Auf Bahnfahrten hat man Zeit – etwa zum Film-Streaming oder für Videotelefonate. Das Mobilfunknetz ist nun besser geworden. Doch damit sind noch nicht alle Schwierigkeiten beseitigt.
Handynetz an Bahnstrecken wird besser – aber noch Lücken
Im Fernzug durch Deutschland reist man heutzutage mit einem verbesserten Handynetz. Die Deutsche Telekom und die Deutsche Bahn haben bekannt gegeben, dass die Antennen des Bonner Konzerns nun 99 Prozent der Hauptstrecken abdecken, auf denen ICE-Fernzüge und wichtige IC-Züge fahren, mit einer Datenrate von mindestens 200 Megabit pro Sekunde. Dies entspricht einem Anstieg um 12 Prozentpunkte im Vergleich zu 2021.
Es begann eine Zusammenarbeit, in der die Bahn der Telekom half, indem sie Grundstücke für Mobilfunkmasten und Glasfaseranschlüsse bereitstellte. 95 Prozent dieser Strecken im Telekom-Netz haben mittlerweile sogar eine Geschwindigkeit von 300 Megabit pro Sekunde oder mehr.
Firmen: Auflagen der Netzagentur erfüllt
Die Abdeckung mit mindestens 225 Megabit pro Sekunde beträgt bei Vodafone 83 Prozent der Hauptstrecken und steigt weiter an. Telefónica Deutschland (O2) macht keine Angaben zu Abdeckungskategorien von 200 oder mehr Mbit, betont jedoch Fortschritte beim Ausbau.
Laut eigenen Angaben erfüllen alle Unternehmen die Anforderung der Bundesnetzagentur, entlang der Hauptstrecken durchgehend 100 Megabit pro Sekunde anzubieten. Lediglich in einigen Tunneln und anderen Abschnitten, in denen es nachvollziehbare rechtliche und technische Probleme gibt, besteht noch kein Mobilfunkempfang. Die Firmen sind nun bestrebt, die Abdeckung entlang der Bahnstrecken zu verbessern. Laut den Zahlen hat die Telekom hierbei die Führung übernommen.
Zugfenster schirmen Funksignal ab
Es handelt sich um die Bandbreite, die im Bereich der Antennen gemessen wird. Es handelt sich nicht um die Verbindungsqualität, die bei jedem einzelnen Fahrgast im Zug ankommt – diese Bandbreite ist niedriger als die von den Firmen kommunizierten Werte. Das liegt daran, dass sich viele Bahnreisende das Funksignal teilen und dass Fensterscheiben der meisten Fernzüge die Verbindung verschlechtern, da sie das Funksignal abschirmen.
Es ist in der Regel unproblematisch, dass nur ein Teil der Datenrate beim Reisenden ankommt. Ein niedriger zweistelliger Megabit-Download-Wert reicht oft aus, um mobile Anwendungen wie Videotelefonate gut nutzen zu können. Manchmal ist die Verbindung jedoch sehr schlecht oder bricht komplett ab, was zu einer Zwangspause beim Streaming führt.
Schneller Zug, schwierige Verbindung
Vom technischen Standpunkt aus betrachtet ist das Mobilfunknetz entlang von Bahnstrecken anspruchsvoller als in Wohngebieten, da die Verbindung bei hoher Geschwindigkeit aufrechterhalten werden muss: Das Videotelefonat wird von Funkzelle zu Funkzelle weitergeleitet – je schneller der Zug ist, desto schwieriger gestaltet sich die Übergabe der Verbindung.
An anderen Strecken verbessert sich auch das Handynetz. Auf den fahrgaststarken Strecken, wo bestimmte IC-Züge und wichtige Regionalzüge täglich mehr als 2000 Menschen transportieren, beträgt die Abdeckung der Telekom inzwischen 94 Prozent mit mindestens 200 Megabit pro Sekunde, was 21 Prozentpunkte höher ist als 2021. Vodafone gibt hier keinen vergleichbaren Wert an.
Stattdessen wird vom Düsseldorfer Unternehmen angegeben, dass 94 Prozent dieser Strecken mit mindestens 125 Megabit pro Sekunde erreicht werden – der Wert zur 200-Megabit-Schwelle dürfte deutlich niedriger sein. O2 äußert sich nicht auf die Frage nach der Netzqualität an den fahrgaststarken Strecken.
Telekom ist zufrieden mit Fortschritten
Im Rahmen der 2021 gestarteten Kooperation investierten die Telekom und die Bahn insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag. Gespräche und Online-Verbindungen seien inzwischen auf vielen Strecken «nahezu unterbrechungsfrei möglich», heißt es von den beiden Firmen. 2022 schloss Vodafone ebenfalls eine Kooperation mit der Deutschen Bahn ab, um den Ausbau voranzutreiben. O2 hat dies bislang nicht getan, die Firma baut ihr Handynetz an Bahnstrecken ohne so einen Rahmenvertrag aus.
Die Zusammenarbeit von Telekom und Bahn zeige, dass Deutschland bei der Digitalisierung vorankomme, sagt Bahn-Chef Richard Lutz. «Die Telekom hat dafür ihr Netz verstärkt und wir als DB haben unsere Fahrzeuge ausgerüstet.»
Lasereinsatz an Fenstern
Um die Handyverbindungen im Zug zu verbessern, verwendet die Bahn mobilfunkdurchlässige Scheiben. Die neuen ICE-Züge vom Modell 3neo sind bereits damit ausgestattet. Bei älteren Zügen werden Laser benutzt, um die Fenster zu modifizieren. Dadurch wird der hauchdünnen Metallschicht, die als Wärmeisolierung dient, ein Muster hinzugefügt. Auf diese Weise gelangt das Funksignal besser durch die Scheiben.
Bisher hat die Bahn das Funksignal über Antennen außerhalb des Zuges empfangen und mit Repeatern im Inneren verteilt. Bei den mobilfunkdurchlässigen Scheiben ist dies nicht erforderlich – hier dringt das Funksignal so stark durch das Fenster, dass der Nutzer auch ohne den Umweg über den Bahn-Repeater eine gute Verbindung hat. Von den 410 Zügen in der ICE-Flotte der Bahn sind 24 hochmoderne ICE 3neo, die bereits über mobilfunkdurchlässige Fenster verfügen. Der Anteil der älteren Fernzüge, bei denen die Fenster nachträglich verbessert wurden, ist zwar noch gering, wächst jedoch kontinuierlich.
Fahrgastverband klatscht nur verhalten Beifall
Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt die Fortschritte, ganz zufrieden ist man dort aber nicht. «Wir haben immer noch Funklöcher oder schlechte Verbindungen, wenn man im Zug durch Deutschland fährt», sagt der Bundesvorsitzende Detlef Neuß. «Andere Staaten der Welt sind viel weiter – das ist für Deutschland ein Armutszeugnis.» Neuß wohnt am Niederrhein, wo Verbindungsabbrüche auf Bahnfahrten seinen Worten zufolge noch immer Alltag sind. Auch an Gleisen in Ostdeutschland sei das Handynetz mancherorts mangelhaft.
Schwächen im Netz räumt auch die Telekom ein, etwa in Naturschutzgebieten. Als Beispiel nennt der Bonner Konzern die Strecke zwischen Berlin und Rostock, die durch den Müritz-Nationalpark führt. Dort sei erst nach jahrelangen Verhandlungen über den Mobilfunk-Ausbau eine Einigung mit den Naturschutzbehörden erzielt worden. Bis 2026 wolle man die Strecke voll abdecken. «Die Versorgung von herausfordernden Strecken durch Nationalparks, Berge, bewaldete Täler oder durch Tunnel benötigt einen langen Atem», sagt Telekom-Chef Tim Höttges. «Auch hier werden wir nicht nachlassen.»