Arm und Reich bei Rentnern auseinander – Sozialverbände warnen vor wachsender Altersarmut und fordern Reformen. Rentnerinnen verdienen deutlich weniger als Männer.
Altersarmut in Deutschland: Jeder fünfte Rentner mit maximal 1.400 Euro

Jeder Fünfte im Ruhestand in Deutschland muss mit höchstens 1.400 Euro netto pro Monat auskommen. Laut dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden betrug das monatliche Einkommen von Menschen ab 65 Jahren im Ruhestand zuletzt durchschnittlich 1.990 Euro. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist jedoch auch bei Rentnern und Pensionären groß. Gleichzeitig sind immer mehr ältere Menschen auf Grundsicherung angewiesen. Sozialverbände warnen vor wachsender Altersarmut in der Rentenreformdebatte.
Gemäß der Statistik verfügen zusätzliche 20 Prozent der Ruheständler über mehr als 1.400 Euro, aber höchstens rund 1.790 Euro im Monat. Die einkommensstärksten 20 Prozent der Ruheständler konnten monatlich über mehr als rund 2.870 Euro netto verfügen. Insgesamt stammen 92 Prozent der Einkommen der Ruheständler aus Alterseinkünften, Vermögen und Erwerbstätigkeit spielen kaum eine Rolle.
Das Statistische Bundesamt hat 16,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner sowie Pensionäre im Alter von mindestens 65 Jahren untersucht. Bei der Einkommensberechnung wurde das Nettoäquivalenzeinkommen verwendet, ein gewichtetes Pro-Kopf-Einkommen. Dadurch werden die Einkommen von Personen, die in verschiedenen Haushalten leben, vergleichbar, da es in größeren Haushalten Einspareffekte gibt, z. B. bei Wohnraum.
Einkommen der Rentner gestiegen
Die Zahlen zeigen auch, dass die Einkünfte der Ruheständler in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sind, aber weniger als die der Gesamtbevölkerung. So betrug 2021 das mittlere Einkommen der Rentner und Pensionäre 1.820 Euro monatlich und wuchs bis 2024 um neun Prozent. Das Einkommen der Gesamtbevölkerung kletterte in dem Zeitraum jedoch um 11 Prozent und auf zuletzt im Mittel 2.300 Euro.
Positiv sei, dass der Einkommenszuwachs der Rentner auch in Zeiten hoher Inflation von 2021 bis 2024 weitgehend mit dem Plus der Erwerbstätigen mithielt, meint Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. «Da Mitte 2024 die gesetzlichen Renten noch einmal um rund 4,6 Prozent und Mitte 2025 um 3,8 Prozent gestiegen sind, dürfte diese Lücke sich noch ein bisschen weiter schließen.»
Regierung plant «Aktivrente»
Auch angesichts der hohen Kosten für die Rente fordert Kanzler Friedrich Merz (CDU) Reformen. Seiner Ansicht nach sind die Sozialsysteme nicht mehr finanzierbar. So will die Bundesregierung mit der «Aktivrente» die Rentenkasse entlasten. Rentner sollen bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei dazuverdienen können und damit motiviert werden, freiwillig länger zu arbeiten.
Laut der Deutschen Rentenversicherung waren Ende 2023 bereits 1,46 Millionen Rentner berufstätig – mit steigender Tendenz. Der CDU-Wirtschaftsrat hat kürzlich auch eine spätere Renteneintrittsalter gefordert, das an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden muss.
Der Sozialverband Deutschland warnt hingegen vor Einschnitten. So müsse etwa ein «echter Freibetrag» in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung eingeführt werden, fordert die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. Die Aktivrente werde die Schere zwischen Arm und Reich dagegen weiter öffnen. «Denn sie wird aller Voraussicht nach Menschen mit höheren Renten, die noch in der Lage sind hinzuzuverdienen, ein steuerfreies Plus ermöglichen.»
Große Rentenlücke zwischen Mann und Frau
Die Daten zeigen auch, dass Frauen im Ruhestand im Vergleich zu Männern mit deutlich weniger Geld auskommen müssen. Frauen ab 65 Jahren, die in Rente oder Pension sind, erhielten durchschnittlich brutto etwa 1.720 Euro pro Monat. Bei Männern waren es etwa 2.320 Euro. Somit lagen die Altersbezüge von Frauen im Durchschnitt um gut ein Viertel unter denen der Männer. Ein Grund dafür ist die geringere Erwerbstätigkeit von Frauen. Wenn man Hinterbliebenenrenten und -pensionen außen vor lässt, vergrößert sich die Rentenlücke sogar auf 36,9 Prozent.
Immer mehr auf Grundsicherung angewiesen
Immer mehr Rentnerinnen und Rentner sind gleichzeitig auf staatliche Unterstützung angewiesen. Ende 2024 erhielten knapp 739.000 Menschen Grundsicherung im Alter. Dies entspricht einer Steigerung von gut sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr und 31 Prozent mehr als Ende 2020, als es nur 564.000 waren. Ein Grund für diesen Anstieg ist die gestiegene Anzahl geflüchteter und leistungsberechtigter Menschen aus der Ukraine. Somit bezogen Ende 2024 gut vier Prozent der Bevölkerung über der Altersgrenze Grundsicherung.
Einschnitte bei der Rente könnten schnell die Altersarmut erhöhen, meint IMK-Ökonom Dullien. Eine Kürzung oder Abschaffung der Hinterbliebenenrenten – wie von manchen Volkswirten gefordert – hätte «gravierende Nebenwirkungen». Er warnt: Mit Kürzungen beim Rentenwert, etwa durch eine Erhöhung der Regelaltersgrenze, könnten mehr Menschen auf Grundsicherung im Alter angewiesen sein. «Solche Kürzungen könnten am Ende den Bundeshaushalt an anderer Stelle wieder belasten.»