr 50 Vogelgrippe-Ausbrüche in kommerziellen Geflügelhaltungen registriert, wie das Loeffler-Institut für Tiergesundheit mit Sitz in Greifswald bekannt gab. Innerhalb einer Woche hat sich die Anzahl fast verdoppelt. Über 500.000 Hühner, Enten, Gänse und Puten wurden vorsorglich getötet und entsorgt, um die Ausbreitung der Seuche zu stoppen. Besonders betroffen waren bisher die Bundesländer Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.

Bereits jetzt liegt die Gesamtzahl der im Jahr 2025 erfassten Betriebe mit 85 über dem Wert des Jahres 2017, in dem die bislang dritthöchste Ausbreitung der Geflügelpest in Deutschland registriert wurde. Die schlimmsten Seuchenzüge ereigneten sich 2021 und 2022. Im Jahr 2021 waren laut FLI 286 Geflügelfarmen von der Vogelgrippe betroffen. Der Fachpresse zufolge wurden damals mehr als zwei Millionen Nutztiere getötet.

Hohe Infektionszahlen bei Wildvögeln – Viele tote Kraniche 

Laut dem Friedrich-Loeffler-Institut fordert die Geflügelpest weiterhin viele Opfer unter Wildvögeln. Bei etwa 250 eingesandten Tierkadavern wurde im Referenzlabor das Virus H5N1 nachgewiesen. Aufgrund der dynamischen Entwicklung sind die Daten jedoch nur Momentaufnahmen, die tatsächliche Anzahl der verendeten Tiere ist viel höher. Obwohl die örtlichen Veterinärbehörden bereits stark belastet sind, bleibt die Bergung toter Wildvögel wichtig, betonte FLI-Chefin Kühn.

Die Experten des Instituts sind überzeugt, dass die hochpathogene aviäre Influenza (HPAIV) vom Subtyp H5N1 weitgehend mit dem Herbstzug der Wildvögel eingeschleppt wird. Die Anzahl der tot aufgefundenen Tiere spiegelt nicht die tatsächliche Viruslast in der Wildvogel-Population wider. Viele Wasservögel scheiden das Virus über den Kot aus, ohne selbst schwer zu erkranken.

In diesem Jahr sei auffällig, dass trotz der weiten Verbreitung des Virus bislang keine große Anzahl verendeter Wildenten oder Wildgänse festgestellt wurde, wurde weiter berichtet. Jedoch hat die Vogelgrippe unter Kranichen in diesem Herbst ein Massensterben verursacht. Diese Art von Ereignis werde erstmals in Deutschland beobachtet.

Vereinzelt Stallpflicht angeordnet

Nachdem tote Kraniche mit nachgewiesenem H5N1 gefunden wurden, haben das Saarland und Hamburg als erste Bundesländer eine landesweite Stallpflicht für Nutzgeflügel eingeführt. Dadurch soll das Risiko verringert werden, dass die Geflügelpest auf Zucht-, Mast- und Hausgeflügelbestände übergeht. In anderen Bundesländern ist die Stallpflicht regional begrenzt.

Umweltverband Nabu fordert transparente Ursachenforschung 

Der Umweltschutzverband NABU äußerte indes erneut Zweifel daran, dass Wildvögel die Ursache für Ausbrüche der hochpathogenen Vogelgrippe H5N1 sind. Dies sei bisher nicht belegt, hieß es in einer Mitteilung des NABU-Landesverbandes Brandenburg. Vieles deute darauf hin, dass Wildvögel erst dann mit den Viren infiziert seien, wenn diese vorher in der Geflügelwirtschaft zirkulierten. «Die Entlüftungen der Massenhaltungsbetriebe und das Ausbringen von Geflügeldung auf die Maisäcker sind hierbei mögliche Ausbreitungswege des Virus», hieß es. Der NABU forderte eine solide und transparente Ursachenforschung und bessere Vorsorge in den Betrieben. 

Gemäß dem Loeffler-Institut gibt es jedoch keine Anzeichen dafür, dass Abflüsse aus Tierhaltungen einen signifikanten Einfluss auf das Geschehen im Wildvogelbereich haben. Die bisherigen Ausbrüche der Vogelgrippe betrafen einzelne Betriebe, ohne Hinweise auf Infektionsketten zwischen Geflügelhaltungen.

Analysen hätten eine höhere genetische Virus-Diversität in Wildvogelpopulationen ergeben. «Ein Hinweis auf eine eigenständige Viruszirkulation in Wildvögeln mit sporadischer Einschleppungen in Geflügelbestände. Ausbrüche in Geflügelbeständen, die auf sekundäre Verschleppungen zwischen Betrieben deuten würden, sind bisher in Deutschland Ausnahmen», teilte das Institut auf Anfrage mit.

dpa