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Mehrheit sieht Immobilienbesitzer beim Mietrecht im Vorteil

Mehr als die Hälfte der Deutschen findet: Vermieter haben beim Mietrecht die besseren Karten. Die Bundesjustizministerin bereitet weitere Reformen vor. Der Eigentümer-Verband ist entsetzt.

Für Indexmieten, Kurzzeitmietverträge und die Vermietung möblierter Wohnungen plant die Bundesjustizministerin strengere Regeln. (Symbolbild)
Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa

Die Mehrheit der Deutschen sieht die Eigentümer von Immobilien in Mietrechtsfragen klar im Vorteil. Die Verlängerung der Mietpreisbremse durch die Koalition sowie weitere Reformen der schwarz-roten Bundesregierung erhalten daher relativ hohe Zustimmung von den Bürgerinnen und Bürgern, wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zeigt.

Mehr als jeder Zweite sieht Vermieter am längeren Hebel 

In Bezug auf rechtliche Vorgaben haben 17 Prozent der befragten Wahlberechtigten angegeben, dass das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter ausgewogen ist. 18 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass die Mieter im Vorteil sind, während 54 Prozent glauben, dass die Vermieter in einer rechtlich stärkeren Position sind. Elf Prozent der Befragten, die zwischen dem 12. und 15. Dezember an der Umfrage von YouGov teilgenommen haben, haben keine Meinung dazu abgegeben oder keine Angaben gemacht.

Der Deutsche Mieterbund (DMB) sieht die Mieter zwar auf dem Papier nicht im Nachteil. Er beobachtet aber eine große Diskrepanz zwischen der rechtlichen Situation und dem, was Wohnungssuchende und Mieter in der Praxis erleben. Der Verband teilt auf Anfrage mit: «Theoretisch hat der Mieter viele Schutzrechte, aber auf dem Wohnungsmarkt herrscht in vielen Städten erheblicher Nachfrageüberhang – das heißt: Wohnungen sind knapp und Vermieter können oft den Preis und Konditionen diktieren oder aussuchen, an wen sie vermieten.» 

Aus Sicht des Eigentümer-Verbands Haus & Grund sind Vermieter schon seit einigen Jahren rechtlich im Nachteil. «Die Balance ist nicht mehr gegeben», sagt Verbandspräsident Kai Warnecke. 

Mietpreisbremse existiert seit Juni 2015 

Die Mietpreisbremse für Neuvermietungen in begehrten Wohngebieten wurde 2015 eingeführt und in diesem Sommer erneut bis Ende 2029 verlängert. Das zeitlich begrenzte Instrument zum Schutz vor überhöhten Mieten gilt in Gebieten, die von der jeweiligen Landesregierung als angespannte Wohnungsmärkte definiert wurden. Bei der Neuvermietung einer Wohnung darf die Miete zu Beginn höchstens um zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Dies entspricht der Durchschnittsmiete für vergleichbare Wohnungen, wie sie beispielsweise in Mietspiegeln zu finden ist.

„Neu gebaute Wohnungen, die nach Oktober 2014 erstmals vermietet wurden, sowie Wohnungen, die nach einer umfassenden Modernisierung zum ersten Mal wieder vermietet werden, sind von der Bremse ausgenommen.“

Hubig bereitet mehrere Änderungen vor 

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hält die Verlängerung jedoch nicht für ausreichend und plant – unter Verweis auf den Koalitionsvertrag – weitere Reformen: strengere Regeln für Kurzzeitmietverträge, möbliertes Wohnen sowie für Indexmieten, bei denen die Höhe der Miete an die Entwicklung der Verbraucherpreise gekoppelt ist.

Dass die Mietpreisbremse verlängert wurde und die Bundesregierung nach eigener Aussage weitere Maßnahmen für bezahlbares Wohnen plant, halten laut Umfrage 43 Prozent der Deutschen für sinnvoll. Lediglich elf Prozent der Bundesbürger sind hier gegenteiliger Meinung. 35 Prozent der Befragten entschieden sich für die Antwortoption «teils/teils». Weitere elf Prozent machten hier keine Angaben oder antworteten mit «weiß nicht». 

Die Justizministerin hat auch neue Regeln zur sogenannten Schonfristzahlung angekündigt. Sie sollen verhindern, dass Mieter in die Obdachlosigkeit rutschen. «Wer mit der Miete im Rückstand ist, soll die ordentliche Kündigung abwenden können, indem er die Miete nachzahlt», erklärte Hubig bereits im Juni. Für Haus & Grund ist vor allem dieser Punkt inakzeptabel. Verbandschef Warnecke sagt, für Vermieter würde das bedeuten, dass sie den Gegenwert von sechs bis neun Monatsmieten ausgeben müssten, um eine Räumungsklage anzustrengen, die am Ende womöglich unwirksam wird – «und sie bleiben dann auf den Kosten sitzen». Sein Verband beobachte wegen zu vieler Einschränkungen und des stark gestiegenen bürokratischen Aufwands ohnehin seit Jahren einen Rückzug privater Vermieter. 

Laut Warnecke entscheiden sich Personen, die durch Schenkung oder Erbschaft Eigentümer eines Mehrfamilienhauses werden, aufgrund der komplizierten Vorgaben oder der hohen Erbschaftssteuer in Städten wie München häufig dafür, ihr Eigentum an eine Fondsgesellschaft oder einen Immobilienkonzern zu verkaufen. Dies führt dazu, dass die Mieter, die normalerweise bessere Betreuung durch einen privaten Vermieter erhalten, benachteiligt werden. Außerdem schrecken strengere Vorschriften potenzielle private Investoren ab, was zu einem Rückgang neuer Mietwohnungen führt.

Mieterbund: Mietpreisbremse überall und Bußgelder 

Der Mieterbund spricht sich dagegen dafür aus, die Mietpreisbremse künftig nicht nur in den ausgewiesenen Gebieten zu Anwendung zu bringen, sondern bundesweit und unbefristet. Eine weitere Forderung des DMB: Vermieter, die gegen die Regeln der Mietpreisbremse verstoßen, sollten nicht nur wie bislang die überhöhte Miete rückwirkend erstatten, sondern «empfindliche Bußgelder» fürchten müssen. Zudem brauche es «mehr staatliche Stellen, die Verstöße aufdecken und sanktionieren». 

Expertenkommission berät auch über Bußgelder 

Im Justizministerium hat Mitte September eine Expertenkommission zum Mietrecht ihre Arbeit begonnen. „Sanktionen bei Mietwucher und Verstößen gegen die Mietpreisbremse sind besonders im Fokus des Gremiums“, teilte das Justizministerium damals mit. Die insgesamt 20 Experten sollen unter anderem Ideen für mögliche neue Bußgeldregeln erarbeiten. Neben Stimmen der Mieter- und Vermieterseite gehören auch Richter und Wissenschaftler zur Kommission. Ob sich die Kommission am Ende auf einen gemeinsamen Vorschlag wird einigen können, ist noch offen.

dpa