Nach monatelangen Einschränkungen für die Fahrgäste rollen die Züge zwischen Frankfurt und Mannheim ab Sonntag wieder. Mit der sanierten Strecke will die Bahn auch pünktlicher werden. Ob das klappt?
Mega-Baustelle Riedbahn fertig – Züge wieder pünktlicher?
Für fünf Monate wurde die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim aufgrund von Bauarbeiten vollständig gesperrt. Im Regionalverkehr wurden Ersatzbusse eingesetzt, um die Menschen ans Ziel zu bringen, während der Fern- und Güterverkehr umgeleitet wurde. Die Arbeiten sind nun abgeschlossen, ab Sonntag fahren die Züge wieder. Bisher hat alles 1,3 Milliarden Euro gekostet.
Bahnchef Richard Lutz und Verkehrsminister Volker Wissing (parteilos) wurden bereits am Samstag zur feierlichen Inbetriebnahme der Strecke im hessischen Gernsheim erwartet.
Nach dem Beispiel der Riedbahn müssen in den nächsten Jahren viele weitere stark befahrene Strecken umfassend modernisiert werden – einschließlich monatelanger Vollsperrungen. Der Start des Pilotprojekts wird daher am Sonntag genau beobachtet. Die Bedeutung der Riedbahn wird auch durch die feierliche Inbetriebnahme an diesem Samstag deutlich: Bahnchef Richard Lutz und Verkehrsminister Volker Wissing werden anwesend sein.
Was fährt und was nicht zum Neustart auf der Riedbahn?
Laut der Deutschen Bahn ist der erste Zug, der in der Nacht zum Sonntag wieder planmäßig über die Strecke fährt, ein Güterzug. Obwohl der Fernverkehr ab Sonntag ohne Einschränkungen unterwegs sein soll, gibt es immer noch einige Fahrplanänderungen im Güter- und Regionalverkehr, insbesondere auf dem südlichen Streckenabschnitt.
Die Regionalbahnlinien RB 62 zwischen Worms und Biblis sowie RB 63 zwischen Worms und Bensheim werden erst ab dem 24. Dezember wieder in Betrieb genommen. Bis dahin wird weiterhin ein Ersatzverkehr mit Bussen angeboten. Die S-Bahn-Linien S8 zwischen Biblis und Mannheim sowie S9 zwischen Groß-Rohrheim und Mannheim sollen sogar erst ab dem 13. Januar den Betrieb aufnehmen, wurde weiterhin mitgeteilt.
Im Güterverkehr wiederum würden die Züge zunächst nur in der Nacht die Strecke nutzen. Die Anzahl der Güterzüge soll bis zum 23. Dezember schrittweise steigen. In Summe stehe der Fern- und Regionalverkehr für rund 95 Prozent der üblichen Fahrgäste ab dem 15. Dezember wieder zur Verfügung, teilte die Deutsche Bahn mit. «Ab dem 13. Januar 2025 fahren alle Züge wieder nach regulärem Fahrplan.»
Was wurde gemacht?
Die Strecke, die rund 70 Kilometer lang ist und nach dem hessischen Ried benannt ist, gehört zu den wichtigsten Fernverkehrsadern im deutschen Schienennetz. Laut Bahn fahren täglich etwa 360 Züge über diesen Abschnitt. Verspätungen hier haben oft Auswirkungen auf das bundesweite Streckennetz.
Die Riedbahn wurde von der Bahn in den vergangenen Monaten umfassend saniert. Insgesamt wurden 111 Kilometer Gleise, 152 Weichen, 619 Signale, 15 Kilometer Schallschutzwände, 130 Kilometer Oberleitungen, 383 Oberleitungsmasten und acht Bahnsteige erneuert. Zusätzlich wurden 20 Bahnhöfe entlang der Strecke saniert. Auch mehrere Brücken wurden saniert oder komplett erneuert.
Die Strecke wurde auch für das elektronische Zugleitsystem ETCS ausgerüstet, das in den kommenden Jahren schrittweise in Betrieb genommen werden soll.
Die Hauptstrecke wurde für fünf Monate vollständig gesperrt. Alle Bauarbeiten sind mittlerweile abgeschlossen, wurde berichtet.
Hat das Baukonzept funktioniert?
Dass die Bahn eine so wichtige Strecke für einen so langen Zeitraum vollständig sperrt, ist ein Novum. Normalerweise baut der bundeseigene Konzern «unter dem rollenden Rad», also bei laufendem Betrieb. Auf diese Weise hätte es aber noch viele Jahre gedauert, bis die Riedbahn vollständig saniert gewesen wäre.
Die sogenannte Generalsanierung wurde für Mai 2022 angekündigt. Sie ist erforderlich, um das stark verfallene Schienennetz an vielen Stellen zu erneuern und die schlechte Pünktlichkeitsstatistik der Bahn zu verbessern.
Es hat auf der Riedbahn zunächst gut geklappt. Der Ersatzverkehr für die Regionalbahnen mit 150 Bussen lief weitgehend reibungslos. Auch die Umleitungen für den Fern- und Güterverkehr funktionierten. Selbst die Bahn-Wettbewerber im Güterverkehr hatten mit Blick auf die Abläufe kaum Grund zur Beschwerde.
«Leider geht die Riedbahn nicht für alle Verkehre pünktlich in den Eisenbahnbetrieb», teilte ihr Verband Die Güterbahnen jüngst mit. «Selbst der hohe Druck, unter dem das Projekt stand, hat nicht dafür gesorgt, dass diese Eisenbahnbaustelle in Planzeit fertig wird.» Sollten die umfangreich erneuerten Anlagen zum 13. Januar aber reibungslos funktionieren, sei die Modernisierung dennoch geglückt.
Ein Ziel hat die Bahn zudem bereits herabgesetzt: Statt zehn Jahre soll die Strecke nun für mindestens fünf Jahre baufrei bleiben. Die Bahn verspricht: «Nach der Generalsanierung werden auf der Riedbahn für mindestens fünf Jahre keine größeren Bauarbeiten mehr erforderlich sein.»
Wird die Bahn jetzt pünktlicher?
Der Konzern ist zumindest davon überzeugt. Die Fernzüge der Bahn sind auch in diesem Jahr so unpünktlich wie lange nicht. Laut Bahn sind die meisten Verspätungen auf den schlechten Zustand des Schienennetzes und die damit verbundenen Bauarbeiten zurückzuführen.
Durch die Sanierung sollten Störungen aufgrund der Infrastruktur auf einer der meistbefahrenen Strecken in Deutschland «um bis zu 80 Prozent gesenkt werden», teilte die Bahn mit. Ob das die Fahrgäste von einem auf den anderen Tag spüren werden, ist indes fraglich. Schließlich ist die Riedbahn nur eine von insgesamt 41 vielbefahrenen Korridoren, die in den kommenden Jahren saniert werden müssen.
Wie geht es weiter?
Viele Beobachter sind der Meinung, dass die Feuerprobe bei der sogenannten Generalsanierung noch bevorsteht: Ab dem nächsten Jahr soll die Fernverkehrsstrecke zwischen Hamburg und Berlin modernisiert werden. Mit fast 280 Kilometern ist die Strecke um ein Vielfaches länger und komplexer als die Riedbahn.
Deshalb wird die Bauzeit und somit die Streckensperrung erheblich verlängert: Von August 2025 bis April 2026, also für etwa neun Monate, bleibt die Verbindung geschlossen. Der Fernverkehr wird unter anderem über Stendal und Uelzen umgeleitet. Die Reisezeit zwischen Hamburg und Berlin verlängert sich um mindestens 45 Minuten. Auch Güterzüge müssen eine ausgedehnte Umleitung nehmen. Im Regionalverkehr wird auf Ersatzverkehr mit Bussen gesetzt.
In den nächsten Jahren sind weitere Korridore geplant. Dazu gehören die Strecken Hagen-Wuppertal-Köln, die rechte Rheinstrecke zwischen Troisdorf, Koblenz und Wiesbaden, Obertraubling-Passau und Frankfurt-Heidelberg.