Ein Blick in die Zukunft der Elektromobilität: Lithium als "weißes Gold" sichert Australiens Rolle als wichtiger Rohstofflieferant.
Greenbushes-Mine: Die größte Lithiummine der Welt in Australien

Von oben betrachtet, offenbart die Greenbushes-Mine ihre ganze atemberaubende Dimension: Riesige Muldenkipper und Bagger bewegen sich wie winzige Spielzeuge am Rand eines gewaltigen Beckens aus terassenförmig in die Tiefe geschnittenem Gestein. An einem Aussichtspunkt bestaunen Besucher den immensen Krater, in dem helle Mineraladern in den Wänden funkeln – Lithium, wegen seiner hellen Farbe auch «weißes Gold» genannt. Nirgendwo auf der Welt wird mehr davon gefördert als hier, im Südwesten Australiens.
Greenbushes gilt mit einer jährlichen Produktion von mehr als 1,4 Millionen Tonnen Spodumen-Konzentrat als die größte Hartgestein-Lithiummine der Welt. Die Tagebauanlage liegt etwa 250 Kilometer südlich von Perth und spielt eine wichtige Rolle in der globalen Energiewende. Der Rohstoff, der hier gewonnen wird, ist entscheidend für Elektroautos und Energiespeicher. Die Mine erstreckt sich über mehr als 2.000 Hektar und trägt etwa 20 Prozent zur weltweiten Produktion bei.
In Deutschland sieht die Situation ganz anders aus, da das Land bisher stark von ausländischen Märkten abhängig ist – insbesondere von Australien und Südamerika. Dennoch strebt die Bundesrepublik danach, unabhängiger von Importen zu werden und erkundet bereits seit einigen Jahren eigene Vorkommen.
«Wie ein Erdbeben»
In der Nähe der Greenbushes-Mine rasen Lastwagen in Minutentakt vorbei. Regelmäßig erschallen Explosionen durch das nahegelegene Dorf. «Die Sprengungen werden zwar von den Betreibern angekündigt – aber jedes Mal wackelt mein ganzes Haus, fast wie bei einem Erdbeben», berichtet eine Anwohnerin.
Das Dorf Greenbushes wurde im Jahr 1888 gegründet und war ursprünglich eine Bergbaustadt, nachdem hier kurz zuvor Zinnvorkommen entdeckt wurden. Später wurde auch Tantal in der Mine abgebaut, bevor sich der Fokus Anfang der 1980er Jahre auf Lithium verlagerte. Heutzutage leben nur noch wenige Hundert Menschen in dem kleinen Ort. Nach der Arbeit treffen sich die Bergleute in zwei historischen Kneipen, gestandene Männer mit wettergegerbten Gesichtern, viele tragen immer noch ihre knallgelben Sicherheitswesten.
Was ist Hartgestein-Lithium?
Das Bergwerk wird von Talison Lithium betrieben, einem Joint Venture von drei Unternehmen aus China, Australien und den USA. «In Greenbushes wird Lithium im Tagebau gewonnen, mit konventionellem Bohren, Sprengen und Lkw-Schaufel-Betrieb», erklärte ein Sprecher des Ministeriums für Bergbau, Erdöl und Exploration in Westaustralien der Deutschen Presse-Agentur. Anschließend werde das Erz zerkleinert, gesiebt und gemahlen, um die Spodumen-Kristalle vom umgebenden Gestein zu lösen. Das Material durchläuft dann mehrere Aufbereitungsstufen, die das Spodumen zu einem hochgradigen Produkt konzentrieren, typischerweise mit rund sechs Prozent Lithiumoxid.
Dieses Produkt wird als chemisches Konzentrat SC6 bezeichnet und ist ein wichtiger Rohstoff für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien – etwa für E-Autos. Zur Veranschaulichung heißt es auf der Webseite des deutschen Energieunternehmens EnBW: «Rund zehn Kilo Lithium brauchen die Hersteller für die Batterien eines Elektroautos.»
Wofür wird Lithium gebraucht?
Solche Batterien werden nicht nur in Elektrofahrzeugen, sondern auch in tragbarer Elektronik wie Smartphones und Laptops, Elektrogeräten wie kabellosen Staubsaugern, Bohrern oder Taschenlampen sowie in der Solar- und Windenergie verwendet.
Und die Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien wächst ständig – auch in Deutschland. Vor allem aber in China, wo 95 Prozent des in Greenbushes gewonnenen Lithiums hinfließen. Die Volksrepublik hat einen enormen Bedarf an «weißem Gold», getrieben von Pekings massiver Produktion von E-Autos und Unterhaltungselektronik.
Steigende Nachfrage
Laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) wird sich der weltweite Lithiumverbrauch bis 2030 mehr als verdreifachen. Australien ist gut vorbereitet: Es entstehen zahlreiche Projekte im gesamten Land, von Western Australia bis ins Northern Territory.
Das Lithium in Greenbushes wird laut einem Bericht des Betreibers Talison aus dem Jahr 2024 irgendwann knapp werden. Das wertvolle Metall kann voraussichtlich noch etwa zwei Jahrzehnte lang in der Mine abgebaut werden. Es gibt sogar Pläne, das Bergwerk um rund 28 Prozent auf 2.800 Hektar zu erweitern.
«Lithiumdreieck» in Südamerika
Das Lithium aus Down Under unterscheidet sich deutlich von dem aus Südamerika. Während im sogenannten «Lithiumdreieck» in Bolivien, Chile und Argentinien riesige Salzwüsten erschlossen werden und salzhaltige Sole in flachen Becken verdunsten, setzt Australien auf klassischen Bergbau. «Solen sind zwar energieeffizient, jedoch wetterabhängig, während Hart-Gesteinsminen wie Greenbushes eine stabile, hochreine Rohstoffquelle bieten, die unabhängig vom Klima ist», betonte der Ministeriumssprecher.
Im Ort gibt es das Greenbushes Discovery Centre, ein Besucherzentrum und Museum, damit auch Laien verstehen, was in der Mine passiert. Interessenten können hier die geologischen Grundlagen, die Aufbereitung von Spodumen-Konzentrat und die globale Bedeutung des Rohstoffs kennenlernen.
Gesundheitsbelastung durch Staub
Die enorme Produktion hat derweil auch Schattenseiten. Staubentwicklung ist ein ständiges Problem für die Anwohner. Auch wer die Mine nur einen Tag lang besucht, spürt ein Kratzen im Hals. Eine Frau, die seit zwölf Jahren in Greenbushes wohnt, berichtet, dass sie fast jeden Tag ihre Pflanzen «staubsaugen» müsse, um die Ablagerungen zu entfernen. Der feine Minen-Staub setze sich einfach überall ab, erzählt sie.
Ältere Menschen und Bewohner mit gesundheitlichen Problemen waren besonders stark von der Belastung betroffen. Der Ministeriumssprecher wies jedoch auf die strengen Umweltauflagen hin, unter denen die Mine betrieben wird, einschließlich einer kontinuierlichen Überwachung der Staub- und Lärmbelastung.
Zurück am Aussichtspunkt am Ortsrand offenbart sich die andere Seite der Mine: Das Panorama ist geradezu surreal-schön. «Wow! Das sieht aus wie Bergbau auf dem Mond», raunt eine Touristin. Wer hier oben steht, kann die tektonische Wucht spüren, mit der sich die Welt gerade neu ordnet – hin zu einer Zukunft, in der Batterien die Motoren ersetzen und Rohstoffe wie Lithium zu mächtigen geopolitischen Hebeln werden. Australien hat sich dabei bereits eine Schlüsselrolle gesichert.








