Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Peruanischer Bauer scheitert mit «Klimaklage» gegen RWE

Muss sich der Kohlekraftwerksbetreiber RWE an Schutzmaßnahmen gegen eine mögliche Flutwelle durch einen Gletschersee in Peru beteiligen? Das OLG Hamm sagt nein – und aber.

Revision ließ das Gericht nicht zu.
Foto: Bernd Thissen/dpa

Die Kosten, die angefallen sind, sind enorm, viele Menschen haben sich über Jahre an der sogenannten Klimaklage eines peruanischen Bauern und Bergführers gegen den Energiekonzern RWE beteiligt. Der Vorsitzende Richter Rolf Meyer am Oberlandesgericht (OLG) Hamm sprach bei der Urteilsbegründung von einem bedeutenden Prozess. Allein die Gerichts- und Gutachterkosten belaufen sich auf rund 800.000 Euro.

Das Gericht wies schließlich die Klage des Peruaners ab. Der Landwirt und Bergführer Saúl Luciano Lliuya hatte gehofft, dass RWE sich an den Kosten für Schutzmaßnahmen gegen eine potenzielle Flutwelle vom Gletschersee Palcacocha beteiligen würde. Zuvor hatte das Landgericht Essen bereits über die Klage verhandelt.

Gericht stützt sich auf Gutachten von Sachverständigen 

Der Vorsitzende Richter Meyer begründete das Urteil damit, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Haus des Klägers in den nächsten 30 Jahren durch eine Flutwelle, beispielsweise durch einen Gletscherabbruch oder einen Felssturz, beschädigt werden könnte, als zu gering angesehen wird. Diese Einschätzung basiert auf Gutachten von Sachverständigen.

Das Bürgerliche Gesetzbuch ist die Rechtsgrundlage. Nach dem OLG könnte der Kläger möglicherweise einen Anspruch darauf haben, dass RWE als Verursacher von CO2-Emissionen verpflichtet werden könnte, Kosten beispielsweise für einen Schutzdamm zu tragen. Die Entfernung zwischen RWE in Deutschland und dem Kläger in Peru ist dabei unerheblich.

Das OLG hat hervorgehoben, dass RWE nicht den bestehenden Versorgungsauftrag nach deutschem Recht nutzen kann, um die Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers in Peru zu rechtfertigen. Es konnte jedoch in diesem konkreten Fall keine konkrete Gefahr für sein Grundstück nachgewiesen werden.

Der Vorsitzende Richter führte in seiner Begründung ausführlich aus, dass die Gefahren durch den Ausstoß von CO2 lange bekannt und wissenschaftlich belegt seien. Er verwies auf Studien aus den 1960er Jahren in den USA und auf Erkenntnisse von deutschen Forschern. Das jetzt vom OLG gefällte Urteil sei aber nichts Neues, betonte Meyer. Das sei ständige Rechtssprechung in Deutschland. «Wir haben uns nichts Neues ausgedacht», sagte er. 

Das Oberlandesgericht hat die Revision abgelehnt. Aufgrund des niedrigen Streitwerts ist daher keine Beschwerde möglich. Der Weg zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe ist somit ausgeschlossen.

Greenpeace sieht Erfolg für Klimaschützer 

Roda Verheyen, Rechtsanwältin von Luciano Lliuya bedankte sich im Namen ihres Mandanten für die Ernsthaftigkeit, mit der das Gericht den Fall behandelt habe. «Große Emittenten können für die Folgen ihrer Treibhausgasemissionen zur Verantwortung gezogen werden. Deutsches Zivilrecht ist im Kontext der Klimakrise anwendbar», sagte Verheyen laut Mitteilung. 

Zwar habe das Gericht das Flutrisiko für ihren Mandanten selbst als nicht ausreichend hoch bewertet. Aber klar sei: «Das Urteil von heute ist ein Meilenstein und wird Klimaklagen gegen fossile Unternehmen und damit der Abkehr von fossilen Brennstoffen weltweit Rückenwind geben.»

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace sprach von einem Erfolg für Klimaschützer, weil das Gericht klar sage: «große klimaschädliche Unternehmen können zur Rechenschaft gezogen werden». Es betone die Verantwortung dieser Unternehmen für die Klimakrise. 

RWE: Versuch gescheitert, juristischen Präzedenzfall zu schaffen 

Laut RWE ist der Versuch von Nicht-Regierungsorganisationen, über die Klage einen Präzedenzfall zu schaffen, um Unternehmen nach deutschem Recht weltweit für die Auswirkungen des Klimawandels verantwortlich zu machen, mit der OLG-Entscheidung gescheitert.

RWE habe eine solche zivilrechtliche «Klimahaftung» nach deutschem Recht für unzulässig gehalten. Sie hätte unabsehbare Folgen für den Industriestandort Deutschland, weil letztlich gegen jedes deutsche Unternehmen Ansprüche aus Klimafolgeschäden irgendwo auf der Welt geltend gemacht werden könnten.

dpa