Bei zwei typisch deutschen Sorten der Bier-Zutat sind die Preise um teils 90 Prozent gefallen. Nun handeln viele Landwirte. Einen gerade erst errungenen Titel werden sie aber behalten.
Hopfenbauern roden Bestände gegen Überangebot

Es gibt zu viel Hopfen in Deutschland. Ein teils massiver Preisverfall bei der Bier-Zutat bringt derzeit viele Pflanzer dazu, Teile ihrer Felder zu roden. Insbesondere die beiden in Deutschland verbreiteten Aromasorten Perle und Hallertauer Tradition sind betroffen, wie der Geschäftsführer Verbands Deutscher Hopfenpflanzer, Erich Lehmair sagt. «Am Schluss sieht man es am Preis. Ein Euro pro Kilo ist ein Zehntel dessen, was wir vor einem Jahr hatten.» Das sei deutlich unter den Herstellungskosten.
Auch Stephan Schinagl, Einkaufsleiter bei BarthHaas, dem weltweit größten Hopfenhändler, und zweiter Vorsitzender des Hopfenwirtschaftsverbands, beklagt das Überangebot. Es wird weltweit eine Reduzierung der Anbaufläche um 5.000 Hektar gefordert, was etwa 9 Prozent entspricht. In Deutschland sollte dies etwa 2.000 Hektar betragen. Lehmair ist auch der Meinung, dass 1.000 bis 2.000 Hektar eine realistische Größenordnung darstellen.
Trotzdem wird Deutschland wahrscheinlich seinen kürzlich zurückerlangten Titel als größter Hopfenanbauer der Welt behalten. Laut Schinagl müssten auch in den USA, die auf dem zweiten Platz liegen, rund 2.000 Hektar wegfallen. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland etwa 20.300 Hektar Hopfen angebaut – der größte Teil davon in der Hallertau zwischen München und Nürnberg – in den USA waren es etwa 18.600.
Änderungen im Rezept senken den Hopfenbedarf
Neben der eher schwachen Biernachfrage tragen auch Änderungen in den Rezepturen bei großen Brauereien dazu bei, dass die Nachfrage nach Aromahopfen sinkt, wie Schinagl sagt. Zum Teil werde dieser durch Sorten mit besonders hohem Alphasäuregehalt ersetzt. Dieser Bestandteil des Hopfens gibt dem Bier die bittere Note. Hinzu kommt, dass die Bittersorten teilweise auch ertragreicher sind. «Ein Hektar Herkules ersetzt drei Hektar Perle», rechnet der Experte vor.
Auch Lehmair weiß von Beispielen, wo dieser Austausch aus Kostengründen durchgeführt wird. In Bezug darauf, ob man den Unterschied schmeckt, gibt es unterschiedliche Meinungen. Außerdem kommt es darauf an, welcher Hopfen wann während des Brauprozesses hinzugefügt wird. Zumindest bei dem Teil des Hopfens, der früh in das Bier gelangt, besteht für den Laien die Möglichkeit, dass er keinen Unterschied bemerkt, sagt er. Dennoch verändern viele – insbesondere kleinere – Brauereien ihr Rezept lieber nicht. Es gibt sowieso nicht viel zu gewinnen: Hopfen macht nur etwa ein Prozent des Bierpreises aus, sagt Lehmair.
Der Hopfenbauer muss auch «pokern»
Im Moment weiß jedoch niemand genau, wie viel tatsächlich gerodet wird, da dies jeder Pflanzer individuell für seinen Betrieb entscheidet. Laut Lehmair muss er möglicherweise auch pokern. Jeder Hektar und jedes Kilo Hopfen bedeuten Kosten für ihn. Wenn der Preis nicht steigt, verliert der Pflanzer Geld. Rode er zu viel und der Preis steige, verpasse er die Chance, Geld zu verdienen.
Wo einmal gerodet ist, dauert es, bis wieder Hopfen geerntet werden kann. Nach einer Neupflanzung gibt es im ersten Jahr noch keinen Ertrag. Dennoch müsse sich niemand Sorgen um sein Bier machen, sagt Lehmair. Von den Sorten mit Überangebot gebe es genug Vorräte – und bei den anderen werde ja nicht gerodet. «Da braucht keiner Angst haben.»