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IWF senkt Prognose für Deutschland

Schwächstes Wachstum der G7-Staaten: Für Deutschland hat der IWF in seiner neuen Prognose keine guten Nachrichten. Die Weltwirtschaft schlägt sich trotz düsterer Befürchtungen allerdings recht wacker.

IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier auf der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank in Washington.
Foto: Jose Luis Magana/FR159526 AP/dpa

Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft verschlechtern sich dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge weiter. Für das laufende Jahr stellte der IWF am Dienstag in Washington ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent in Aussicht. Im Januar hatte der IWF noch ein Plus von 0,5 Prozent erwartet. Für die Weltwirtschaft insgesamt verbesserte der Währungsfonds die Prognose hingegen leicht – von 3,1 Prozent auf nun 3,2 Prozent. «Die Weltwirtschaft ist nach wie vor bemerkenswert widerstandsfähig, das Wachstum bleibt stabil, und die Inflation kehrt zum Zielwert zurück», heißt es. 

So blickt der IWF auf Deutschland

Laut IWF wird für die Bundesrepublik im laufenden Jahr das schwächste Wachstum aller führenden westlichen G7-Industriestaaten prognostiziert. Im Jahr 2025 erwartet der Fonds jedoch wieder ein Wachstum der deutschen Wirtschaft um 1,3 Prozent. Italien würde dann das Schlusslicht der G7-Staaten mit nur 0,7 Prozent sein. Dennoch hat der IWF die Prognose für 2025 für die deutsche Wirtschaft im Vergleich zu Januar um 0,3 Prozentpunkte gesenkt, aufgrund der anhaltend schwachen Verbraucherstimmung. Langfristig macht sich der Fonds vor allem mit Blick auf Deutschland Sorgen um strukturelle Probleme wie den Rückgang der arbeitenden Bevölkerung und Investitionshürden.

Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren, dass das Wachstum in Deutschland für das laufende Jahr bei 0,1 Prozent liegt. Im nächsten Jahr wird mit einem Wachstum von 1,4 Prozent gerechnet, was etwas besser ist als die Prognose des Fonds.

So blickt der IWF auf die Weltwirtschaft

Wie für das laufende Jahr prognostiziert der IWF für die Weltwirtschaft auch für 2025 ein Wachstum von 3,2 Prozent. Trotz vieler «düsterer Vorhersagen» sei die Welt von einer Rezession verschont geblieben, so IWF-Chefvolkswirt Pierre-Oliver Gourinchas. Dabei habe es in den vergangenen Jahren zahlreiche Herausforderungen gegeben: Unterbrechungen der Lieferketten im Zuge der Coronapandemie, eine weltweite Energie- und Nahrungsmittelkrise wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, einen beträchtlichen Anstieg der Inflation und als Reaktion eine straffe Geldpolitik mit Zinsanhebungen. 

Der IWF betont, dass die hohe Inflation keine unkontrollierte Lohn-Preis-Spirale ausgelöst hat. Trotzdem ist das Weltwirtschaftswachstum historisch schwach. Dies ist auf kurzfristige Faktoren wie höhere Kreditkosten oder die anhaltenden Auswirkungen des Krieges in der Ukraine oder der Pandemie zurückzuführen. Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen könnten jedoch aufgrund der hohen Staatsverschuldung in vielen Volkswirtschaften die Wirtschaftstätigkeit weiter schwächen.

USA als «Überperformer»

Die Wirtschaft in der Industrienation USA entwickelt sich laut IWF deutlich besser als erwartet. Die Wachstumsprognose für dieses Jahr wurde um 0,6 Prozentpunkte auf 2,7 Prozent nach oben korrigiert. Im kommenden Jahr soll die größte Volkswirtschaft der Welt dann aber nur noch um 1,9 Prozent wachsen (Januar: 1,7). Die USA und mehrere Schwellenländer zeigten eine «Überperformance». Das liege etwa an einer großen privaten Nachfrage und einer guten Lage auf den Arbeitsmärkten. 

So sieht es in China und Russland aus

Der IWF urteilt, dass der anhaltende Abschwung im Immobiliensektor die Wirtschaft Chinas weiterhin beeinträchtigt. Ohne weitreichende Reformen wird die Inlandsnachfrage noch einige Zeit schwach bleiben. Der IWF prognostiziert für dieses Jahr ein Wachstum von 4,6 Prozent und für 2025 von 4,1 Prozent, wie bereits im Januar.

Seine Prognose für Russland hat der Fonds nach oben korrigiert: Im laufenden Jahr sagt der IWF ein Wachstum von 3,2 Prozent (Januar: 2,6 Prozent) voraus, kommendes Jahr sollen es nur noch 1,8 Prozent (Januar: 1,1 Prozent) sein. Dies liege daran, dass «die Auswirkungen der hohen Investitionen und des robusten privaten Verbrauchs, unterstützt durch Lohnzuwächse auf einem angespannten Arbeitsmarkt, verblassen», so der IWF. 

Experten hatten zuletzt darauf hingewiesen, dass die russische Wirtschaft von einem hohen Anteil an Militärausgaben profitiert, was die Produktion ankurbelt. Außerdem gab es Sozialtransfers, die den Konsum steigerten. Aus ökonomischer Sicht könnte es problematisch sein, dass Russland vom internationalen Finanzsystem abgeschnitten ist und nur begrenzten Zugang zu Technologien hat.

Aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der Westen Russland mit umfassenden Sanktionen belegt. Trotzdem wird russisches Öl, das hauptsächlich nach China und Indien exportiert wird, über dem von den G7-Staaten und der Europäischen Union festgelegten Höchstpreis von 60 US-Dollar gehandelt. Russland verlässt sich auf eine sogenannte Schattenflotte – also Schiffe, die nicht von westlichen Reedereien oder Versicherungen abhängig sind.

So entwickeln sich die Verbraucherpreise

Für 2024 rechnet der IWF weltweit mit einer Teuerungsrate von im Schnitt 5,9 Prozent, 0,1 Prozentpunkte mehr als noch im Januar prognostiziert. Im kommenden Jahr soll sie dann bei 4,5 Prozent (Januar: 4,4 Prozent) liegen. Für die Industrienationen hat der IWF deutlich positivere Aussichten mit einer Inflationsrate vom im Schnitt 2 Prozent im kommenden Jahr. «Etwas besorgniserregend ist, dass die Fortschritte bei der Erreichung der Inflationsziele seit Anfang des Jahres etwas ins Stocken geraten sind», schreibt IWF-Volkswirt Gourinchas. Dies könne ein vorübergehender Rückschlag sein, aber es gebe Gründe, wachsam zu bleiben.

Das macht dem IWF Sorgen

Der Fonds identifiziert Risiken, die das Wachstum bremsen könnten. Neue Preissteigerungen aufgrund geopolitischer Spannungen könnten zu anhaltend höheren Leitzinsen führen. Zentralbanken erhöhen die Zinsen im Kampf gegen steigende Verbraucherpreise, um die Nachfrage einzudämmen. Mit steigenden Zinsen steigen die Kosten für Kredite für Privatpersonen und Unternehmen. Das Wachstum verlangsamt sich, Unternehmen können nicht endlos höhere Preise weitergeben – und idealerweise sinkt die Inflationsrate.

Der IWF warnt auch davor, dass eine zunehmende geopolitische Fragmentierung in Bezug auf Lieferketten sowohl zu einem geringeren Wachstum als auch zu einer höheren Inflation führen könnte. Sollte das Wachstum in China dauerhaft ins Stocken geraten, könnte dies laut dem Fonds auch Handelspartner schwächen. Eine besorgniserregende Entwicklung ist auch die wachsende Kluft zwischen vielen ärmeren Ländern und dem Rest der Welt.

dpa