Das Gericht lässt Darstellung Brauns wenig Bedeutung beim Betrug zukommen, trotz dessen Beteuerung der Unschuld.
Wirecard-Prozess: Anzeichen für Verurteilung mehren sich
Im Münchner Wirecard-Prozess mehren sich die Anzeichen für eine Verurteilung des früheren Vorstandschefs Markus Braun. Das Gericht ließ am 208. Prozesstag durchblicken, dass es der Darstellung Brauns keine große Bedeutung beimisst, selbst vom abgetauchten Ex-Vertriebsvorstand Jan Marsalek und dessen Komplizen getäuscht worden zu sein. «Für den Betrug spielt das «objektiv keine Rolle», sagte der Vorsitzende Richter Markus Födisch. Der österreichische Manager beteuerte mehrfach seine Unschuld: «Tatsache ist: Ich habe es nicht gewusst», sagte Braun, den Tränen nahe.
«Nie jemand gesagt, dass er fälschen oder veruntreuen soll»
Laut der Staatsanwaltschaft soll Braun gemeinsam mit dem ehemaligen Vertriebsvorstand Marsalek und anderen Komplizen die Wirecard-Bilanzen über Jahre hinweg manipuliert haben, indem sie nicht existierende Umsätze und Gewinne vortäuschten und somit die kreditgebenden Banken betrugen.
Braun dagegen argumentiert, dass Marsalek und dessen Bande zwei Milliarden Euro veruntreut hätten und den Konzern nur benutzten, um unter der Hand Geschäfte auf eigene Rechnung zu betreiben. «Ich habe nie jemand gesagt, dass er etwas fälschen oder veruntreuen soll», sagte der um Fassung ringende Braun. Bislang war der Hauptangeklagte in dem seit Dezember 2022 laufenden Prozess nie so emotional aufgetreten.
Richter sieht keine Entlastung Brauns
«Wenn Sie sagen, es gibt eine Tätergruppe, die Veruntreuungen begangen hat, wieso entlastet das Herrn Dr. Braun», fragte dagegen der Vorsitzende Richter Födisch die Verteidigerinnen.
Das bezieht sich darauf, dass Grundlage der Anklage die falschen Bilanzen sind: Der Dax-Konzern brach im Juni 2020 zusammen, weil 1,9 Milliarden Euro fehlten, die angeblich auf Treuhandkonten in den Philippinen lagen. Maßgeblich für das Urteil wird die Bewertung dieses Hauptvorwurfs durch das Gericht sein – nicht die Frage, ob Marsalek noch eigene krumme Geschäfte betrieb. Die in der Wirecard-Bilanz verbuchten 1,9 Milliarden sind bis heute vermisst, nach Feststellung des Insolvenzverwalters existierten die Milliarden nie.
«Wenn wir es» – das Geld – »gefunden hätten, würden wir uns freuen», warf Staatsanwältin Inga Lemmers ein, die Braun in einem hitzigen Wortgefecht anging: «Immer, wenn es für Sie nicht so gut läuft, kommt eine andere Darstellung.» Der österreichische Manager wehrte sich: «Ich bleibe analytisch, und Sie versuchen, hier Polemik zu machen.»