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Menschen mit Behinderung haben es schwer am Arbeitsmarkt

Der Konjunkturmotor stottert, viele Firmen sparen deswegen beim Personal. Diese negative Entwicklung bekommen auch Menschen mit Behinderung zu spüren, wie eine Untersuchung zur Inklusion zeigt.

An der Rezeption eines mittelständischen Unternehmens befinden sich ein Rollstuhl und zwei Gehhilfen, die von einer gehbehinderten Mitarbeiterin genutzt werden.
Foto: Daniel Vogl/dpa

Laut einer Studie hat sich die Situation von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt verschlechtert. Im Oktober waren in Deutschland 177.280 Menschen aus dieser Gruppe arbeitslos, was sieben Prozent mehr sind als im Vorjahr, so eine Untersuchung des Handelsblatt Research Institutes und des Vereins Aktion Mensch. Die Wirtschaftskrise bedeutet für Menschen mit Behinderung einen klaren Rückschritt in Bezug auf Chancengleichheit, erklärte die Sprecherin von Aktion Mensch, Christina Marx.

Im letzten Jahr hatte sich die Situation bereits verschärft: 2023 lag die Arbeitslosenquote von Menschen mit Schwerbehinderung durchschnittlich bei 11 Prozent, was 0,2 Prozentpunkte höher war als 2022. Etwa 46.000 Arbeitgeber hatten keine schwerbehinderten Beschäftigten, obwohl sie gesetzlich verpflichtet gewesen wären – das waren 1000 mehr als im Vorjahr.

Arbeitgeber mit 20 oder mehr Mitarbeitenden sind gesetzlich verpflichtet, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Laut Angaben betrifft dies etwa 179.000 Unternehmen in Deutschland. Wenn ein Arbeitgeber die vorgeschriebene Quote von fünf Prozent nicht erfüllt, muss er für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz eine Ausgleichsabgabe zahlen.

Viele Firmen lassen Plätze unbesetzt

Laut Angaben lag der Anteil der Unternehmen, die alle Pflichtplätze besetzen, im Jahr 2023 nur bei 38,5 Prozent und somit 0,5 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr. Dies wurde besorgt von Aktion Mensch als Tiefstwert bezeichnet. Die jährlich erscheinende Studie namens Inklusionsbarometer existiert seit 2013 und basiert hauptsächlich auf Daten der Bundesagentur für Arbeit. Die meisten Behinderungen entstehen im Laufe des Lebens, nur drei Prozent sind angeboren.

Die Privatwirtschaft stellt relativ wenige Menschen mit Behinderungen ein. Aktion-Mensch-Sprecherin Marx registriert das mit Kopfschütteln. «Eine schlechte Konjunktur greift als Erklärung nicht weit genug – schließlich klagt die Wirtschaft zunehmend über den Fachkräfte- wie auch den Arbeitskräftemangel allgemein.» Unternehmen besetzen die Arbeitsplätze aber nicht mit den vielen gut qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Behinderung, moniert Marx. 

Deutlich mehr Kündigungen

Auch kritisch ist, dass die Unternehmen im Vergleich zu früher ihren schwerbehinderten Mitarbeitern häufiger gekündigt haben. Im Jahr 2022 gingen beim Integrationsamt etwa 17.000 Kündigungen ein, während es im Jahr 2023 bereits rund 21.000 waren. Wenn ein Unternehmen einem Menschen mit Behinderung kündigt, muss es dies beim Amt beantragen. Die Zustimmung des Amtes ist erforderlich, damit die Kündigung wirksam wird. Zuvor wird geprüft, ob eine Weiterbeschäftigung möglich ist, beispielsweise mit staatlichen Zuschüssen.

Laut Angaben gibt es in Deutschland 3,1 Millionen Menschen mit einer schweren Behinderung im Alter zwischen 15 und 65 Jahren – also in einem Alter, in dem sie arbeiten könnten. Etwa 1,1 Millionen dieser Menschen arbeiten in Unternehmen mit mindestens 20 Angestellten.

Es wird geschätzt, dass etwa 200.000 Menschen mit Behinderung in kleinen Unternehmen arbeiten. Abzüglich der jungen Menschen, die noch zur Schule gehen, und der älteren Menschen, die bereits in Frührente sind, gibt es laut Aktion Mensch ungefähr 1,6 Millionen Menschen mit schweren Behinderungen, die nicht in den Arbeitsmarkt integriert sind.

dpa