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Stromsteuersenkung spaltet die Koalition

Absage einer schnellen Senkung bringt schwarz-rote Regierungsbündnis unter Druck. Verbände kritisieren die Entscheidung als Vertrauensbruch.

CDU, CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag angekündigt, die Stromsteuer für alle zu senken. (Symbolbild)
Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Bricht die neue Koalition ein zentrales Versprechen? Die Absage einer schnellen Senkung der Stromsteuer für alle setzt das schwarz-rote Regierungsbündnis unter Druck. Der Ministerpräsident von NRW, Hendrik Wüst (CDU), erklärte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), dass die Senkung der Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD klar festgelegt sei. Er warnte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) davor, an dieser entscheidenden Stelle einen Bruch des Koalitionsvertrags zu verursachen.

Breite Kritik

Ähnlich äußerten sich der Handelsverband Deutschland und der Verbraucherzentrale Bundesverband. In einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Schreiben an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) heißt es, die Entscheidung zur Stromsteuer sei ein «fatales Signal» und ein schwerer Vertrauensbruch gegenüber Millionen von Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland. Die Koalition dürfe private Haushalte nicht im Stich lassen. 

Die Chefin des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, nannte die Entscheidung, Energie nur für Unternehmen billiger zu machen und nicht für die Verbraucher, ein absolut falsches Zeichen. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, sprach in der «Bild»-Zeitung von einem «Wortbruch».

Ankündigung im Koalitionsvertrag 

CDU, CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag angekündigt, die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß zu senken – und damit auch private Haushalte zu entlasten. Allerdings nennt Schwarz-Rot dafür keine Jahreszahl, sondern spricht von einer «Sofortmaßnahme»: «Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren», heißt es wörtlich.

Die Stromsteuer für private Verbraucher beträgt derzeit 2,05 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Das europäische Mindestmaß liegt bei 0,1 Cent pro kWh. Eine Reduzierung würde nicht nur die Stromkosten für private Verbraucher senken, sondern auch Wärmepumpen oder E-Autos attraktiver machen.

Klingbeil verteidigt Entscheidung

Finanzminister Klingbeil sagte im Bundestag, dass alles, was im Koalitionsvertrag stehe, unter Finanzierungsvorbehalt stehe. Dennoch sende die Koalition sehr schnell ein erstes klares Signal, um die Energiepreise zu senken und sie wettbewerbsfähig zu machen. Es sind Entlastungen ab Januar geplant.

Der Vorsitzende der SPD wies auf die geplante Senkung der Netzentgelte als Bestandteil des Strompreises hin. Des Weiteren sollen Gaskunden zukünftig nicht mehr die Gasspeicherumlage zahlen müssen, und die Stromsteuer für das produzierende Gewerbe wird gesenkt. Das allein kostet einige Milliarden. Klingbeil sieht den Bundeshaushalt unter Konsolidierungsdruck.

Streit in Koalition bahnt sich an

Vor allem Unionspolitiker bestehen jedoch darauf, dass die Regierung die Stromsteuer dennoch für alle senkt. Wüst sagte, Klingbeil stoße mit seinen Plänen nicht nur Handwerk, Handel und Dienstleistern vor den Kopf, sondern auch Millionen Familien. Auch sie bräuchten dringend eine spürbare Entlastung von den viel zu hohen Strompreisen. Ähnlich hatten sich zuvor bereits andere Politiker von CDU sowie CSU geäußert.

Die SPD kontert. Der Beschluss zur Stromsteuer sei «selbstverständlich eng in der Koalition abgestimmt», sagte Generalsekretär Tim Klüssendorf der «Bild»-Zeitung.

Allerdings gibt es auch in der SPD Stimmen für einen Kurswechsel. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke rief die Bundesregierung zu einer Senkung der Strompreise für die gesamte Wirtschaft auf. «Wir brauchen Fairness – und das heißt alle Wirtschaftsbereiche. Und ich hoffe, dass die Bundesregierung über diese Fragen noch nachdenkt», sagte der SPD-Politiker beim Sommerfest der Landesregierung: 

Wie es weitergeht

Der Konflikt über die Stromsteuer wird voraussichtlich weitergehen. Auch zahlreiche Verbände aus dem Mittelstand üben Kritik an der Regierung. Nach einer langen wirtschaftlichen Stagnation verbesserte sich zuletzt die Stimmung, Institute erhöhten ihre Konjunkturprognosen. Die Regierung plant umfangreiche Entlastungen durch steuerliche Abschreibungsregeln. Allerdings könnte die Stromsteuer nun zu einem ernsthaften Problem für die Regierung, insbesondere im Mittelstand, werden.

Der Haushalt ist jedoch noch nicht endgültig beschlossen, jetzt ist der Bundestag am Zug. Im parlamentarischen Verfahren könnte die Senkung der Stromsteuer für alle noch beschlossen werden. Dafür müsste jedoch an anderer Stelle Geld bereitgestellt werden – es handelt sich um zig Milliarden Euro.

dpa