Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Milliardenverluste drohen: Banken und Versicherer im grünen Umbau der Wirtschaft

Europas Finanzinstitute könnten bei grünem Umbau und konjunkturellen Schocks erhebliche Verluste erleiden. Klimastresstest warnt vor steigenden Kreditrisiken und fordert widerstandsfähiges Finanzsystem.

Chance und Risiko: Klimafreundlicher Umbau der Wirtschaft
Foto: Hannes P. Albert/dpa

Die Milliardenherausforderung des grünen Umbaus der Wirtschaft gepaart mit konjunkturellen Schocks könnte für Europas Banken und Versicherer zu erheblichen Verlusten führen. Zu diesem Fazit kommen die Bankenaufsicht EBA, die Versicherungsaufsicht EIOPA, die Wertpapieraufsicht ESMA und die Europäische Zentralbank (EZB) in einem ersten sektorübergreifenden Klimastresstest: «In den untersuchten Szenarien ist es unwahrscheinlich, dass Übergangsrisiken allein die Finanzstabilität gefährden. Wenn jedoch Übergangsrisiken mit makroökonomischen Schocks kombiniert werden, können sie die Verluste für Finanzinstitute erhöhen und zu Störungen führen.»

EU-Klimaziele als Ausgangspunkt

Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, ihren Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 zu senken. Bis 2050 will die EU klimaneutral sein – das heißt: Klimaschädliche Gase wie CO2 sollen von da an vermieden oder gespeichert werden. Dafür soll vor allem das Gesetzespaket «Fit for 55» unter dem Dach des sogenannten Green Deal sorgen. Die Strategie umfasst Maßnahmen in verschiedenen Bereichen wie Energie, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft.

Für den Umbau der Wirtschaft von «braun» zu «grün» sind Milliardensummen nötig. Das eröffnet Investitionschancen. Zugleich jedoch nehmen Kreditrisiken infolge des Klimawandels zu. Die Aufseher sollten ergründen, wie widerstandsfähig das Finanzsystem im Einklang mit dem «Fit-for-55»-Paket ist und inwiefern die Finanzinstitute auch unter Stressbedingungen in der Lage wären, den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft zu unterstützen.

Mehrere Szenarien durchgespielt

In dem Stresstest wurde ein Zeitraum von acht Jahren (2022 bis 2030) untersucht. Die Auswirkungen der folgenden drei Szenarien wurden für 110 Banken, 2.331 Versicherer, 629 Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung – das sind ungefähr Pensionskassen – und etwa 22.000 in der EU ansässige Fonds bewertet.

– Das Basisszenario simuliert einen reibungslosen und rechtzeitigen Übergang zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft, bei dem die Regierungen die politischen Maßnahmen des «Fit-for-55-Pakets» umsetzen. Die Wirtschaft wächst, die Energiepreise sind relativ stabil.

– Im ersten Negativszenario wird angenommen, dass Investoren im Zuge der Neubewertung von Klimarisiken Vermögenswerte kohlenstoffintensiver Unternehmen abstoßen.

Im zweiten Negativszenario werden zusätzlich zum Preisverfall bei bestimmten Vermögenswerten auch makroökonomische Stressfaktoren berücksichtigt. Es wird angenommen, dass die Gas- und Kohlenstoffpreise erheblich steigen.

Drohende Milliardeneinbußen

Im schlimmsten Fall könnten die Kredit- und Marktverluste von Banken laut den Berechnungen der Aufseher auf 638 Milliarden Euro steigen – das entspräche 10,9 Prozent der betrachteten Engagements. Bei Versicherern würde der Wert ihrer Kapitalanlagen im zweiten Negativszenario um 18,8 Prozent beziehungsweise 1.285 Milliarden Euro sinken, bei Pensionskassen wären es sogar 21,5 Prozent (379 Mrd Euro).

Unter anderem mussten sich aus Deutschland die Deutsche Bank und die Commerzbank, die Landesbanken BayernLB, Helaba, LBBW und NordLB, DZ Bank und Dekabank sowie Deutschlands größte deutsche Sparkasse, die Hamburger Haspa, dem Test stellen. Die Ergebnisse sollen keine Auswirkungen auf die Kapitalanforderungen für Finanzinstitute haben.

dpa