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Industriepräsident: Bei Gasmangel alle in die Pflicht nehmen

Dreht Putin den Gashahn nach Deutschland tatsächlich ab? Und was ist zu tun, wenn eine Mangellage nicht nur vorübergehnd herrscht? Der BDI-Präsident hat klare Vorstellungen.

Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).
Foto: Sven Hoppe/dpa

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) verlangt, die Versorgung mit Erdgas für den Fall eines Mangels neu zu regeln. «Die aktuellen Priorisierungsregeln in einer Gasmangellage wurden für eine kurzfristige Unterbrechung einzelner Leitungen geschaffen», sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Für die harte neue Energie-Realität muss die Politik in Berlin und Brüssel eine neue Regelung schaffen. Diese hat alle Teile der Gesellschaft entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit in die Pflicht zu nehmen.»

Russwurm erwartet, dass auf Deutschland «ein langfristig andauernder Gasmangel» zukommt. Jetzt zähle «jede eingesparte Kilowattstunde Gas und Strom», sagte er. «Neben Unternehmen, Kommunen und Ländern müssen Privatverbraucherinnen und -verbraucher Teil der massiven Energiesparkampagne werden.»

Unter Priorisierung versteht man die Reihenfolge, in der private Haushalte und Unternehmen bei einem akuten Mangel Erdgas bekommen. Gemäß der geltenden EU-Verordnung und dem deutschen Notfallplan Gas sollen bestimmte Verbrauchergruppen möglichst bis zuletzt mit Gas versorgt werden. Zu diesen geschützten Verbrauchern gehören Privathaushalte, soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser und Gaskraftwerke, die zugleich Haushalte mit Wärme versorgen.

Industrie erwartet klares Startsignal für Auktionen

Nach Worten von Russwurm sollte Deutschland «in der Vorbereitung auf alle denkbaren Szenarien ab dem Ende der Revision von Nord Stream 1 nicht wie das Kaninchen auf die Schlange starren». Die Industrie erwarte «noch im Sommer ein klares Startsignal für Auktionen» für Unternehmen, die dabei nicht genutzte Gasmengen zur Verfügung stellen können. Außerdem sollten die Behörden den Wechsel von Gas zu anderen Brennstoffen mit schnellen und einfachen Genehmigungen für Unternehmen ermöglichen.

Seit Montag, 11. Juli, fließt kein Gas mehr durch Nord Stream 1, die wichtigste Pipeline für Erdgas aus Russland. Der Gastransport wurde für jährliche Wartungsarbeiten an der Ostsee-Leitung unterbrochen. Die Arbeiten sollen bis 21. Juli dauern. In Deutschland gibt es aber die Sorge, dass die Pipeline nicht wieder in Betrieb genommen wird.

Eine in Kanada gewartete Verdichterturbine von Nord Stream soll demnächst über Deutschland zurück zur Kompressorstation Portowaja gebracht werden. Ungeklärt war zuletzt, wo sich die Turbine befand und wann sie eingebaut wird. Der Hersteller Siemens Energy wollte am Montag keine Angaben zum Stand der Dinge machen. Es bleibe dabei, «dass es unser Ziel ist, die Turbine so schnell wie möglich zu ihrem Einsatzort zu transportieren», hieß es auf Anfrage in München. Der russische Energiekonzern Gazprom hatte am Samstag mitgeteilt, von der Turbine hänge «die verlässliche Arbeit der Gasleitung Nord Stream und die Versorgung der europäischen Verbraucher ab».

dpa