Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Mehr neue Wohnungen genehmigt – Trendwende oder Strohfeuer?

In den ersten drei Monaten haben die Bauämter in Deutschland mehr neue Wohnungen genehmigt. Ob das für eine Trendwende am angespannten Wohnungsmarkt reicht, ist aber keineswegs sicher.

Neubauwohnungen sind bislang ein knappes Gut.
Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Auf den Bauämtern in Deutschland war es in letzter Zeit etwas belebter: Im ersten Quartal dieses Jahres wurden nach einer langen Durststrecke erstmals wieder mehr neue Wohnungen genehmigt als im Vorjahreszeitraum. 55.400 neue Einheiten vom Einfamilienhaus bis zur Geschosswohnung bedeuten ein jahresbezogenes Wachstum um 3,4 Prozent, wie das Statistische Bundesamt berichtet.

Erste Ökonomen sehen eine Trendwende nach jahrelang sinkenden Genehmigungszahlen. So sagt der wissenschaftliche Direktor des gewerkschaftlichen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien: «Mit dem gemeldeten Plus bei den Baugenehmigungen im März dürfte die Talsohle beim Wohnungsbau durchschritten sein.» Er rechne zwar zunächst noch mit einer Bautätigkeit auf niedrigem Niveau, der Trend zeige aber nach oben. Gestiegene Kaufkraft und gesunkene Zinsen dürften den Wohnungsbau stützen.

Baukredite etwas günstiger

In den letzten Wochen sind Baukredite tatsächlich wieder etwas günstiger geworden, wie der Kreditvermittler Dr. Klein berichtet. Nach einem Höchststand von 3,4 Prozent im März sind die Sollzinsen für ein Modelldarlehen mit 10 Jahren Laufzeit aktuell auf 3,19 Prozent gesunken. Bauen wird also auf der Finanzierungsseite wieder etwas preiswerter. Das andere Problem sind die kontinuierlich gestiegenen Baukosten.

Laut dem Statistikamt sollen die meisten der 46.100 genehmigten Wohnungen aus dem ersten Quartal in neuen Gebäuden entstehen. Die Anzahl der genehmigten Einfamilienhäuser stieg besonders stark an: um 15,3 Prozent auf 10.600 Einheiten.

Auch mit dem etwas stärkeren Anstieg zum Quartalsende – im März legten die Genehmigungen um 5,8 Prozent zu – sieht der Zentralverband Deutsches Baugewerbe nur Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Statt 55.400 Genehmigungen brauche es ein Niveau von 90.000 Einheiten wie in den Startquartalen 2021 oder 2022, um den langfristigen Bedarf zu decken, sagt Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. «Gegenwärtig zehren wir weiter von den Auftragsbeständen.»

Tiefstand seit dem Jahr 2010

Im letzten Jahr ist die Genehmigungszahl in Deutschland um knapp 17 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 2010 gesunken. Die Behörden haben nur noch 215.900 neue Einheiten genehmigt. Es gibt jedoch auch noch einen Berg von rund 800.000 genehmigten und bislang nicht realisierten Wohnungen, den sogenannten Bauüberhang. Ein nicht unerheblicher Teil könnte unter den aktuellen Bedingungen nicht finanziert werden, vermutet die Branche und fordert eine genaue Überprüfung der Statistik, deren neueste Zahlen am Freitag kommender Woche veröffentlicht werden sollen.

Rückenwind für Bauministerin

Mehr neue Wohnungen sind auch das erklärte Ziel der neuen Bundesregierung. Die neue Bundesbauministerin Verena Hubertz hat mit den Genehmigungszahlen schon vor ihrem Amtsantritt etwas Rückenwind erhalten. Die SPD-Politikerin hat für die ersten 100 Tage ihrer Amtszeit angekündigt, einen «Wohnungsbau-Turbo» anzuwerfen. 

Unter dem Motto «Tempo, Technologie und Toleranz» will Hubertz Genehmigungsverfahren beschleunigen, moderne Bauweisen voranbringen und die Ausweisung von mehr Bauland ermöglichen. Tim-Oliver Müller vom Hauptverband der Bauindustrie vernimmt das gerne: Bislang hätten die Behörden beim Bauen zu genaue Vorgaben gemacht, was nicht zu größtmöglicher Produktivität geführt habe. Die Industrie sei bereit, kostengünstige Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

dpa