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Krypto-Portfolio diversifizieren: Ist das für Anleger sinnvoll?

Digitale Währungen galten lange als Spielwiese für Tech-Enthusiasten, Risikofans und Menschen, die schon früh wussten, was ein Wallet ist. Heute sehen die Dinge anders aus. Krypto hat sich aus der Nische geschält und steht plötzlich auf der Einkaufsliste von Menschen, die sonst eher in ETFs oder Goldbarren denken.  Doch mit der breiteren Akzeptanz stellt sich […]

Krypto-Portfolio diversifizieren: Ist das für Anleger sinnvoll?
Foto: https://unsplash.com/de/fotos/-s57QXY641cY

Digitale Währungen galten lange als Spielwiese für Tech-Enthusiasten, Risikofans und Menschen, die schon früh wussten, was ein Wallet ist. Heute sehen die Dinge anders aus. Krypto hat sich aus der Nische geschält und steht plötzlich auf der Einkaufsliste von Menschen, die sonst eher in ETFs oder Goldbarren denken. 

Doch mit der breiteren Akzeptanz stellt sich auch eine ganz neue Frage: Wenn man schon in Kryptowährungen investiert, sollte man dann alles auf Bitcoin setzen oder lieber breiter streuen?

Warum Diversifikation auch in der Krypto-Welt ein Grundprinzip bleiben sollte

Diversifikation ist keine esoterische Theorie aus dem Lehrbuch für Betriebswirtschaft, sondern eines der ältesten Werkzeuge der Finanzwelt. Wer sein Kapital auf verschiedene Anlageklassen verteilt, kann Risiken reduzieren und Schwankungen abfedern. Was im klassischen Depot mit Aktien, Anleihen und Rohstoffen funktioniert, lässt sich prinzipiell auch auf den Krypto-Markt übertragen, allerdings mit ein paar Besonderheiten.

Denn während Aktien in der Regel durch reale Unternehmenswerte gedeckt sind, funktionieren Kryptowährungen oft rein digital und spekulativ. Projekte können innerhalb von Wochen von Milliardenbewertungen auf fast null fallen. Genau deshalb lohnt es sich, auch innerhalb dieser Anlageklasse auf eine gewisse Streuung zu setzen. Denn Bitcoin mag der Platzhirsch sein, aber selbst er zeigt regelmäßig Kurssprünge, die nichts für schwache Nerven sind.

Zudem ist nicht jede Kryptowährung gleich. Während einige auf digitale Zahlungssysteme setzen, arbeiten andere an Lösungen für dezentrale Finanzsysteme oder digitalen Identitäten. Wer Coins auswählt, die auf unterschiedlichen technologischen Grundlagen basieren und in verschiedene Märkte hineinwirken, erhöht die Chance, dass nicht das ganze Portfolio gleichzeitig kippt, selbst wenn der Gesamtmarkt schwankt. 

Viele setzen auf Ethereum oder Solana, andere wiederum möchten gezielt XRP kaufen, weil sie an die Zukunft globaler Zahlungsnetzwerke glauben. Genau solche Unterschiede machen Diversifikation innerhalb des Krypto-Markts überhaupt erst möglich.

Argumente für ein diversifiziertes Portfolio

Bitcoin ist unbestritten das Aushängeschild der Szene. Er war der Erste, ist am weitesten verbreitet und gilt in vielerlei Hinsicht als der verlässlichste Coin am Markt. Dennoch macht es einen Unterschied, ob man auf digitale Wertspeicherung setzt oder auf eine Infrastruktur, die neue Anwendungsfälle erschließt.

Ethereum zum Beispiel ist nicht einfach nur eine Währung, sondern das Fundament für Smart Contracts, dezentrale Börsen und digitale Vermögenswerte wie NFTs. Wer hier investiert, beteiligt sich gewissermaßen an einem Betriebssystem für die Blockchain-Welt. Andere Projekte wie Solana oder Avalanche zielen auf hohe Transaktionsgeschwindigkeit, während Chainlink Datenbrücken zwischen Blockchain und Realwelt baut.

Eine bewährte Struktur, um diesen Kosmos sinnvoll abzubilden, ist das sogenannte Core-Satellite-Modell. Der Kern besteht aus vergleichsweise stabilen Werten wie Bitcoin oder Ethereum, die als Rückgrat dienen. 

Drumherum gruppieren sich kleinere, wachstumsorientierte Altcoins mit spezieller Ausrichtung. Diese bringen mehr Potenzial, aber eben auch mehr Risiko. Wer hier übertreibt oder blindlings nach jedem neuen Coin greift, kann sich schnell eine tickende Zeitbombe ins Portfolio holen.

Wie weit Krypto in Europa auf dem Weg zum Mainstream ist

Dass dieses Thema überhaupt relevant geworden ist, liegt auch an einem Wandel in der Wahrnehmung. Kryptowährungen sind längst nicht mehr das Hobby von Nerds mit Hoodie und USB-Stick. In der Studie „Bitpanda Technology Solutions: Krypto auf dem Weg in Europas Mainstream“, zeigt sich: Krypto ist auf dem Sprung in die breite Masse.

Befragt wurden 10.000 Investoren aus 13 europäischen Ländern. Das Ergebnis: Rund 14 Prozent der Privatanleger halten bereits Krypto, weitere 12 Prozent planen den Einstieg. Besonders aufschlussreich ist der Blick auf die Vermögenden. Hier liegt der Anteil der Investierten oder Interessierten bereits bei 50 Prozent. Insgesamt verwalten diese Gruppen mehr als 25 Billionen Euro an liquiden Mitteln. Allein das zeigt, welches Potenzial in einer durchdachten Positionierung liegt.

Bemerkenswert ist auch, dass 35 Prozent der Befragten Kryptowährungen aktiv zur Diversifikation nutzen. Und fast die Hälfte, exakt 43 Prozent, sieht in digitalen Assets einen festen Bestandteil der eigenen Anlagestrategie. Das ist keine Spielerei mehr, das ist strategisches Denken mit Blick auf die Zukunft.

Wie sich ein sinnvolles Krypto-Portfolio zusammenstellen lässt

Wer nun denkt, er müsse einfach nur ein paar Altcoins auf Verdacht kaufen, irrt gewaltig. Der Markt ist voll von Projekten, die zwar laut klingen, aber wenig dahinter haben. Deshalb kommt es auf Kriterien an, die eine fundierte Auswahl ermöglichen.

Die Marktkapitalisierung gibt Auskunft über die Größe und Akzeptanz eines Coins. Der tatsächliche Anwendungsfall, der sogenannte Use Case, zeigt, ob das Projekt überhaupt ein Problem löst. Auch das Entwicklerteam spielt eine Rolle: Ist es bekannt, aktiv und vertrauenswürdig? Oder wird das Whitepaper von anonymen Gruppen betreut, die vor allem schnell Kasse machen wollen?

Eine starke Community, gute Liquidität und Listung auf renommierten Börsen sind weitere Indikatoren. Und ja, das alles klingt nach Arbeit. Ist es auch. Doch wer sich diese Mühe nicht macht, läuft Gefahr, in Projekte zu investieren, deren Kursverlauf am Ende eher an einen Stein im freien Fall erinnert.

Kryptowährungen im Gesamtportfolio

Dass Kryptowährungen eine ganz eigene Risikoklasse darstellen, steht außer Frage. Dennoch zeigen historische Daten, dass sie mit traditionellen Anlageklassen wie Aktien oder Anleihen nur schwach korrelieren. Wer also auf der Suche nach echten Diversifikationseffekten ist, findet hier unter Umständen ein wertvolles Puzzlestück.

Allerdings mit Einschränkung: Schon eine Beimischung von 1 bis 5 Prozent kann einen messbaren Effekt haben, mehr muss es nicht sein, vor allem nicht bei Einsteigern. Wer hingegen meint, gleich ein Drittel seines Portfolios in spekulative Coins zu stecken, spielt weniger mit Strategie als mit dem Feuer.

Besonders in Phasen hoher Inflation oder geopolitischer Unsicherheit wird Krypto gern als „sicherer Hafen“ vermarktet. Doch dieser Titel ist mit Vorsicht zu genießen. Denn auch wenn Bitcoin eine begrenzte Menge hat und theoretisch inflationsresistent ist, die Praxis zeigt, dass seine Kurse alles andere als stabil sind.

Wichtige Rahmenbedingungen müssen beachtet werden

Wer Krypto hält, muss sich um mehr kümmern als nur um den Kurs. Sicheres Aufbewahren ist keine Option, sondern Pflicht. Hardware-Wallets wie Ledger oder Trezor gelten als sicherste Lösung, weil sie offline arbeiten und keinen ständigen Internetzugang benötigen. Wer lieber indirekt investiert, kann auf regulierte Produkte wie Krypto-ETPs zurückgreifen, gerade für Menschen, die sich nicht selbst um Keys und Wallets kümmern wollen.

Auch steuerlich wird’s schnell kompliziert. In Deutschland gilt: Wer Kryptowährungen mindestens ein Jahr hält, kann Gewinne steuerfrei realisieren. Wer vorher verkauft, zahlt Einkommenssteuer und muss die Transaktionen lückenlos dokumentieren. Tools wie CoinTracking oder Blockpit helfen, das Chaos in geordnete Bahnen zu lenken.

Und dann ist da noch das Thema Rebalancing. Wer nicht regelmäßig kontrolliert, wie sich die Gewichtung seiner Positionen verändert, läuft Gefahr, aus dem Gleichgewicht zu geraten. Beispiel: Ethereum steigt im Kurs und macht plötzlich 50 Prozent des Portfolios aus, obwohl ursprünglich nur 25 Prozent geplant waren. Dann ist es Zeit, Gewinne zu sichern und die Balance wiederherzustellen. Wer das ignoriert, überlässt dem Zufall die Kontrolle über seine Wirtschaft.

Ricardo Bohn