Das Mehrwegsystem ist ein uraltes Beispiel für erfolgreiche Kreislaufwirtschaft. Doch das niedrige Glaspfand führt zu Verschmutzung. Wie wahrscheinlich ist eine Reform?
Mehrwegflaschen landen im Müll – Debatte über Pfandhöhe
In Deutschland werden immer mehr leere Bier- und Limonadenflaschen im Stadtbild gesehen. Der Stadtwerkeverband VKU und verschiedene städtische Entsorger beobachten, dass leere Mehrwegflaschen, die in der Regel 8 bis 15 Cent Pfand kosten, vermehrt als Müll in der Öffentlichkeit liegen bleiben. Dies wurde vom Berliner Verband, der etwa 1.600 kommunale Mitglieder aus verschiedenen Branchen vertritt, der Deutschen Presse-Agentur mitgeteilt.
Dass die Glas-Mehrwegflaschen häufiger stehen bleiben, melden auf Anfrage auch die kommunalen Entsorgungsunternehmen in Hamburg, Köln, Frankfurt und Düsseldorf. «Wir können bestätigen, dass insbesondere Mehrweg-Glasflaschen mit einem geringen Pfandwert von acht Cent zunehmend im öffentlichen Raum zurückgelassen werden», heißt es etwa von der Stadtreinigung Hamburg. Vor allem nach Straßenfesten und Picknick-Wochenenden zeige sich das.
Laut dem Baureferat gibt es in München insbesondere bei Veranstaltungen einen Anstieg an liegengebliebenen Flaschen. Die Stadtreinigung Berlin und die Abfallwirtschaft Stuttgart verzeichnen hingegen keine Zunahmen.
Flaschen landen in Müllverbrennungsanlagen
In Städten wie Hamburg werden die zurückgelassenen Flaschen verbrannt, wie die Entsorger mitteilten. Die Flaschen sind oft beschädigt oder verschmutzt. Es ist auch zeitlich kaum machbar, die Flaschen einzusammeln und zurückzubringen. Laut dem VKU bleibt das Problem bestehen, da das Mehrwegpfand seit Jahrzehnten nicht angepasst wurde.
Entsorger: Rückgabe erscheint nicht lohnenswert
Das Pfand für normale Glas-Bierflaschen beträgt acht Cent. Dieser Betrag ergab sich bei der Umrechnung von 15 alten Pfennig in Euro. Im Gegensatz zum Einwegpfand (25 Cent) ist das Mehrwegpfand nicht gesetzlich vorgeschrieben. Stattdessen haben sich die Getränkehersteller auf das System und die Höhe des Pfandes geeinigt. Darüber wird diskutiert.
Tobias Bielenstein, der Sprecher des Arbeitskreises Mehrweg, sieht keinen Grund dafür in Deutschland: „Die Pfandhöhe ist seit Jahrzehnten stabil, da keine Veränderungen erforderlich waren.“ Die Rückgabequote beträgt etwa 98 bis 99 Prozent. Die wenigen Flaschen, die hauptsächlich in Städten zurückbleiben, stellen kein Problem für das Mehrwegsystem dar. Der Arbeitskreis besteht aus Umweltorganisationen und der Getränkewirtschaft.
Der VKU weist dagegen darauf hin, dass der Wert des Pfands im Laufe der Zeit aufgrund der Inflation gesunken ist. «Für viele Verbraucher erscheint die Rückgabe von Mehrweg-Glasflaschen daher subjektiv nicht mehr lohnenswert», teilte der Verband mit. Auch Pfandsammler mieden die Flaschen wegen des geringeren Werts und des höheren Gewichts. Diese Beobachtung bestätigen Entsorger.
Forderung nach Reform – auch für Kästen
Der VKU fordert, dass die Wirtschaft eine Erhöhung des Flaschen- und Kistenpfandes vereinbaren soll. Sollte dies nicht gelingen, sollte die Politik eine Mindesthöhe festlegen. Ein Unternehmen, das sich seit Jahren für eine Erhöhung des Pfandes einsetzt, ist Fritz-Kola aus Hamburg. Der Mitbegründer von Fritz-Kola, Mirco Wolf Wiegert, schlägt vor, dass pro Flasche 20 bis 25 Cent Pfand erhoben werden sollten.
Auch der Verband Private Brauereien Deutschland, der kleine und mittelständische Unternehmen vertritt, strebt eine Erhöhung des Pfandes an. „Die Brauereien verlieren Flaschen und Kisten“, sagte Bundesgeschäftsführer Roland Demleitner. Es sei für Händler kostengünstiger, weniger Kisten einzuschmelzen, anstatt sie kreuz und quer durch das Land zu den Brauereien zurückzubringen. Die Umstellung könne jedoch nur erfolgen, wenn sich die Branche einig sei.
Brauer-Bund: 20 oder 25 Cent ist wenig durchdacht
Es scheint jedoch derzeit nicht so zu sein: Wichtige Verbände der Getränkewirtschaft sind gegen eine Reform. Laut Hauptgeschäftsführer Holger Eichele sind die meisten Mitglieder des Deutschen Brauer-Bunds beispielsweise gegen eine Erhöhung des Pfands. Sein Verband vertritt auch große Brauereien wie die Bitburger-Gruppe.
Eichele kritisierte: «Es ist wenig durchdacht, Pfandsätze für Mehrwegflaschen von künftig 20 oder 25 Cent zu fordern.» Eine neue Flasche koste etwa 20 bis 21 Cent. Wäre eine neue Flasche günstiger als das Pfand, wäre es für Brauereien günstiger, neue Flaschen zu kaufen, statt die alten zu sammeln und zu reinigen. Eine Umstellung sei zudem kompliziert, müsse an einem Stichtag erfolgen und führe zu hohen Kosten, die kleine Brauereien überschulden könnten.
Der Verband Deutscher Mineralbrunnen mit etwa 150 Mitgliedsunternehmen lehnt ebenfalls eine Umstellung ab. Ebenso ist der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels, der etwa 450 Firmen vertritt, gegen eine Erhöhung.
Höheres Flaschenpfand in Österreich
In Deutschland mag es kompliziert erscheinen, aber in Österreich ist es bereits passiert: Ab dem 2. Februar ist das Pfand für eine 0,5-Liter-Glasflasche von 9 auf 20 Cent gestiegen. Der Verband der Brauereien Österreichs hat diesen Schritt damit gerechtfertigt, dass rund sechs Prozent der im Umlauf befindlichen Bierflaschen im Altglas, Restmüll oder in der Landschaft landen.
Zu den Auswirkungen in Österreich sagte ein Verbandssprecher: «Nach unserer Beobachtung gehen Konsumentinnen und Konsumenten sorgsamer mit Getränkeverpackungsmaterial um.» Zahlen liegen aber nicht vor.
Und wie wird die Debatte in Deutschland weitergehen? Bielenstein, der Sprecher vom Arbeitskreis Mehrweg, appelliert, diese europäisch und nicht national zu führen. Er spricht sich für grenzüberschreitende Regeln aus. Die neue EU-Verpackungsverordnung, die Mehrwegverpackungen stärkt, sei Anlass, darüber zu reden. «Das ist eine Diskussion, die beginnt jetzt.»