Frauen sind in den Vorständen von Börsenkonzernen in der Minderheit, aber längst keine Ausnahme mehr. Das wirkt sich negativ auf ihre Gehälter aus. Ein langer Trend bei der Bezahlung hat sich gedreht.
«Keine seltene Spezies mehr»: Managerinnen verdienen weniger
Die weiblichen Top-Manager der größten deutschen Börsenkonzerne haben im Jahr 2024 signifikant weniger verdient und sind hinter ihren männlichen Kollegen zurückgefallen. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft EY, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, ist das Gehalt von weiblichen Vorstandsmitgliedern im Dax, MDax und SDax deutlich gesunken, während die Männer etwas mehr verdient haben. Somit hat sich ein langjähriger Trend umgekehrt: Zum ersten Mal seit 2014 erhielten Frauen in den Vorständen der Spitzenunternehmen weniger Geld als Männer.
Deutlich weniger Geld für neue Top-Managerinnen
Noch vor einigen Jahren gab es nur sehr wenige Frauen in Vorständen von Börsenkonzernen, was sich positiv auf ihr Gehalt auswirkte – sodass Managerinnen hier die Männer überholten. Doch das habe sich geändert, erklärt EY-Partner Jens Massmann. «Die Zeiten, als weibliche Vorstände eine seltene Spezies waren und teils sehr hohe Gehälter fordern konnten, sind vorbei.» Heute stiegen Top-Managerinnen mit einem niedrigeren Gehalt ein, was das gesamte Gehaltsgefüge der weiblichen Vorstandsmitglieder drücke.
Im Jahr 2024 sank die Vergütung weiblicher Vorstandsmitglieder in den Unternehmen der drei Dax-Indizes auf durchschnittlich 2,15 Millionen Euro (ohne Chefposten). Dies entsprach einem Rückgang von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Gegensatz dazu verzeichneten ihre männlichen Kollegen einen leichten Anstieg um 0,4 Prozent auf 2,27 Millionen Euro. Insgesamt verringerte sich die Vergütung der Vorstandsmitglieder um drei Prozent auf durchschnittlich 2,57 Millionen Euro. Ebenso stark war der Rückgang bei den Gehältern der Vorstandschefs.
Laut der Studie war die bestbezahlte Managerin Merck-Chefin Belen Garijo mit 7,6 Millionen Euro. Ihr folgten Deutsche-Bank-Vorständin Rebecca Short (6,5 Mio. Euro) und Helen Giza, Chefin von Fresenius Medical Care (5,7 Millionen Euro). Auch VW-Vorständin Hauke Stars und Merck-Finanzchefin Helene von Roeder gehörten zu den Topverdienerinnen.
Für die Studie hat EY die Vergütung von 368 Vorstandsmitgliedern der größten Börsenunternehmen analysiert, die das gesamte Geschäftsjahr im Vorstand verbracht haben. Darunter waren 88 Frauen, was fast einem Viertel (23,9 Prozent) entspricht. Zehn Jahre zuvor lag der Anteil noch bei lediglich 6,4 Prozent. Die Gesamtvergütung wurde anhand des Grundgehalts sowie kurz- und langfristiger Boni betrachtet.
Große Gehaltslücke im Dax
Im Leitindex Dax gibt es eine besonders große Gehaltslücke. Die Vergütung männlicher Vorstände stieg im Jahr 2024 auf durchschnittlich 3,38 Millionen Euro, während das Gehalt der Top-Managerinnen auf 2,92 Millionen Euro sank – rund eine halbe Million weniger. Im MDax und SDax war die Kluft geringer.
Wirtschaftskrise schlägt auf Gehälter durch
Das Sinken der Vorstandsgehälter insgesamt führt Massmann auch auf schwache Geschäfte einiger Unternehmen in der Wirtschaftskrise zurück. Das habe auf die Vergütung durchgeschlagen, die noch 2023 stark gestiegen war. Viele Unternehmen hätten die eigenen Ziele verfehlt und massiv Kosten gespart. «In solch einem Umfeld sind hohe Gehaltssteigerungen schwierig zu rechtfertigen.»