Einzelhandel in der Krise: Rekordzahl an Insolvenzen
Die Zahl der Pleiten im deutschen Einzelhandel erreichte den höchsten Stand seit 2016. Experten erwarten weiter steigende Insolvenzzahlen, aber langsamer als zuvor.
Immer mehr Unternehmen im Einzelhandel gerieten zuletzt in Schieflage. (Symbolbild)
Foto: Jonas Walzberg/dpa
Die Anzahl der Insolvenzen im deutschen Einzelhandel ist so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Zwischen August 2024 und August 2025 wurden 2.490 Insolvenzen von Allianz Trade registriert. Dies sei der höchste Stand seit Oktober 2016, gab der Kreditversicherer bekannt. In den vorherigen zwölf Monaten lag die Zahl bei 2.520.
In Deutschland waren zuletzt unter anderem der Schuhhändler Görtz, der Modehersteller Gerry Weber und der Herrenausstatter Wormland betroffen. Die Modekette Esprit schloss in diesem Jahr insolvenzbedingt alle Geschäfte. Der Dekohändler Depot und der Discounter Kodi haben ihre Filialnetze deutlich verkleinert.
Guillaume Dejean, Branchenexperte von Allianz Trade, prognostiziert eine fortgesetzte Konsolidierung im Einzelhandel und einen weiteren Anstieg der Insolvenzzahlen – jedoch in einem verlangsamten Tempo. Bereits in den letzten Monaten zeichnete sich dieser Trend ab. Im August 2025 stiegen die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent, ein Jahr zuvor waren es noch 20 Prozent. Die Experten führen dies auf etwas verbesserte wirtschaftliche Aussichten zurück.
«Kampf, der teilweise an David gegen Goliath erinnert»
Der Einzelhandel in Europa zählt zu den Branchen, die besonders stark belastet sind. Ein Blick ins Ausland gibt jedoch Hoffnung: In den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich, Norwegen und Dänemark ist die Anzahl der Insolvenzen laut Allianz Trade zuletzt teilweise deutlich gesunken.
«Der Einzelhandel kämpft noch immer mit den tiefgreifenden Veränderungen seines Geschäftsmodells, die während der Pandemie begonnen haben», sagt Dejean. Um dem verstärkten Wettbewerb durch große Online-Marktplätze standzuhalten, müssten Einzelhändler unter anderem verstärkt in digitale Kanäle und moderne Technik investieren. Vor allem kleinere Akteure könnten dies oft kaum stemmen. «Das ist ein Kampf, der teilweise an David gegen Goliath erinnert.» Einige Textilhändler hingen bereits «am seidenen Faden».
