Der Kakaopreis stieg auf über 10.000 Euro pro Tonne und fiel dann wieder auf 5000 Euro. Experten erwarten keinen schnellen Preisrückgang.
Schokoladenpreise auf Rekordniveau, Sinkende Rohkakaopreise – Hoffnung auf niedrigere Preise für Schokoladenfans? Die wichtigsten Fragen und Antworten

Der Kakaopreis an den Rohstoffbörsen stieg im letzten Jahr auf Rekordniveau. Schokolade verteuerte sich deutlich. Seit einigen Monaten sinken die Rohkakaopreise wieder. Können Schokoladenfans auf niedrigere Preise hoffen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Warum schwanken die Preise so stark?
Im Frühjahr 2023 betrug der von der internationalen Kakaoorganisation (ICCO) ermittelte Tagespreis für Rohkakao deutlich weniger als 3.000 Euro pro Tonne. Danach stieg er auf zeitweise deutlich über 10.000 Euro.
Laut Finn Ole Semrau vom Kiel Institut für Weltwirtschaft geht der Anstieg zurück auf erwartete Ernteausfällen in Westafrika durch Pflanzenkrankheiten und Extremwetter. «Während die Preise vor Ort moderat stiegen, kam es zu Spekulationen an den Terminbörsen.» Diese trieben die Preise der Termingeschäfte auf ein Rekordniveau. Die Folgen waren für Verbraucher spürbar. Milka-Hersteller Mondelez etwa erhöhte Anfang des Jahres nicht nur die Preise, sondern verkleinerte auch die Tafeln von 100 auf 90 Gramm.
Im Verlauf dieses Jahres sank der Kakaopreis erneut, Mitte Oktober fiel er unter 5000 Euro – etwa auf das Niveau von Anfang 2024. Semrau sagt, dass der Rückgang eine Korrektur nach der Überhitzung sei. Er warnt davor, dass die Situation weiterhin angespannt bleibe. Rohstoffanalyst Oran van Dort von der Rabobank erklärt den Rückgang mit einem erwarteten Überschuss in der aktuellen Erntesaison, die am 1. Oktober begonnen hat. Zudem habe die hohe Preise die Nachfrage nach Schokolade verringert.
Gemäß einer Studie von YouGov haben die Verbraucher in Deutschland im August etwa 20 Prozent weniger Schokoladentafeln gekauft. Der Schokoladenhersteller Gubor hat kürzlich angekündigt, sein Werk in Cadolzburg aufgrund unzureichender Auslastung zu schließen.
Sinken die Preise für Kunden in Deutschland?
Eher nicht. Es sei nicht zu erwarten, dass die Preise nachgeben, sagt eine Sprecherin von Ritter Sport. Von Mondelez hieß es: «Wir sind uns des wirtschaftlichen Drucks bewusst, dem Konsumenten weiterhin ausgesetzt sind und versuchen, Kosten so weit wie möglich aufzufangen.»
Die Firmen weisen auf hohe Kosten für Personal, Energie und Transport hin. Der Kakaopreis ist gefallen, bleibt jedoch hoch. Eine Sprecherin von Lindt & Sprüngli sagt, dass es noch eine Weile dauern wird, bis der Effekt spürbar ist. Derzeit ist es nicht möglich, die Preise zu senken. Barry Callebaut, einer der größten Schokoladenhersteller der Welt, erwartet eine deutliche Entspannung bis Ende 2026. Das Schweizer Unternehmen prognostiziert niedrigere Kakaopreise als noch vor sechs Monaten, wie aus der Präsentation der Jahresergebnisse in dieser Woche hervorgeht.
Semrau, der Experte, ist skeptisch bezüglich einer raschen Entlastung. Preisnachlässe bei Rohstoffen werden in der Realität nicht automatisch oder vollständig an die Verbraucher weitergegeben. Rabobank-Analyst Oran van Dort sagt einen langsamen Preisverfall in den kommenden zwei Jahren voraus, jedoch nicht auf das frühere Niveau.
Normalerweise gäben die Händler sinkende Kosten weiter, sagt Philipp Hennerkes, Geschäftsführer des Bundesverbandes des Deutschen Lebensmittelhandels. Der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie hält fest, die Endverbraucherpreise lege der Lebensmitteleinzelhandel fest, nicht die Hersteller. Hennerkes erwidert: «Der Handel würfelt die Preise nicht.» Wenn Rohstoffe günstiger werden, gehe man davon aus, dass dies in den Preisverhandlungen berücksichtigt werde.
Wie geht es weiter?
Die Experten sind der Meinung, dass Kakao weiterhin wetteranfällig bleibt und einer der schwankungsanfälligsten Märkte überhaupt ist. Deshalb ist langfristig wohl nicht mit einer stabilen oder dauerhaft niedrigen Preisentwicklung zu rechnen. Semrau zufolge bestehen weiterhin strukturelle Probleme wie geringe Produktivität, fehlende Investitionsanreize und klimatische Risiken.
Experte van Dort hält trotzdem eine eventuelle Überproduktion in den nächsten Jahren für möglich: «Viele Regionen haben auf die hohen Preise mit Überpflanzungen reagiert.» Das könnte zu einem Preisverfall führen.
Etwa 70 Prozent der globalen Kakaoernte stammen von Kleinbauern in Westafrika, hauptsächlich aus Ghana und der Elfenbeinküste. Die hohe Marktkonzentration macht den Markt anfällig für Schocks. Laut van Dort ist die Produktion in anderen Ländern – insbesondere in Ecuador, Brasilien, Peru, Nigeria und Kamerun – zuletzt jedoch stark gestiegen. Der Trend wird voraussichtlich anhalten.
Wie wichtig ist der Börsenpreis?
In Ghana und der Elfenbeinküste wird der Abnahmepreis für Rohkakao von staatlichen Stellen vor der Ernte festgelegt. Anschließend werden Termingeschäfte an den Börsen in London und New York abgeschlossen. Dieser Börsenpreis dient als Grundlage für den weltweiten Kakaopreis. Nur ein Teil der weltweiten Bestände wird direkt an der Börse gehandelt. Preisänderungen haben für Verbraucher in der Regel eine deutlich verzögerte Auswirkung.
Wie teuer sind Schokoladenprodukte vor Weihnachten?
Laut einer Analyse der Vergleichsapp Smhaggle für die Deutsche Presse-Agentur sind viele der beliebten Leckereien deutlich teurer geworden. Schoko-Weihnachtsmänner kosten je nach Marke und Größe bis zu 25 Prozent mehr als im Vorjahr, in einigen Fällen sogar 67 Prozent mehr. Der Preis für eine 250-Gramm-Packung Dominosteine liegt etwa 25 Prozent höher als im Vorjahr. Verbraucher zahlen für 300 Gramm Lebkuchenherzen bis zu 60 Prozent mehr.
Sinkende Kakaopreise haben derzeit kaum Auswirkungen auf die Abgabepreise, so ein Sprecher des Süßwarenherstellers Lambertz. Das Unternehmen beginnt bereits im Juni mit der Herstellung von Weihnachtsgebäck wie Lebkuchen, Printen und Dominosteinen. Dafür kauft Lambertz bereits zu Jahresbeginn die erforderlichen Rohstoffe ein.
Welche Bedeutung hat Schokolade in Deutschland?
Eine große. Im Jahr 2024 wurden in Deutschland pro Kopf im Schnitt 9,5 Kilo Schokolade verzehrt. Am beliebtesten ist laut einer YouGov-Umfrage Vollmilchschokolade, gefolgt von Zartbitter- und weißer Schokolade. Eine Tafel kostete laut Statistischem Bundesamt im September im Schnitt 75 Prozent mehr als 2020. Insgesamt haben sich Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke seitdem «nur» um etwa 37 Prozent verteuert.








