Volle Innenstädte, aber sparsame Kunden: Das Weihnachtsgeschäft frustriert viele Einzelhändler. Nicht nur Spekulatius und Lebkuchen wurden verschmäht. Doch in einigen Branchen lief es deutlich besser.
Lahmes Weihnachtsgeschäft – aber das Finale kommt erst noch

Im Weihnachtsgeschäft müssen Einzelhändler manchmal das tun, was vor allem Fußballtrainer machen. Läuft es nicht rund, werfen sie in der Schlussphase alles nach vorn. So startete die Modekette Peek & Cloppenburg zum letzten Adventswochenende eine große Werbekampagne – mit bis zu 50 Prozent Rabatt auf Mäntel, Jacken und Pullover. Auch Otto, Galeria und andere lockten mit Nachlässen. Auf den letzten Metern versuchten die Unternehmen, das Weihnachtsgeschäft noch zu retten. Ob das reicht?
Bis zum vierten Advent zeigte sich nur jeder sechste Händler mit dem bisherigen Verlauf zufrieden, zwei Drittel waren unzufrieden. Das zeigt eine Umfrage des Handelsverbandes Deutschland (HDE) unter 300 Unternehmen. Auch die traditionell umsatzstärkste Woche vor dem vierten Advent blieb hinter den Erwartungen zurück. Die bisherige Bilanz fällt laut HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth schwach aus. «Das haben wir in dieser Form in den vergangenen Jahren noch nicht erlebt.»
Sinkende Nachfrage nach Weihnachtsgebäck
Wie großzügig waren die Verbraucherinnen und Verbraucher in dieser Weihnachtszeit? Eine am 22. Dezember durchgeführte YouGov-Umfrage zeigt: 30 Prozent haben weniger Geld für Geschenke, Weihnachtsmärkte, Essen, Baum und Kalender ausgegeben als 2024, 16 Prozent mehr und 44 Prozent genauso viel wie im Vorjahr. 10 Prozent haben keine Angabe gemacht.
Nach Angaben von Rolf Bürkl ist die Sparneigung in diesem Monat auf den höchsten Stand seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 gestiegen. «Das hat das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr stark beeinträchtigt», sagt der Konsumexperte vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen. Grund dafür sei eine zunehmende Verunsicherung, etwa durch steigende Inflationsängste. Obwohl vielerorts mit Rabatten geworben wurde, empfinden viele Menschen die allgemeinen Kosten rund um Weihnachten in diesem Jahr als deutlich oder etwas teurer als 2024. Zwei Drittel geben das in einer YouGov-Befragung an.
Die Situation bei Weihnachtssüßwaren zeigt sich symbolisch. Die Nachfrage nach Gebäck wie Spekulatius und Lebkuchen, Stollen oder Schoko-Weihnachtsmännern war in diesem Jahr deutlich niedriger als 2024. Laut dem Marktforscher NIQ waren die verkauften Stückzahlen bis Anfang Dezember etwa 15 Prozent niedriger. Die höheren Preise schreckten die Verbraucher ab, die Packungen kosteten im Durchschnitt etwa 12 Prozent mehr als im Vorjahr. Über zwei Drittel der Ware wurde im Sonderangebot gekauft, 2024 lag der Anteil noch bei ungefähr der Hälfte.
Konkurrenz durch Temu und Shein
Die deutschen Fußgängerzonen waren im November und Dezember sehr belebt – sogar mehr als im Vorjahr, wie Daten von NIQ zeigen. Die Besucherzahlen in 283 gemessenen Innenstadtlagen stiegen um mehr als 10 Prozent auf insgesamt 507 Millionen. Besonders gut besucht waren die Friedrichstraße und der Alexanderplatz in Berlin.
Laut HDE-Hauptgeschäftsführer Genth habe dies keine Auswirkungen auf den Einzelhandel gehabt. Eine höhere Besucherzahl in den Innenstädten habe nicht automatisch zu einem belebten Weihnachtsgeschäft geführt. Obwohl die Weihnachtsmärkte an vielen Orten gut besucht waren, hätten laut HDE über 70 Prozent der Unternehmen von einem Rückgang der Besucherzahlen im Vergleich zum Vorjahr berichtet.
Auch frustrierend waren die anfänglich chinesischen Shoppingportale Temu, Shein oder AliExpress, die den Händlern beträchtliche Umsätze entzogen. Laut einer YouGov-Umfrage kaufte jeder fünfte Verbraucher in Deutschland dort Weihnachtsgeschenke. Der Handelsverband schätzt, dass Temu und Shein im November und Dezember hierzulande bis zu einer Milliarde Euro Umsatz erzielen.
Wo die Menschen sparen und wo nicht
Der Modehandel ist davon besonders betroffen. «Wir liegen definitiv unter dem Vorjahr», sagt Axel Augustin, Geschäftsführer des Branchenverbandes BTE. Im vergangenen Jahr profitierte die Branche von einem Wintereinbruch im November. «Das sorgte für Bedarfskäufe, weil die Menschen warme Jacke brauchten.» Diesmal blieb der Wetter-Effekt aus.
Auch Douglas bemerkte die Zurückhaltung der Käufer. Im entscheidenden letzten Quartal gab es Probleme, da die Kunden mehr auf die Preise geachtet haben und der Druck auf Rabatte hoch war, berichtete die Parfümeriekette kürzlich.
Doch gespart wird nicht überall gleichermaßen. «Bei Reisen sind die Bürger in Deutschland derzeit bereit, Geld auszugeben, um in diesen unsicheren Zeiten dem Alltag zu entfliehen und gemeinsam Zeit zu verbringen», sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Genth. Die gestiegenen Ticketpreise würden dabei offensichtlich akzeptiert.
Welche Geschenke liegen unter dem Weihnachtsbaum?
In einigen Sektoren lief das Geschäft besser. Laut Handelsverband waren Gutscheine und Spielwaren erneut die beliebtesten Geschenke. Auch Bücher, Uhren und Schmuck waren laut Genth begehrt. Nach Angaben von NIQ gab es auch eine hohe Nachfrage nach technischen Konsumgütern. Besonders gut verkauften sich im Vergleich zum Vorjahr unter anderem Roboterstaubsauger (+24 Prozent), Heißluftfritteusen (+15 Prozent), Desktop-PCs (+18 Prozent) und Laptops (+13 Prozent). Der Onlinehandel profitierte zum Jahresende besonders, unterstützt durch die Rabattaktion Black Friday.
Das Weihnachtsgeschäft endet nicht mit dem Heiligabend. Nach den Feiertagen beginnt eine kurze, aber wichtige Nachspielzeit, die dem Handel Hoffnung macht. Viele Kunden nutzen die freien Tage zwischen Weihnachten und Neujahr zum Einkaufen, geben Geldgeschenke aus und lösen Gutscheine ein. Oftmals geben sie sogar noch etwas extra dazu. Laut einer HDE-Umfrage bezeichneten immerhin 14 Prozent der Händler die Zeit nach den Feiertagen als die umsatzstärkste Phase im Weihnachtsgeschäft.
Der Einzelhandel erwartet im November und Dezember Einnahmen in Höhe von 126,2 Milliarden Euro. Dies würde einem Anstieg von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entsprechen. Der Verband plant, eine endgültige Bilanz erst im Januar zu ziehen.








