Für den Erfolg der E-Mobilität ist auch die nötige Lade-Infrastruktur ausschlaggebend. Der Ausbau ist hier mittlerweile so weit vorangeschritten, dass Betreiber schon wieder auf die Bremse treten.
Manch Ladesäule verwaist – Ausbau gedrosselt
Wer sein Elektroauto aufladen möchte, wird in der Regel schnell eine freie Ladestation finden können. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) waren im zweiten Halbjahr 2024 durchschnittlich nur etwa 17 Prozent der öffentlich zugänglichen Ladepunkte gleichzeitig belegt. Das bedeutet, dass viele Ladestationen kaum ausgelastet sind.
Der Marktführer in Deutschland, der Karlsruher Energiekonzern EnBW, hat sein Ausbauziel schon gedrosselt. «Nach unserer Einschätzung gibt es Stand heute keinen Engpass bei der Ladeinfrastruktur», erklärte Vorstand Dirk Güsewell.
Nur jeder fünfte Ladepunkt ist laut BDEW überdurchschnittlich ausgelastet, vier von fünf also weniger als 17 Prozent. Einem Bericht der «Automobilwoche» zufolge soll rund ein Viertel der Ladepunkte in Deutschland überhaupt nicht genutzt worden sein. Das zeige eine Analyse des Marktdatenspezialisten Elvah von Echtzeitdaten der Ladevorgänge an öffentlich zugänglichen Ladesäulen.
21 Prozent mehr Ladepunkte binnen eines Jahres
Nach den neuesten Angaben der Bundesnetzagentur gab es Anfang Februar 161.686 Ladepunkte in Deutschland. Im Vergleich zum Vorjahr entsprach dies einem Anstieg um gut ein Fünftel (21 Prozent). Von diesen waren 36.278 Schnellladepunkte. Der Ausbau in diesem Bereich wurde noch stärker vorangetrieben: Innerhalb eines Jahres stieg die Anzahl um 39 Prozent.
Die Größe der Standorte plant der Betreiber EnBW einer Sprecherin zufolge anhand einer in etwa fünf Jahren erwarteten Auslastung. Nicht genutzte Ladepunkte seien also oft auch lediglich «noch nicht» genutzte Ladepunkte, die mit zunehmendem Fahrzeughochlauf stärker genutzt würden.
Bei der Planung spielen Faktoren wie die Entwicklung der E-Auto-Zahlen und die vorhandene Ladeinfrastruktur eine Rolle. Ebenso wichtig ist der Anteil derjenigen, die ihr Fahrzeug zu Hause aufladen.
Laut dem BDEW variiert die Auslastung regional zwischen 3 und 40 Prozent. Mit anderen Worten: In einigen Regionen sind im Durchschnitt zu einem bestimmten Zeitpunkt nur 3 Prozent der Ladepunkte belegt. 97 Prozent sind aus Sicht eines E-Auto-Fahrers frei, wie eine Sprecherin erklärte.
Der BDEW machte keine spezifischen Angaben zu den aktuellen Informationen über die Regionen. Im ersten Halbjahr 2024 war die Auslastung im Landkreis Böblingen besonders hoch, während sie in den Regionen Görlitz, Altmarkkreis Salzwedel und Coburg sehr niedrig war.
Ministerium: Wartezeiten in Stoßzeiten vermeiden
«Die Gründe für die Unterschiede bei der Auslastung sind vielfältig», erklärte BDEW-Chefin Kerstin Andreae in Berlin. Sowohl die Zahl der E-Pkw als auch die Häufung von Ladepunkten einer Region, die Anzahl privater Lademöglichkeiten, aber auch die Ladeleistung könnten die Auslastung beeinflussen.
Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums ordnete ein: «Bei der reinen Betrachtung der durchschnittlichen Belegdauer von Ladepunkten pro Tag bleiben wesentliche Aspekte des komplexen Ladeverhaltens unberücksichtigt.» Dazu zählten auch die angebotenen Ladetarife und die Aufenthaltsqualität am Ladestandort. «Vor allem variiert die Nutzung stark im Tagesverlauf, abhängig von Tageszeit, Regionstyp und saisonalen Einflüssen.»
Laut ihr seien vor allem die Zeiten mit der höchsten Auslastung aus Sicht der Nutzer wichtig. Um Wartezeiten an Ladestationen in Stoßzeiten wie den Ferien zu vermeiden, sei eine flächendeckende Infrastruktur entscheidend.
Signal zur Stärkung der Nachfrage von E-Autos gefordert
«Die kontinuierlich geringe zeitgleiche Auslastung zeigt sehr deutlich, dass in Deutschland der Ausbau des Ladeangebots derzeit stärker wächst als die Anzahl von E-Pkw», sagte Andreae. Die Energie- und Ladebranche investiere seit Jahren in die E-Mobilität hierzulande, der privatwirtschaftliche Wettbewerb beim Aufbau von Ladepunkten funktioniere sehr erfolgreich.
«Was wir in Deutschland jetzt brauchen, ist ein klares Signal zur Stärkung der Nachfrage von E-Autos», forderte Andreae. Wichtige Aspekte seien, dass die europäischen Flottengrenzwerte für den CO2-Ausstoß beibehalten werden und günstigere Fahrzeugmodelle. Auch EnBW-Manager Güsewell betonte: «Für einen zielgerichteten Hochlauf der Elektromobilität braucht es aus unserer Sicht keine pauschale Förderung des Infrastrukturausbaus, sondern nachhaltige Anreize für den Kauf von E-Fahrzeugen.»
Derzeit betreibt das Unternehmen bundesweit über 6.000 DC-Schnellladepunkte mit einer Leistung von bis zu 400 Kilowatt. Im Durchschnitt finden E-Autofahrer alle 50 Kilometer einen davon.
Konzernchef Georg Stamatelopoulos hatte Ende März erklärt, das Unternehmen habe das Ausbauziel für 2030 wegen des verlangsamten Hochlaufs der E-Mobilität von 30.000 auf 20.000 Ladepunkte reduziert. Allerdings gehe EnBW nur von einer zeitlichen Verschiebung aus. «Am langfristigen Trend erwarten wir keine gravierende Veränderung.»