Der Anteil an Erdgasimporten steigt, dank neuer Terminals und auslaufender Transportverträge mit Russland. Deutschland wird wichtiger als Transitland.
Deutschland verzeichnet Rekord bei LNG-Importen

Der Import von per Schiff geliefertem Flüssigerdgas (LNG) nach Deutschland hat ein Rekordniveau erreicht. Gemäß Daten der Bundesnetzagentur (BNetzA) war das dritte Quartal 2025 das Quartal mit der höchsten Einspeisung seit der Eröffnung des ersten deutschen LNG-Terminals in Wilhelmshaven Ende 2022. Dieses Jahr wurde an den LNG-Terminals der deutschen Küste bereits mehr Erdgas eingespeist als in den vorhergehenden Gesamtjahren.
Entsprechend ist gemäß BNetzA auch der Anteil an den gesamten Erdgasimporten Deutschlands gestiegen. Für das erste Halbjahr 2025 lag er wie im Vorjahr bei 8 Prozent, während die Behörde ihn für das dritte Quartal auf 13,25 Prozent bezifferte. Insgesamt ergibt sich für die ersten neun Monate dieses Jahres ein Anteil von 10,9 Prozent.
Schon mehr LNG angelandet als im gesamten Vorjahr
Laut BNetzA wurden von Anfang Januar bis einschließlich September rund 74 Terawattstunden LNG nach Deutschland importiert, wovon allein im dritten Quartal rund 35 Terawattstunden entfielen. Im Jahr 2024 wurden insgesamt rund 69 Terawattstunden über die LNG-Terminals importiert, während es 2023 rund 70 Terawattstunden waren.
Der Anstieg hat nach Einschätzung des Gasexperten Sebastian Gulbis vom Beratungsunternehmen Enervis mehrere Gründe. «Einerseits sind im August noch weitere Kapazitäten hinzugekommen.» An der Nordseeküste war Ende August mit dem Spezialschiff «Excelsior» auch das zweite schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven in den kommerziellen Betrieb gegangen.
Deutschland wieder wichtiger als Transitland
«Das andere, was man nicht außer Acht lassen darf, ist, dass zum ersten Januar 2025 die Transportverträge Richtung Österreich von Russland ausgelaufen sind», sagte Gulbis. «Das heißt, dass gerade Österreich, Tschechien, die Schweiz und zum Teil auch Ungarn, die Slowakei und Slowenien über Deutschland versorgt werden. Wir sind wieder ein deutlich wichtigeres Transitland geworden.» Das zeige auch die Menge des insgesamt nach Deutschland importierten Erdgases. Diese sei 2025 höher als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Am meisten LNG kam zuletzt wieder über die Terminals an der Nordsee. Laut BNetzA kamen die Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel im dritten Quartal zusammen auf rund 33 Terawattstunden. Die restlichen zwei Terawattstunden wurden über das Ostsee-Terminal an Rügens Küste geliefert.
Im zweiten Quartal hatte das Rügener Terminal die höchste Einspeisung aller Terminals verzeichnet. Laut der Betreiberfirma Deutsche Regas gab es zuletzt Einschränkungen aufgrund der Vertiefung und Erweiterung des Hafens. Für das vierte Quartal wird wieder mit einer ähnlichen Auslastung wie im zweiten Quartal gerechnet.
LNG-Ausbau gegen Abhängigkeit von Russland
Die Bundesregierung hatte den Aufbau von LNG-Terminals an Nord- und Ostsee nach dem russischen Angriff auf die Ukraine forciert, um unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu werden. Gasexperte Gulbis hält die deutschen Terminals auch in Zukunft für «ein ganz wesentliches Standbein» der deutschen und europäischen Energieversorgung. «Wir werden eben nicht mehr fast ausschließlich durch Pipelinegas versorgt.»
Deutschland hatte über Jahre einen Großteil seiner Erdgasimporte per Pipeline aus Russland bezogen. Inzwischen kommt ein großer Anteil per Pipeline aus Norwegen. Gulbis hält aber auch LNG für wichtig. «Die USA und der Mittlere Osten werden auch in Zukunft wichtige Lieferanten bleiben. Und die Lieferungen werden über LNG erfolgen. Das ist auch erst einmal nicht wegzudiskutieren.»
Deutschland muss Weltmarktpreise zahlen
LNG ist für Händler nur rentabel, wenn ein bestimmtes Preisniveau auf dem Gasmarkt erreicht wird. Dieses Niveau wird nun auch in Deutschland erreicht und liegt deutlich über den Gaspreisen, die vor der Energiekrise hier galten. Deutschland muss die auf dem Weltmarkt geforderten LNG-Preise zahlen und konkurriert dabei direkt mit dem asiatischen Markt.
Zuletzt war wiederholt kritisiert worden, dass EU-Staaten weiterhin LNG aus Russland beziehen und damit den Angriffskrieg gegen die Ukraine mitfinanzierten. Dass russisches LNG auch über deutsche Terminals kommt, davon geht Gulbis allerdings nicht aus: «Es gibt in der EU kein Embargo auf russisches Gas. Da die Lieferverträge für die deutschen Terminals jedoch erst in den letzten Jahren und Monaten geschlossen wurden und auch Tankerbewegungen darauf keinen Hinweis geben, halte ich es jedoch für unwahrscheinlich.»








