Die Geflügelpest-Fallzahlen in Deutschland steigen derzeit rasant. Laut zuständigem Bundesinstitut sind der jüngsten Infektionswelle bereits 1,5 Millionen gehaltene Tiere zum Opfer gefallen.
Geflügelpest bringt Veterinärlabore an Belastungsgrenze

Die sich weiterhin rasant ausbreitende Geflügelpest stellt eine große Belastung für die zuständigen deutschen Labore dar. «Bei den momentanen Zahlen gelangen sowohl die Landesveterinärlabore als auch unser nationales Referenzlabor an die Belastungsgrenze», teilte Christa Kühn, Präsidentin des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) bei Greifswald der Deutschen Presse-Agentur mit. Insbesondere bei Verdachtsfällen bei Wildvögeln könne es zu Verzögerungen kommen, da Verdachtsfälle in Geflügelhaltungen mit höchster Priorität untersucht würden.
«Wir sehen eine rasante Zunahme der Ausbrüche in Geflügelhaltungen und parallel Fällen bei Wildvögeln», erklärte Kühn. «Der Anstieg ist steiler als im Herbst 2020/2021, einem der bisher schlimmsten Geflügelpestwinter. Trotz anhaltender Aufmerksamkeit der Geflügel-haltenden Betriebe findet das Virus anscheinend jede noch so kleine Lücke.»
Rund 1,5 Millionen gehaltene Tiere verendet oder getötet
Gemäß FLI kommen täglich neue Ausbrüche in Geflügelhaltungen hinzu. Die seit Anfang September gemeldeten Fälle näherten sich zuletzt der Marke von 100 (Stand 11.11. um 18.10 Uhr). Etwa 1,5 Millionen gehaltene Tiere sind aufgrund einer Infektion gestorben oder wurden vorsorglich aufgrund eines Ausbruchs getötet. Auch die Anzahl der bestätigten Fälle bei Wildvögeln steigt weiterhin stark an. Seit Anfang September sind es mittlerweile rund 800. Die Dunkelziffer und die Anzahl der tot aufgefundenen Wildvögel sind höher.
Das FLI bewertet alle Risiken, die Geflügelhaltungen, Vogelbestände oder Wildvögel betreffen, als hoch. Dies beinhaltet die Verbreitung des Virus in Wildvogelpopulationen und den Eintrag in Geflügel- und Vogelhaltungen, einschließlich Zoos. Kühn forderte die Halter auf, bei der Überprüfung der Sicherheitsmaßnahmen nicht nachzulassen.
Tschechische Betriebe erstmals seit Mai wieder betroffen
Die Geflügelpest wurde kürzlich auch in Tschechien erstmals seit Mai wieder in kommerziellen Zuchtbetrieben festgestellt. In der Gemeinde Valdikov wurde bei einer Firma mit 20.000 Gänsen der hochpathogene Geflügelpest-Erreger H5N1 nachgewiesen, wie die staatliche Veterinärbehörde SVS in Prag am Dienstag bekannt gab. Auch ein Zuchtbetrieb in Lanskroun am Fuße des Adlergebirges ist betroffen. Dort müssen voraussichtlich 55.000 Hühner gekeult werden, so das Agrarministerium.
Die Geflügelpest, auch Vogelgrippe genannt, ist eine bei vielen Vogel- und Geflügelarten häufig tödlich verlaufende Infektionskrankheit. Vor allem unter Kranichen hat sie in Deutschland in diesem Herbst ein Massensterben ausgelöst. Aber auch bei weiteren Wildvogelarten gibt es laut FLI zunehmend Nachweise des Virus. Bei diesen sei die Mortalität vermutlich geringer, dennoch könnten diese Arten zu einer weiteren Zirkulation des Virus unter Wildvögeln und zu einem hohen Infektionsdruck in der Umwelt beitragen. «Dieser könnte unabhängig vom Vogelzug so über den Winter anhalten», teilte eine FLI-Sprecherin mit.
Es hängt davon ab, ob Infektionen schnell erkannt und Sicherheits- und Bekämpfungsmaßnahmen konsequent umgesetzt werden, ob dies zu weiteren Ausbrüchen in Geflügelhaltungen führt.
Alois Rainer zum Antrittsbesuch beim FLI
Im Falle eines Ausbruchs etwa in einem Geflügelbetrieb wird in der Regel der gesamte Bestand gekeult. Die Zahl der betroffenen Tiere ist dann mitunter fünf- oder gar sechsstellig. Die Unterbringung von Geflügel in Ställen soll den Kontakt mit Wildvögeln verhindern und so vor einem Eintrag schützen. «Im Bereich der Wildvögel bestehen kaum Möglichkeiten, die Ausbreitung zu stoppen und das dortige Tierleid zu mindern», erklärte die FLI-Sprecherin.
Beim Antrittsbesuch des Bundeslandwirtschaftsministers am FLI-Hauptstandort auf der Insel Riems bei Greifswald wird die Geflügelpest heute ein wichtiges Thema sein. Alois Rainer (CSU) wird während eines Rundgangs auf dem weitläufigen Institutsgelände auch eine Hochsicherheitsschleuse sowie das Labor der höchsten Biosicherheitsstufe S4 besichtigen. Neben dem Schutz vor Infektionskrankheiten und Tierseuchen, die auch für den Menschen gefährlich sein können, liegt ein Schwerpunkt des FLI auf dem Tierwohl landwirtschaftlicher Nutztiere.








