Die Sparneigung der Verbraucher und die Angst vor steigenden Preisen belasten den Einzelhandel in Deutschland.
Einzelhändler in Deutschland kämpfen mit Geldsorgen und sinkender Kundenfrequenz
Im Jahr 2025 sollte vor allem eines – besser werden als 2024 und 2023. Viele Einzelhändler in Deutschland haben mit großer Hoffnung begonnen, aber wurden bisher enttäuscht. Sie kämpfen immer noch mit den gleichen Problemen. Das größte davon ist: Viele Menschen in Deutschland sind sehr sparsam und halten sich beim Einkaufen deutlich zurück.
«Die Haushalte sparen aus Vorsicht und Vorsorge», sagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE). Die Lebenshaltungskosten seien weiterhin hoch. Zudem gebe es bei Verbrauchern eine große Angst, dass Kriege und Konflikte eskalieren.
Es gibt kaum Anzeichen dafür, dass sich bald etwas ändern könnte. Eine Umfrage zeigt, wie ernst die Lage ist. Im Mai wurden rund 1.000 Menschen vom Handelsforschungsinstitut IFH Köln befragt. Die Hälfte fühlt sich daher durch die Wirtschaftskrise stark verunsichert. Ebenso viele haben Angst, ihren Lebensstandard nicht mehr halten zu können. 42 Prozent haben geplante Ausgaben verschoben. Die Werte liegen teilweise sogar über denen des Vorjahres.
Nur ein Viertel der Händler rechnet 2025 mit Umsatz-Plus
Auch im Einzelhandel herrscht eine gedrückte Stimmung. Gemäß einer Umfrage des HDE unter rund 650 Handelsunternehmen berichtet etwa die Hälfte, dass sich ihre Geschäftslage im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert hat. 33 Prozent sehen keine Veränderung, nur 16 Prozent eine Verbesserung. Fast drei Viertel der Händler geben an, dass die Kundenfrequenz in ihren stationären Geschäften in den letzten zwei Jahren gesunken ist. Nur bei 10 Prozent ist sie gestiegen.
Etwa 25 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass die Umsätze im Jahr 2025 leicht oder deutlich höher sein werden als im Vorjahr. In den Branchen Lebensmittel, Uhren und Schmuck sowie Heim- und Haustextilien ist die Stimmung etwas optimistischer. Händler von Haushaltswaren, Fahrrädern und Bekleidung sind besonders pessimistisch gestimmt.
Der Handelsexperte Johannes Berentzen sieht den Grund für die Sparsamkeit nach wie vor im Ukraine-Krieg. Seit Beginn der Kampfhandlungen im Jahr 2022 klaffe eine deutliche Lücke zwischen Kauf- und Sparneigung. Er rechnet nicht damit, das sich die Stimmung 2025 noch spürbar verbessert. «Das ist nur denkbar, wenn sich die Weltpolitik beruhigt und es dem Handel gelingt, Anreize zu bieten, etwa durch mehr Erlebnis in den Geschäften», sagt der Geschäftsführer der Handelsberatung BBE.
Starke Preissteigerungen bei einigen Lebensmitteln
Die Inflation hat sich zwar zuletzt abgeschwächt, aber das entspricht oft nicht dem Gefühl der Verbraucher. Sie spüren die steigenden Preise weiterhin stark im Alltag; viele Lebensmittel werden immer noch teurer. Eine Tafel Schokolade kostete im Mai durchschnittlich 28 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, bei Bohnenkaffee stiegen die Preise um 19,5 Prozent. Orangensaft und Rinderhackfleisch sind laut Statistischem Bundesamt jeweils um 15 Prozent teurer geworden, Beerenfrüchte um 14 Prozent.
Das beeinflusst das Einkaufsverhalten. Gemäß einer Umfrage des IFH achten derzeit fast 80 Prozent mehr auf Preise und Angebote – nicht nur im Supermarkt. Die Kunden kaufen zunehmend nur das Nötigste, spontane Einkäufe gehen zurück, so HDE-Präsident Alexander von Preen. Viele sind so starkem Preisdruck ausgesetzt, dass sie nur im unteren Preissegment einkaufen können und immer weniger teurere Marken kaufen. Besonders häufig wird laut einer Umfrage des Preisvergleichsportals Idealo bei Bekleidung und Accessoires gespart.
Der HDE behält trotzdem seine zu Jahresbeginn aufgestellte Prognose bei. Bis 2025 wird im Einzelhandel ein nominelles Umsatzplus von zwei Prozent erwartet. Real, also inflationsbereinigt, würde dies lediglich einem Zuwachs von 0,5 Prozent entsprechen. Es gibt jedoch einen kleinen Hoffnungsschimmer: Die Verbraucherstimmung zeigt einen Aufwärtstrend. Das HDE-Konsumbarometer erreicht im Juli den höchsten Wert seit einem Jahr.
«Die Shoppinglaune der Deutschen kommt langsam»
Der Onlinehandel könnte sich etwas verbessern: Der Handelsverband prognostiziert für 2025 einen nominalen Umsatzanstieg von vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Laut IFH Köln kaufen Konsumenten in vielen Bereichen – wie persönliche Ausstattung, Wohnaccessoires, Möbel, Heimwerken – immer öfter im Internet.
«Die Shoppinglaune der Deutschen kommt langsam, aber stetig zurück. Davon profitiert vor allem der Onlinehandel», sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des E-Commerce-Verbandes BEVH, Martin Groß-Albenhausen.
Jedoch profitieren nicht nur Unternehmen in Deutschland davon. Laut BEVH erzielten asiatische Shoppingportale wie Temu, Shein und AliExpress gut ein Drittel des Umsatzwachstums, das der Onlinehandel im ersten Halbjahr hierzulande verzeichnen konnte. Im Bereich Mode entfielen 14 Prozent aller Bestellungen auf diese Anbieter, bei Modeschmuck sogar mehr als 28 Prozent.