Die Insolvenzen erreichten den höchsten Stand seit 2010, trotz staatlicher Stützungsprogramme geraten gestützte Unternehmen in Schwierigkeiten.
Anstieg der Firmenpleiten auf Rekordwert im dritten Quartal 2024
Laut dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ist die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen auf einen historischen Höchststand gestiegen. Im dritten Quartal 2024 war die Zahl der Insolvenzen so hoch wie seit 2010 in keinem anderen Quartal. Neben der aktuellen wirtschaftlichen Schwäche in Deutschland spielten auch Nachholeffekte aus der Corona-Pandemie eine Rolle, so der Leiter der IWH-Insolvenzforschung, Steffen Müller. Damals wurde die Zahl der Insolvenzen durch staatliche Unterstützungsprogramme künstlich niedrig gehalten, wodurch viele dieser unterstützten Unternehmen nun in Schwierigkeiten geraten.
Im dritten Quartal 2024 wurde mit 3.991 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften ein Höchststand der letzten 14 Jahre erreicht. Zuletzt lag der Wert im zweiten Quartal 2010 mit 4.071 Insolvenzen höher. Laut einer Mitteilung des IWH wirkte damals noch die Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/2009 nach.
Bundesregierung hatte Konjunkturprognose gesenkt
Am Mittwoch wurde die Konjunkturprognose von der Bundesregierung gesenkt. Es wird erwartet, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 0,2 Prozent zurückgeht. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betonte, dass die Wirtschaft wieder stärker wachsen würde, wenn die Maßnahmen der Wachstumsinitiative entschlossen und von allen umgesetzt würden. Die Bundesregierung setzt auf ihr Wachstumspaket mit Steuererleichterungen, Arbeitsanreizen und Vergünstigungen bei den Strompreisen. Allerdings äußerten führende Wirtschaftsinstitute zuletzt Zweifel, ob das Paket überhaupt den notwendigen Impuls liefern kann.
Seit Juni letzten Jahres ist die Anzahl der monatlichen Insolvenzen teilweise deutlich höher als der jeweilige Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019. Im September meldete das IWH 1.303 Insolvenzen, was 44 Prozent über dem Durchschnitt im September vor der Pandemie lag. Dennoch sind die Zahlen noch weit von früheren Höchstständen entfernt. Laut IWH gab es in den Jahren 2003 und 2010 teilweise 2.000 Firmenpleiten pro Monat.
Ökonom und Politikberater: Keine schwere Rezession
Dennoch erlebe die Bundesrepublik derzeit keine schwere Rezession, sagte Lars Feld, Wirtschaftsprofessor und Berater von Finanzminister Christian Lindner (FDP) bei RTL/ntv. «An sich ist die Substanz der deutschen Wirtschaft immer noch sehr gut.» Unternehmen seien in unterschiedlichen Bereichen sehr innovativ unterwegs. Zudem sei die Finanzlage besser als in früheren Zeiten, als Deutschland der kranke Mann Europas gewesen sei.
Große Anstiege vor allem in Bayern und Baden-Württemberg
Im Vergleich zum dritten Quartal 2023 war der Anstieg der Insolvenzen in den großen Bundesländern Bayern (+56 Prozent) und Baden-Württemberg (+42 Prozent) am höchsten. Der Zuwachs in den Branchen war im großen Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen mit 31 Prozent signifikant. Kleinere Branchen wie das Grundstücks- oder Wohnungswesen verzeichneten sogar einen noch größeren Anstieg von 69 Prozent.
Das IWH wertet die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte für seine Studie aus. Aufgrund der Frühindikatoren erwartet das IWH in den nächsten Monaten einen weiteren Anstieg der Insolvenzzahlen.