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Kleine Läden, große Sorgen: Trumps Zölle treffen US-Händler

Der amerikanische Präsident ist auf einem handelspolitischen Konfrontationskurs, vor allem gegen China. Doch was als Schutz heimischer Produktion angepriesen wird, schadet vielen Betrieben in den USA.

2022 hat Noelie Rickey «The Dog Park» in Alexandria übernommen.
Foto: Luzia Geier/dpa

Zwischen Leckerlis und Tennisbällen kämpft Noelie Rickey mit den Folgen der Politik von US-Präsident Donald Trump. 2022 übernahm sie gemeinsam mit Geschäftspartnern ein kleines Fachgeschäft für Hundebedarf: «The Dog Park» in der pittoresken Altstadt von Alexandria im Bundesstaat Virginia, unweit der Hauptstadt Washington. Damals seien die Verkaufszahlen auf ihrem Höhepunkt gewesen, erzählt die ehemalige Tierarzthelferin. «Jetzt sind sie auf dem Tiefpunkt.» Die Ursachen seien vielfältig. Besonders sorge sie aber Trumps Zolloffensive gegen nahezu die ganze Welt.

China-Zölle inzwischen bei 145 Prozent

Zwar hat der US-Präsident vor kurzem bestimmte Zölle ausgesetzt, aber gegenüber China hat er sogar noch nachgelegt: Der Zollsatz für die meisten Waren aus China beträgt mittlerweile 145 Prozent. Auch für die meisten anderen Länder gelten weiterhin Sonderzölle, darunter Mexiko und Kanada.

Es ist noch unklar, welche Konsequenzen die Maßnahmen im Detail haben werden – es wird einige Zeit dauern, bis sie sich in Lieferketten und bei Verbrauchern bemerkbar machen. Die Angst vor steigenden Preisen ist jedoch groß. Es gibt vermehrt Berichte über Hamsterkäufe. Laut Berechnungen der Yale-Universität könnten die Zölle bis zum Jahr 2025 zu einem langfristigen Kaufkraftverlust von durchschnittlich 2.700 Dollar (etwa 2.400 Euro) pro US-Haushalt führen.

Der Handelskonflikt, der die USA laut Trump in ein «goldenes Zeitalter» führen soll, trifft kleine Unternehmen wie das von Ladenbesitzerin Rickey besonders hart. Noch hat sie ihre Preise nicht angehoben, lange wird sie das aber kaum durchhalten können. Viele ihrer Produkte stammen nicht aus den USA: Futter kommt vor allem aus Kanada. Spielzeug, Hundeleinen und anderes Zubehör aus Stoff oder Plastik überwiegend aus China.

https://x.com/WhiteHouse/status/1906853553714471027

Letztlich zählt der Preis

Viele Händler, mit denen Rickey arbeitet, sind hingegen eher klein und kommen aus Nordamerika, wie sie betont – anders als große Ketten oder Onlinehändler, die vor allem auf Masse setzen. Doch selbst die Produkte ihrer Geschäftspartner stammen oft aus China. «Wenn ich versuchen würde, nur amerikanische Produkte einzukaufen, würde der Laden ganz anders aussehen», sagt Rickey.

Am Ende zähle gerade in Zeiten hoher Alltagskosten für die meisten ihrer Kunden der Preis, erläutert sie – und der ganz praktische Bedarf der vierbeinigen Endverbraucher: «Wenn ein Hund alle zwei Wochen ein Spielzeug zerlegt, greift man eher zum 10-Dollar-Modell als zum teuren für 40 Dollar.»

Spielzeug, Kleidung, Elektronik, Haushaltsartikel

China ist für die USA ein Hauptlieferant preiswerter Konsumgüter, ob direkt oder indirekt. Dies betrifft sowohl Handelsriesen wie Walmart und Amazon als auch kleine Läden, die Spielzeug, Kleidung, Elektronik oder Haushaltsartikel verkaufen.

«Viele Unternehmer sind auf chinesische Lieferketten angewiesen. Sei es, um ihr Geschäft am Laufen zu halten oder um ihre Lager zu füllen», erklärt Alexis D’Amato vom Verband Small Business Majority, der landesweit nach eigenen Angaben rund 85.000 Kleinunternehmer verschiedenster Branchen vertritt. Was im Einzelhandel als «klein» gilt, ist dabei Auslegungssache: Die US-Behörde SBA zählt Betriebe mit bis zu 500 Beschäftigten dazu. Small Business Majority zieht die Grenze bei etwa dreißig Mitarbeitenden.

«Main Street» vs. Wall Street

Auch wenn die Realität vielerorts von Strukturwandel geprägt ist, verkörpern gerade diese inhabergeführten Läden das amerikanische Ideal der «Main Street» – jener typischen Hauptstraße kleiner Städte, wo man einander kennt. Es ist der Gegenentwurf zur mächtigen, anonymen Wall Street. Dieses Bild ist tief im nationalen Selbstverständnis verankert, über politische Lager hinweg.

Tatsächlich sind selbst diese Läden längst in globale Lieferketten eingebunden. Anders als Großkonzerne haben sie aber kaum Spielraum, um Preissteigerungen abzufedern oder ihre Bezugsquellen umzustellen, sagt D’Amato. Sie übt scharfe Kritik an Trumps handelspolitischem Schlingerkurs: «Gefühlt gibt es jeden zweiten Tag neue Zölle oder Änderungen.» Langfristige Planung? Praktisch unmöglich.

Manchen droht finanzieller Ruin

Das Beispiel von Beth Benike aus dem Bundesstaat Minnesota zeigt, wie schnell dies zu einer Existenzfrage werden kann. Bei den US-Sendern CNN und CBS News berichtete sie über die Notlage ihres Familienunternehmens, das Babyartikel in China herstellen lässt. Eine neue Lieferung im Wert von 160.000 Dollar war bereits versandbereit, als die Zölle in mehreren Schritten auf 125 Prozent angehoben wurden. Anstatt rund 30.000 Dollar für den Import der Waren zu zahlen, würde der Import plötzlich fast 200.000 Dollar kosten – Geld, das sie nicht hat. Mittlerweile wäre es sogar noch mehr.

Benike macht sich nicht nur um ihre Mitarbeiter Sorgen. Auch ihr Eigenheim ist gefährdet: Es dient als Sicherheit für einen Geschäftskredit.

Es fehlt an Standorten und Fachkräften

Und dann sind da noch die Finanzmärkte. In den USA ist die Altersvorsorge eng an die Börse geknüpft. Viele Selbstständige bauen auf ihr Aktiendepot. Wenn die Märkte schwanken, schwanke auch ihre Zukunft, warnt D’Amato. Trumps Zollpolitik sei «ein Schlag ins Gesicht» für viele ihrer Verbandsmitglieder. Was es eigentlich brauche, sei Unterstützung. Das Argument der Regierung, durch Zölle letztlich die heimische Produktion zu stärken, lässt sie nicht gelten. «Es gibt genug andere Wege», meint D’Amato.

Auch Ladenbesitzerin Rickey sieht das so. Wer wirklich inländische Produktion fördern wolle, müsse investieren – in Subventionen, Standorte, Fachkräfte. «Menschen, die eine Nähmaschine bedienen und in großer Stückzahl Hundespielzeug herstellen können, gibt es hier nicht», sagt sie und fügt mit Blick auf Trumps harte Migrationspolitik hinzu: «Wenn doch, dann schieben wir sie gerade so schnell wie möglich ab.»

Mehr als nur Zölle

Was Rickey generell bei dieser Regierung fehlt, ist ein schlüssiges Konzept. Die Zölle seien nur ein Teil, sagt sie. Dass der Verkauf bei «The Dog Park» nicht gut laufe, habe einige Gründe: Die Corona-Hilfen seien inzwischen ausgelaufen, gleichzeitig machten sich Trumps Massenkündigungen in Bundesbehörden bemerkbar – ein tiefer Einschnitt für die Region, in der viele im öffentlichen Dienst arbeiten. Außerdem sei der Tourismus in Alexandria zurückgegangen und mit ihm die Laufkundschaft.

Rickey ist eine pragmatische Unternehmerin, die schon lange verschiedene Standbeine hat. Schon vor Trumps Rückkehr ins Amt nahm sie deshalb Dienstleistungen mit ins Angebot: eine Tagesbetreuung für Hunde und einen Haustier-Friseursalon. Katzen sind auch willkommen.

dpa