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Weihnachtsgeschäft in der Krise: Einzelhändler mit großen Rabatten im Endspurt

Nur jeder sechste Händler zufrieden, 30% weniger Ausgaben, Sparneigung auf Höchststand seit 2008.

Viele Kunden schauten im Weihnachtsgeschäft stark auf Preise und Rabatte.
Foto: Andreas Arnold/dpa

Im Weihnachtsgeschäft müssen Einzelhändler gelegentlich das tun, was vor allem Fußballtrainer machen. Läuft es nicht rund, werfen sie in der Schlussphase alles nach vorn. So startete die Modekette Peek & Cloppenburg zum letzten Adventswochenende eine große Werbekampagne – mit bis zu 50 Prozent Rabatt auf Mäntel, Jacken und Pullover. Auch Otto, Galeria und andere lockten mit Rabatten. Auf den letzten Metern versuchten die Unternehmen, das Weihnachtsgeschäft noch zu retten. Ob das ausreicht?

Bis zum vierten Advent zeigte sich nur jeder sechste Händler mit dem bisherigen Verlauf zufrieden, zwei Drittel waren unzufrieden. Das zeigt eine Umfrage des Handelsverbandes Deutschland (HDE) unter 300 Unternehmen. Auch die traditionell umsatzstärkste Woche vor dem vierten Advent blieb hinter den Erwartungen zurück. Die bisherige Bilanz fällt laut HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth schwach aus. «Das haben wir in dieser Form in den vergangenen Jahren noch nicht erlebt.»

Sinkende Nachfrage nach Weihnachtsgebäck

Wie großzügig waren die Verbraucherinnen und Verbraucher in dieser Weihnachtszeit? Laut einer am 22. Dezember durchgeführten YouGov-Umfrage haben 30 Prozent weniger Geld für Geschenke, Weihnachtsmärkte, Essen, Baum und Kalender ausgegeben als 2024, 16 Prozent mehr und 44 Prozent genauso viel wie im Vorjahr. 10 Prozent haben keine Angaben gemacht.

Laut Rolf Bürkl ist die Sparneigung in diesem Monat auf den höchsten Stand seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 gestiegen. «Das hat das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr stark beeinträchtigt», sagt der Konsumexperte vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen. Eine zunehmende Verunsicherung, etwa durch steigende Inflationsängste, ist der Grund dafür. Trotz vieler Rabattaktionen empfinden viele Menschen die allgemeinen Kosten rund um Weihnachten in diesem Jahr als deutlich oder etwas teurer als 2024. Zwei Drittel geben das in einer YouGov-Befragung an.

Die Situation bei Weihnachtssüßwaren zeigt sich symbolisch. Die Nachfrage nach Gebäck wie Spekulatius und Lebkuchen, Stollen oder Schoko-Weihnachtsmännern war in diesem Jahr deutlich geringer als 2024. Laut dem Marktforscher NIQ waren die verkauften Stückzahlen bis Anfang Dezember um etwa 15 Prozent niedriger. Die höheren Preise schreckten die Verbraucher ab, die Packungen kosteten im Durchschnitt etwa 12 Prozent mehr als im Vorjahr. Über zwei Drittel der Waren wurden im Sonderangebot gekauft, während der Anteil im Jahr 2024 noch bei ungefähr der Hälfte lag.

Konkurrenz durch Temu und Shein

In den deutschen Fußgängerzonen war im November und Dezember viel los, wie Daten von NIQ zeigen. Die Besucherzahlen stiegen in 283 gemessenen Innenstadtlagen um mehr als 10 Prozent auf 507 Millionen. Am meisten besucht waren die Friedrichstraße und der Alexanderplatz in Berlin.

Laut HDE-Hauptgeschäftsführer Genth war dies im Einzelhandel nicht spürbar. Eine höhere Frequenz in den Innenstädten führte nicht automatisch zu einem belebten Weihnachtsgeschäft. Obwohl die Weihnachtsmärkte an vielen Orten gut besucht waren, gaben laut HDE über 70 Prozent der Unternehmen an, dass die Besucherzahlen im Vergleich zum Vorjahr rückläufig waren.

Auch frustrierend waren die ursprünglich chinesischen Shoppingportale Temu, Shein oder AliExpress, die den Händlern beträchtliche Umsätze entzogen. Gemäß einer YouGov-Umfrage kaufte jeder fünfte Verbraucher in Deutschland dort Weihnachtsgeschenke. Der Handelsverband schätzt, dass Temu und Shein im November und Dezember hierzulande bis zu einer Milliarde Euro Umsatz generieren.

Wo die Menschen sparen und wo nicht

Der Modehandel ist davon besonders betroffen. «Wir liegen definitiv unter dem Vorjahr», sagt Axel Augustin, Geschäftsführer des Branchenverbandes BTE. Im vergangenen Jahr profitierte die Branche von einem Wintereinbruch im November. «Das sorgte für Bedarfskäufe, weil die Menschen warme Jacke brauchten.» Diesmal blieb der Wetter-Effekt aus. 

Auch Douglas hat die Kaufzurückhaltung gespürt. Im entscheidenden letzten Quartal hat das Geschäft darunter gelitten, dass Kunden verstärkt auf Preise geachtet haben und der Druck für Rabatte hoch gewesen sei, berichtete die Parfümeriekette kürzlich.

Doch gespart wird nicht überall gleichermaßen. «Bei Reisen sind die Bürger in Deutschland derzeit bereit, Geld auszugeben, um in diesen unsicheren Zeiten dem Alltag zu entfliehen und gemeinsam Zeit zu verbringen», sagt HDE-Hauptgeschäftsführer Genth. Die gestiegenen Ticketpreise würden dabei offensichtlich akzeptiert. 

Welche Geschenke liegen unter dem Weihnachtsbaum?

In einigen Sektoren lief das Geschäft besser. Gemäß dem Handelsverband waren Gutscheine und Spielwaren erneut die beliebtesten Geschenke. Auch Bücher, Uhren und Schmuck waren laut Genth begehrt. Nach Angaben von NIQ gab es auch eine hohe Nachfrage nach technischen Konsumgütern. Besonders gut verkauften sich im Vergleich zum Vorjahr unter anderem Roboterstaubsauger (+24 Prozent), Heißluftfritteusen (+15 Prozent), Desktop-PCs (+18 Prozent) und Laptops (+13 Prozent). Der Onlinehandel profitierte zum Ende des Jahres besonders, unterstützt durch die Rabattaktion Black Friday.

Das Weihnachtsgeschäft endet nicht mit Heiligabend. Nach den Feiertagen beginnt eine kurze, aber wichtige Nachspielzeit, die dem Handel Hoffnung macht. Viele Kunden nutzen die freien Tage zwischen Weihnachten und Neujahr zum Einkaufen, geben Geldgeschenke aus und lösen Gutscheine ein. Oftmals geben sie nicht nur das Geld aus, sondern legen noch etwas obendrauf. Laut einer HDE-Umfrage bezeichneten immerhin 14 Prozent der Händler die Zeit nach den Feiertagen als umsatzstärkste Phase im Weihnachtsgeschäft.

Der Einzelhandel erwartet in Deutschland im November und Dezember Einnahmen in Höhe von 126,2 Milliarden Euro. Dies würde einem nominalen Anstieg von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entsprechen. Allerdings würde der Umsatz nach Abzug der Preissteigerungen real auf einem ähnlichen Niveau bleiben. Eine endgültige Bilanz wird der Verband erst im Januar ziehen.

dpa