Mit Steueranreizen will die Regierung ältere Menschen bewegen, länger zu arbeiten. Schon ohne «Aktivrente» bleiben viele Ruheständler beruflich aktiv. Aber nicht alle sind dazu in der Lage.
Länger arbeiten: Passt für viele, aber nicht für alle

Im Rentenalter zu arbeiten, ist in Deutschland gar nicht so ungewöhnlich. Laut dem Statistischen Bundesamt auf der Grundlage des Mikrozensus 2024 gehen unverändert 13 Prozent der Menschen zwischen 65 und 75 Jahren einer Beschäftigung nach. Ältere Männer sind mit einem Anteil von 16 Prozent etwas häufiger erwerbstätig als Frauen, die auf einen Anteil von 10 Prozent kommen.
Rennt die Bundesregierung also offene Türen ein, wenn sie ab dem kommenden Jahr mit der sogenannten «Aktivrente» lockt? Vom Zuverdienst sollen dann monatlich 2000 Euro steuerfrei bleiben, Fachkräfte länger in den Betrieben gehalten werden. Schon seit 2023 können Altersrentner unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass ihre Rente gemindert würde. Allerdings müssen Rente und Arbeitslohn wie andere Einkommensarten bislang auch gemeinsam versteuert werden.
Ökonomische Ausgangslage
Laut der Deutschen Rentenversicherung waren Ende 2023 bereits 1,46 Millionen Rentner berufstätig – mit steigender Tendenz. Die wirtschaftliche Situation ist für viele Ruheständler zumindest nicht positiv. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes beträgt das durchschnittliche gewichtete Nettoeinkommen der 16,3 Millionen Rentner und Pensionäre knapp 2.000 Euro pro Person pro Monat. Jeder Fünfte muss mit weniger als 1400 Euro auskommen, während eine schnell wachsende Gruppe von zuletzt rund 4 Prozent auf Grundsicherung angewiesen ist. Dies entspricht 563 Euro pro Monat zuzüglich angemessener Heiz- und Wohnkosten.
In einer früheren Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gaben jedoch nur 43 Prozent der Befragten finanzielle Gründe für ihre Erwerbstätigkeit im Ruhestand an. Viel wichtiger waren der Spaß an der Arbeit (97 Prozent), weiterhin eine Aufgabe zu haben (92 Prozent) oder der Kontakt zu anderen Menschen (91 Prozent). Eine Studie, an der das Deutsche Zentrum für Altersfragen beteiligt war, zeigt auch, dass Personen, die mit ihrer Arbeit zufrieden sind, später in den Ruhestand gehen.
Gebildete arbeiten länger
Ein höheres Bildungsniveau führt eindeutig dazu, dass Menschen länger berufstätig bleiben. Die Statistiker haben festgestellt, dass 18 Prozent der befragten Rentnerinnen und Rentner mit höherem Bildungsabschluss noch arbeiten, im Vergleich zu nur 10 Prozent mit niedrigerem Bildungsniveau. Dieser Wert ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken, als noch 11 Prozent erwerbstätig waren.
Die Linken-Politikerin Sarah Vollrath ist von den Unterschieden nicht überrascht. Sie sagt: «Denn diejenigen, die ihr ganzes Leben lang in körperlich anstrengenden Berufen gearbeitet haben, schaffen es oft noch nicht einmal bis zum regulären Renteneintritt. Sie nehmen jetzt schon Abschläge in Kauf, um überhaupt noch etwas von ihrem Ruhestand zu haben.» Die Bundesregierung solle diese Menschen stärker in den Fokus nehmen, statt «viel zu teure Steuergeschenke» an Besserverdienende zu verteilen.
Es handelt sich lediglich um einige zusätzliche Jahre Arbeit, da die Erwerbstätigkeit der Rentner mit zunehmendem Alter kontinuierlich abnimmt, wie die aktuellen Zahlen zeigen. Während sie im Alter von 65 bis 66 Jahren noch 18 Prozent beträgt, liegt sie bei den 73- bis 74-Jährigen nur noch bei 8 Prozent, wie aus den Umfragen hervorgeht.
Meist kürzere Arbeitszeiten
Etwa die Hälfte der berufstätigen Senioren gibt an, geringfügig beschäftigt zu sein. 39 Prozent arbeiten höchstens zehn Stunden. Weitere 26 Prozent arbeiten zwischen 10 und 20 Stunden pro Woche. 14 Prozent geben an, mehr als 40 Stunden pro Woche zu arbeiten.
In dieser Gruppe sind viele Selbstständige vertreten, die zusammen 29 Prozent aller arbeitenden Rentner ausmachen. Der Aktivrenten-Anreiz soll für sie jedoch nicht gelten, im Gegensatz zu den Arbeitnehmern.








